Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizit Syndrom (ADS) haben oftmals ein normvariantes peripheres Hören (normale Schallaufnahme), obwohl die Wahrnehmung von Geräuschen so stark eingeschränkt ist, dass sie ein etwa dreifach erhöhtes Risiko besitzen, krankenhauspflichtig im Straßenverkehr zu verunfallen. Störungen in der Hörwahrnehmung und -verarbeitung bedeuten ein schwerwiegendes Hindernis für die Integration in unsere Gesellschaft und können zur sozialen Ausgrenzung führen, gefolgt von hohen sozioökonomischen Kosten.
Beim HNO-Arzt wird eine Gehörprüfung zur Indikationserstellung durchgeführt. Wird eine Minderung der Hörfähigkeit festgestellt, kann der Patient mit einer Hörhilfe versorgt werden. Während Erwachsene hilfreiche Rückmeldungen bei der Anpassung dieser Hörgeräte geben können, ist dies bei Kleinkindern nur mit Hilfe objektiver Diagnostikmethoden möglich. Das menschliche Gehör nutzt eine Bandbreite von bis zu 18 kHz. Hörgeräte können Geräusche in einer Bandbreite von bis zu 10 kHz verstärken, so dass sie trotz Schwerhörigkeit wahrgenommen werden können.
Derzeitige objektive Diagnostikmethoden arbeiten mit einer Bandbreite von bis zu 4 kHz, das heißt, bei Kleinkindern ist eine Hörgeräteanpassung nur in dieser Bandbreite möglich. Zwischen 4 und 10 kHz ist die Einstellung nur unter Beobachtung von kleinsten Verhaltens- und Bewegungsreaktionen vorzunehmen.
Werden neben der Hörschwelle auch Fragestellungen zur objektiv festgestellten Wellenmorphologie der Hörnerv-Antwort gestellt, so ist es aktuell nicht möglich dies zu quantifizieren, obwohl Hinweise auf veränderte Muster bei Tinnitus und ADS vorliegen.
Zur Schließung dieser Diagnoselücken soll ein Gerät zur computergestützten Erfassung von Hörstörungen entwickelt werden. Neben der Erweiterung der Bandbreite des Untersuchungsspektrums liegt der Hauptfokus in der automatisiert auszuwertenden Hörschwelle und Wellenmorphologie, die bis dato nur visuell über einen erfahrenen Facharzt bzw. Audiologen durchgeführt werden kann.
Im Vorhaben werden Erkenntnisse aus anderen Disziplinen genutzt, um ein Diagnosegerät zu entwickeln, welches auf der Basis von Künstlicher Intelligenz Lücken in der Diagnostik schließen wird. Dadurch sollen die Patienten besser diagnostiziert und anschließend therapiert und das medizinische Personal entlastet werden. Adressaten sind neben Fachkliniken, niedergelassene HNO-Ärzte, niedergelassene Neurologen, Kinderonkologische Zentren und auch Hörgeräteakustiker.