Krebsforschung

Die Überlebenschancen und die Lebensqualität krebskranker Menschen haben sich in den vergangenen vierzig Jahren deutlich verbessert. Dennoch ist Krebs weiterhin die zweithäufigste Todesursache. Forschung trägt entscheidend dazu bei, das zu ändern.

Mammografie-Untersuchung in ärztlicher Praxis

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Wenn der Krebs rechtzeitig erkannt wird, sind die Heilungschancen gut.

Gorodenkoff/Adobe Stock

Noch vor rund vierzig Jahren starben mehr als zwei Drittel aller Patientinnen und Patienten an ihrer Krebserkrankung. Heute haben viele Betroffene eine gute Aussicht auf eine Heilung oder zumindest einen verlangsamten Krankheitsverlauf. Dennoch: Vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung ist zwischen 2015 und 2030 in Deutschland mit einem Anstieg der Krebsneuerkrankungen um rund 23 Prozent zu rechnen. Wesentliche Ursachen sind eine wachsende und alternde Gesellschaft, ungesunde Lebensweisen und Umweltfaktoren. Mehr als vier Millionen Menschen leben hierzulande mit oder nach einer Krebsdiagnose. Sie sind dem Risiko ausgesetzt, einen Rückfall oder behandlungsbedingte Folgeschäden zu erleiden.

Hoffnung durch Forschung

Bei den meisten Krebsarten gibt es erhebliche Behandlungsfortschritte. So sind seit dem Jahr 2010 die Sterberaten an Krebs bei den Frauen um sieben Prozent, bei den Männern um zwölf Prozent zurückgegangen. Und immer mehr Menschen leben immer länger nach einer Krebsdiagnose. Deutliche Rückgänge der Sterberaten waren beispielsweise in den vergangenen zehn Jahren beim Magenkrebs (um 29 Prozent bei Frauen beziehungsweise 26 Prozent bei Männern) sowie beim Darmkrebs (um 21 Prozent beziehungsweise 18 Prozent) zu verzeichnen. Dazu beigetragen haben eine verbesserte Aufklärung, bessere Diagnosemöglichkeiten, die eine frühzeitigere Behandlung ermöglichen, sowie neue, innovative Operations- und Bestrahlungstechniken und Medikamente mit neuen Wirkprinzipien. Eine wesentliche Grundlage für diese Entwicklung ist die konsequente Verwertung von Forschungsergebnissen, insbesondere von Erkenntnissen der Grundlagenforschung zu den molekularen Hintergründen von Krebserkrankungen.

Bewährte Therapien und vielversprechende neue Perspektiven

Operation, Chemotherapie und Bestrahlung sind noch immer die drei wichtigsten Mittel im Kampf gegen Tumoren. Doch die Krebsforschung sucht nach Alternativen und hat in den vergangenen Jahren äußerst vielversprechende Ansätze hervorgebracht. Ein Wandel zeichnet sich ab: Statt die Erkrankung eher unspezifisch zu behandeln, sind Mediziner heute bestrebt, Tumoren gezielt zu attackieren. Die Immuntherapie ist ein Forschungsbereich, der in den vergangenen Jahren besonders für Aufsehen gesorgt hat. Die Fähigkeiten des körpereigenen Abwehrsystems auch gegen Krebszellen einzusetzen, ist mittlerweile bei einigen Krebserkrankungen gelungen.

Nationale Dekade gegen Krebs

Nationale Dekade gegen Krebs

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) startete im Jahr 2019 gemeinsam mit weiteren Partnern wie beispielsweise dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe die „Nationale Dekade gegen Krebs“ (NDK). Ziel ist es, die Krebsforschung voranzubringen, um Patientinnen und Patienten bessere Chancen auf Heilung und Genesung zu eröffnen. Dafür arbeiten in der auf zehn Jahre ausgerichteten Initiative Vertreterinnen und Vertreter aus Krebsforschung, Forschungsförderung, Gesundheitswesen, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eng zusammen. Sie wollen durch eine starke Krebsforschung Prävention und Früherkennung verbessern, Forschungsergebnisse schneller zu den Betroffenen bringen, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit Krebs verbessern sowie die aktive Patientenbeteiligung an Forschung fördern.

