25.01.2022

| Aktuelle Meldung

Epstein-Barr-Virus: DZIF und Helmholtz Munich entwickeln einen Impfstoff

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) spielt bei verschiedenen Erkrankungen eine Rolle, laut einer aktuellen Studie aus den USA auch bei der Multiplen Sklerose. DZIF-Forschende in München entwickeln einen Impfstoff, der 2023 in die klinische Prüfung gehen könnte.

Mikroskopische Aufnahme von Zellkulturen

Mit Hilfe von fluoreszierenden Antikörpern zeigt diese mikroskopische Aufnahme die kumulative Wirkung des Epstein-Barr-Virus auf Zellen unbekannter Herkunft.

CDC/Dr. P. Feorino

Das Epstein-Barr-Virus ist weit verbreitet: Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung weltweit sind lebenslang damit infiziert. Die Infektion bleibt in den meisten Fällen ohne Folgen, doch kann das Virus auch schwere Krankheiten auslösen. So weiß man seit längerem, dass es die Ursache für weltweit etwa 200.000 Krebserkrankungen pro Jahr ist. Für Patientinnen und Patienten mit einer Immunschwäche stellt EBV ein lebensgefährliches Risiko dar, insbesondere nach einer Organtransplantation. Betroffen sind auch Jugendliche und junge Erwachsene, die aufgrund einer EBV-Infektion am Pfeiffer´schen Drüsenfieber (Infektiöse Mononukleose) erkranken. Sie können in der Folge an einem chronischen Erschöpfungssyndrom leiden oder an Multipler Sklerose oder einem Hodgkin-Lymphom erkranken.

Epstein-Barr-Virus

Mehr als 90 Prozent der Menschen tragen dieses Herpesvirus lebenslang in sich. Die Infektion bleibt meist ohne Folgen. Doch die Ruhe ist trügerisch, denn EBV kann verschiedene Krankheiten auslösen. Ein Beispiel ist das Pfeiffer´sche Drüsenfieber sowie einige Formen von Krebs. Das Pfeiffer‘sche Drüsenfieber (Infektiöse Mononukleose), das besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer häufiger auftritt, kann Komplikationen haben und erhöht das Risiko für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose oder eines Hodgkin-Lymphoms. Ausreichend für eine Ansteckung ist meist ein Kuss mit Speichelübertragung, was der Krankheit den Spitznamen „Kusskrankheit“ einbrachte.

Epstein-Barr-Virus und Multiple Sklerose

Dass das Virus in einem engen epidemiologischen Zusammenhang mit Multipler Sklerose steht, ist lange klar. Doch ist es auch die Ursache, wie es eine im Fachjournal Science veröffentlichte US-Studie nahelegt? Professor Wolfgang Hammerschmidt von Helmholtz Munich und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) schränkt das ein: „Die Studie macht es sehr wahrscheinlich, dass eine EBV-Infektion Voraussetzung für Multiple Sklerose ist; das heißt aber noch nicht, dass es die Ursache ist.“

In einem Punkt aber ist Hammerschmidt sich sicher: „Ein Impfstoff gegen EBV wäre von großer Bedeutung im Hinblick auf verschiedene Krankheiten – Multiple Sklerose ebenso wie das Pfeiffer‘sche Drüsenfieber." Der Wissenschaftler forscht seit vielen Jahren am Eppstein-Barr-Virus, unter anderem auch im Verbund im DZIF. Aktuell wird ein Impfstoffkandidat für den qualitätsgesicherten Herstellungsprozess optimiert – die Vorstufe dafür, den komplett entwickelten und sicher hergestellten Impfstoff in klinischen Prüfungen zu testen. „Wir denken, dass wir diesen Punkt 2023 erreichen werden“, erklärt Hammerschmidt.

Virus-ähnliche Partikel täuschen eine Infektion vor

Die Entwicklung des Impfstoffkandidaten begann bei Helmholtz Munich vor etwa 20 Jahren mit der Konstruktion Virus-ähnlicher Partikel (VLPs) und wurde parallel dort und am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg fortgeführt. Diese VLPs bestehen aus Virusproteinen und einer Membran und haben die Struktur perfekter Viruspartikel, enthalten aber kein Erbgut des Virus. Die authentische Komposition der VLPs signalisiert dem Immunsystem aber eine EBV-Infektion, und die VLPs lösen so eine Abwehrreaktion aus, eine hochspezifische Immunantwort. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass unser Impfstoff die Entstehung des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers und des daran häufig gekoppelten chronischen Erschöpfungssyndroms sehr effizient verhindern wird“, erklärt Hammerschmidt.

Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit circa 500 Wissenschaftler und Ärzte aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Ziel ist die sogenannte Translation: die schnelle, effektive Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis. Damit bereitet das DZIF den Weg für die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente gegen Infektionen.
Weitere Informationen: www.dzif.de.

Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum und Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland.
Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-muenchen.de  

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