Cholesterinsenker zeigen Wirkung auch im Gehirn

Bonner Forscher gehen neue Wege bei Diagnose und Therapie der Alzheimer-Krankheit. Der Cholesterinstoffwechsel im Gehirn beeinflusst das Risiko für Alzheimer. Darauf machen Wissenschaftler der Universität Bonn aufmerksam. Sie wollen diesen Zusammenhang nutzen: für eine zuverlässigere Diagnose der Hirnerkrankung und für eine Behandlung mithilfe cholesterinsenkender Arzneien.

Cholesterinsenkende Medikamente – so genannte Statine – reduzieren das Risiko für Alzheimer. Diese Entdeckung sorgte vor einigen Jahren für großes Aufsehen. Wissenschaftler der Abteilung für Klinische Pharmakologie der Universität Bonn um Privatdozent Dr. Dr. Dieter Lütjohann klären jetzt Schritt für Schritt, warum Statine den Verlust von Hirnsubstanz bei Alzheimer hemmen. Eine ihrer neuesten Erkenntnisse: Die Konzentrationen bestimmter Vorstufen des Cholesterins sowie seines Abbauprodukts 24S-Hydroxycholesterin im Liquor* sinkt, wenn Patienten mit Statinen behandelt werden. "Wir vermuten, dass unter der Therapie mit Statinen im Gehirn weniger Cholesterin gebildet und dadurch auch weniger Cholesterin abgebaut wird", erläutert Lütjohann. Diese Wirkung der Medikamente war bislang unbekannt – zurzeit werden Statine in erster Linie eingesetzt, um die Cholesterinbildung in der Leber zu hemmen und so der Arteriosklerose vorzubeugen. Auf welche Weise die Arzneien auch im zentralen Nervensystem wirken können, sollen jetzt weitere Studien klären. Die Bonner Forschungsarbeiten erhalten finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Eine andere Beobachtung der Wissenschaftler zeigt, dass der Cholesterinstoffwechsel im Gehirn tatsächlich etwas mit Alzheimer zu tun haben muss. Denn Statine können auch die Liquor-Konzentration von ß-Amyloid reduzieren. Dieses Protein hat für die Entstehung von Alzheimer entscheidende Bedeutung. Bei betroffenen Patienten finden sich massenhaft krankhafte Ablagerungen von ß-Amyloid im Gehirn. Lütjohann: "Wir haben beobachtet, dass die Abnahme des ß-Amyloid-Gehaltes und der Konzentration des 24S-Hydroxycholesterins, eines hirnspezifischen Abbauprodukts des Cholesterins, im Liquor sehr gut miteinander korrelieren. Es spricht vieles dafür, dass der Cholesterinstoffwechsel und die Bildung von ß-Amyloid eng zusammenhängen."


Diagnose-Möglichkeiten verbessern
Die Möglichkeit der Alzheimer-Therapie mit Statinen ist aber nur ein Aspekt des Forschungsprojektes. Auch für die Diagnose der Hirnerkrankung bieten sich neue Möglichkeiten. Dabei spielt 24S-Hydroxycholesterin eine Schlüsselrolle. Die Substanz wird beim Menschen ausschließlich im zentralen Nervensystem gebildet. Nur in Form von 24S-Hydroxycholesterin kann Cholesterin die Barriere zwischen Blut und Hirngewebe überwinden. Die Substanz ist deshalb ein hervorragender Indikator für den Cholesterinstoffwechsel im Gehirn.

Lütjohann: "Bei Alzheimer-Patienten ist der Gehalt von 24S-Hydroxycholesterin im Liquor dauerhaft und im Blut zumindest im Anfangsstadium der Krankheit deutlich erhöht. Das kann uns helfen, ein weiteres Werkzeug hinzuzufügen, um Alzheimer zu diagnostizieren und den Verlauf der Krankheit zu beurteilen."

* Als Liquor wird die Flüssigkeit bezeichnet, die Gehirn und Rückenmark umfließt.

Ansprechpartner:
Privatdozent Dr. Dr. Dieter Lütjohann
Abteilung für Klinische Pharmakologie
der Universität Bonn
Sigmund-Freud-Straße 25
53105 Bonn
Tel.: 02 28 / 2 87-40 27
Fax: 02 28 / 2 87-60 94
E-Mail: dieter.luetjohann@ukb.uni-bonn.de