Nationale Dekade gegen Krebs (NDK)

Damit die Einbindung von Betroffenen gelingt, hat das BMBF im Rahmen der NDK die „Allianz für Patientenbeteiligung“ in der Krebsforschung ausgerufen. Als Teil der Allianz setzen sich alle aktuellen und zukünftigen Unterzeichnenden dafür ein, dass Patientenbeteiligung in der Krebsforschung in Deutschland langfristig zu einem neuen Standard wird. Initiiert von der NDK wurden im September 2021 auch die „Prinzipien für eine erfolgreiche Patientenbeteiligung in der Krebsforschung“ veröffentlicht, die eine wichtige Hilfestellung für die Praxis bieten.

Allianz für Patientenbeteiligung in der Krebsforschung

Impulsgeber ist der Strategiekreis der NDK. Er definiert die wichtigsten Handlungsfelder der Dekade und die daraus abzuleitenden Maßnahmen. Um die drängenden Forschungsaufgaben zu definieren und möglichst schnell Lösungsstrategien auf den Weg zu bringen, hat der Strategiekreis drei Arbeitsgruppen eingesetzt. Ihre Themen sind: „Große ungelöste Fragen der Krebsforschung“, „Prävention“ und „Wissen generieren durch Vernetzung von Forschung und Versorgung“.

Maßnahmen im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs

Forscherin im Labor hält Reagenzglas mit Blut

Früherkennung verbessern, Forschungsergebnisse in die Anwendung bringen, die Lebensqualität von Betroffenen verbessern und sie aktiv einbinden – das sind die Ziele der bis zum Jahr 2029 laufenden „Nationalen Dekade gegen Krebs“. Kontinuierlich werden dazu neue Fördermaßnahmen erarbeitet und umgesetzt.

NGFN/BMBF

Verschiedene Vorhaben wurden bereits im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs (NDK) initiiert. Ein Schwerpunkt der BMBF-Förderung ist der Ausbau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) von derzeit zwei auf bis zu sechs Standorte. An jedem Standort werden Forschende sowie Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach zusammenarbeiten. Das schafft ideale Voraussetzungen, um Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Innovationen der individuellen Krebsmedizin zu ermöglichen.

Zeitgleich mit dem Start der Dekade hat das BMBF eine erste Förderbekanntmachung veröffentlicht. „Praxisverändernde klinische Studien“ zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krebs sollen helfen, die gängige Versorgungspraxis zu überprüfen und bestehende Therapien zu verbessern, ihre Nebenwirkungen zu verringern und unnötige Behandlungen zu vermeiden. Sie vergleichen bestehende Vorgehensweisen mit anderen und führen im Idealfall zu optimierten Leitlinien und effizienteren Vorgaben für das Gesundheitswesen.

Das BMBF greift als einer der Forschungsförderer Themen aus den drei Arbeitsgruppen der NDK auf. Beispielsweise werden im Rahmen der Fördermaßnahme „Entwicklung und Erprobung von neuen Ansätzen der Datenanalyse und des Datenteilens in der Krebsforschung“ Projekte gefördert, die dazu beitragen, aus existenten Daten für die Krebsforschung relevante Fragen besser zu beantworten. Auch die Kultur des Datenteilens soll damit aktiv gefördert werden.

Ein weiteres Beispiel ist die Fördermaßnahme „Tumorheterogenität, klonale Tumor-Evolution und Therapieresistenz“. Hier werden Forschungsprojekte gefördert, die zur Aufklärung von Krankheitsvorgängen beitragen und darauf aufbauend Therapieresistenzen mit neuen Behandlungsstrategien überwinden wollen.

Darmkrebserkrankungen treten in den vergangenen Jahren immer häufiger bei jüngeren Menschen auf. Um diesem Anstieg zu begegnen, hat die Arbeitsgruppe Prävention der NDK die Erforschung von Ursachen und Präventionsmöglichkeiten als dringlich herausgearbeitet. Im Rahmen der BMBF-Richtlinie „Förderung von Forschungsverbünden zur Prävention von Darmkrebs in jüngeren und künftigen Generationen“ sollen die Ursachen für die Zunahme von Darmkrebserkrankungen bei jüngeren Menschen in den Blick genommen und auf dieser Grundlage Strategien für die Gesunderhaltung und Primärprävention entwickelt werden.

BMBF-geförderte Projekte im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs

Institutionen stärken, innovative Projekte fördern – langjähriges Engagement des BMBF

Das BMBF unterstützt die deutsche Krebsforschung schon seit vielen Jahren durch verschiedene weitere substanzielle Maßnahmen. Hier stehen einerseits Projekte der Klinischen Forschung im Fokus der Förderung, aber auch Forschungsarbeiten im Bereich der Systemmedizin, die ebenfalls dazu beitragen können, zukünftig personalisierte Behandlungsansätze für Patientinnen und Patienten zu ermöglichen.

In ganz Europa haben Krebserkrankungen eine große gesundheitspolitische Bedeutung. Um die europäische Forschung zu stärken und Personal- und Materialressourcen sinnvoll zu bündeln, wurde im Jahr 2011 das „ERA-NET on Translational Cancer Research“ (kurz TRANSCAN) gegründet, das Forschungsaktivitäten der beteiligten europäischen Länder im Bereich der translationalen Krebsforschung koordiniert. Mittlerweile haben sich 25 Partnerorganisationen und Stiftungen aus 19 europäischen und assoziierten Staaten zusammengeschlossen, um gemeinsam multinationale kooperative Forschungsprojekte im Bereich der translationalen Krebsforschung zu fördern.

Neben der zeitlich begrenzten Projektförderung setzt das BMBF außerdem auf die langfristig ausgerichtete institutionelle Förderung. Hiermit werden verlässliche Strukturen unterstützt, um Barrieren zwischen Forschung und Versorgung zu überwinden. Eckpfeiler der institutionellen Förderung des BMBF im Bereich der Krebsforschung sind das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK).

Was ist Krebs und wie entsteht er?

Krebs kann entstehen, wenn sich Zellen des eigenen Körpers verändern und nicht mehr ihre eigentlichen Aufgaben übernehmen. Grund sind meist Schäden am Erbgut dieser Zellen oder Fehler beim Ablesen der Erbinformation. Genau genommen handelt es sich bei Krebs um eine Vielzahl von Erkrankungen, die eine unkontrollierte Zellvermehrung und die invasive Ausbreitung im Körper gemeinsam haben. Das kann dazu führen, dass Gewebe und Organe nicht mehr richtig funktionieren. Die meisten Krebsformen wachsen zunächst als Geschwulst an einer bestimmten Stelle im Körper. Mediziner bezeichnen die Zunahme an Gewebe als Tumor oder Neoplasie. Tumore können Absiedlungen in anderen Körperregionen – sogenannte Metastasen – bilden. Es gibt auch Krebsformen, die keine Geschwulst bilden. Sie entstehen aus Blutzellen oder ihren Vorläufern. Diese Krebszellen verdrängen gesunde Blutzellen und stören deren normale Funktion.

Prävention hilft, um vor Krebserkrankungen zu schützen

Die Präventionsforschung generiert Wissen, wie sich Krebs bereits vor seiner oder sehr früh in seiner Entstehung verhindern lässt. Zu einer erfolgreichen Krebsprävention trägt bei, dass immer mehr grundlegende Risikofaktoren bekannt sind. Zum Beispiel leiden heute weniger Männer an Lungenkrebs, weil die Raucherzahlen bei Männern schon seit langem zurückgehen. Das Präventionspotenzial ist aber noch viel höher. Nach aktuellem Stand der Präventionsforschung sind rund 40 Prozent aller jährlich in Deutschland diagnostizierten Krebsneuerkrankungen durch Verhaltensänderungen (Verhaltensprävention) vermeidbar. Zur Prävention gehören aber auch Früherkennungsmaßnahmen (Sekundärprävention). Viele Krebserkrankungen lassen sich in frühem Stadium besser behandeln, einige sogar durch das Entfernen von Vorstufen verhindern. Es gilt: Je früher die Krankheit erkannt wird, desto größer ist die Chance, sie dauerhaft zu besiegen.

Ergebnisse der Gesundheitsforschung

Porträt Dr. Professor Rita Schmutzler

5 Fragen an Professorin Dr. Rita Schmutzler

Professorin Dr. Rita Schmutzler

Multiplexe Färbungen in T-Zellen

Hautkrebs: Immuntherapie gegen Merkelzellkarzinom

Das Merkelzellkarzinom ist eine sehr aggressive Form des Hautkrebses.

Ein Arzt sitzt vor Bildschirmen, auf denen Aufnahmen eines Gehirns zu sehen sind.

Gefährliche Gehirntumore – Computermodell ermittelt individuelles Rückfallrisiko

Glioblastome treten in allen Hirnregionen auf. Das macht Operationen oftmals schwierig.

Methylierungs-­Array und Gewebeschnitte

Nasenhöhlenkrebs: KI ermöglicht Durchbruch in der Diagnostik

Methylierungs-Array (vorn), das im Rahmen der aktuellen Studie genutzt wurde. Dahinter die bislang standardmäßig verwendete Methode: Gewebeschnitte.