April 2025

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Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Diabetes

Krankheiten können bei Frauen anders verlaufen als bei Männern – auch bei Diabetes. Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben entdeckt, dass das Gehirn von Männern und Frauen unterschiedlich auf Insulin reagiert.

Eine ältere Frau sticht sich mit einem Insulinmessgerät in einen Finger

Frauen erkranken seltener an Diabetes als Männer. Wenn sie jedoch einen Diabetes entwickeln, sind Insulinresistenz und Adipositas ausgeprägter als bei Männern.

Addictive Stock Core/Adobe Stock

Das Geschlecht spielt bei vielen Krankheiten eine Rolle, einschließlich Diabetes und Stoffwechselerkrankungen. „Die Körper von Männern und Frauen funktionieren unterschiedlich und erkranken verschieden an Stoffwechselerkrankungen“, sagt Professorin Dr. Susanna Hofmann von Helmholtz Munich, Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Ein Grund hierfür: Die unterschiedliche Fettverteilung. Frauen speichern Energie als Fett unter der Haut von Bauch, Hüften und Oberschenkeln, was ihre typische Figur formt. Männer lagern überschüssige Energie als Fett im Bauchraum, das leichter in Energie umgewandelt wird. Diese Unterschiede beeinflussen auch die Diabetesbehandlung. „Es ist entscheidend, die molekularen Gründe für diese Unterschiede zu verstehen, um moderne und individuelle Medizin zu entwickeln“, betont Hofmann.

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Unterschiede beim Risiko für Diabetes und für Diabetesfolgeerkrankungen

Doch welchen Unterschied macht das Geschlecht bei Stoffwechselerkrankungen? Datenauswertungen zeigen, dass Frauen seltener an Diabetes erkranken als Männer. Wenn sie jedoch einen Diabetes entwickeln, sind Insulinresistenz und Adipositas ausgeprägter als bei Männern. So haben Frauen bei der Erstdiagnose eines Diabetes einen um 2 kg/m2 höheren BMI als das männliche Geschlecht.

Aktuelle Studien deuten zudem darauf hin, dass Frauen länger von Begleiterkrankungen des Diabetes betroffen sind. Ab dem Alter von 40 Jahren leiden Frauen etwa vier Jahre länger als Männer an gleich mehreren chronischen Diabetesfolgeerkrankungen. „Auch beim Risiko für bestimmte Diabeteskomplikationen zeigen sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen scheinen vor allem ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich Schlaganfall zu haben, wenn sie Diabetes haben“, sagt Professor Dr. Robert Wagner vom DZD-Partner Deutsches Diabetes-Zentrum in Düsseldorf.

Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Insulin

Wie relevant der Blick auf Geschlechterunterschiede ist, zeigen auch Untersuchungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM), einem Partner des DZD in Tübingen. Sie deuten darauf hin, dass Frauen anders auf Insulin im Gehirn reagieren als Männer. Die Wirkung des Hormons Insulin im Gehirn spielt eine wichtige Rolle im menschlichen Körper. Sie beeinflusst unter anderem den Stoffwechsel im Körper, die Fettverteilung und das Essverhalten. Studien mit Männern haben gezeigt, dass Personen, deren Gehirn wenig oder gar nicht auf Insulin reagiert, eher an Gewicht zunehmen und mehr Bauchfett bekommen.

Bei Frauen beeinflussen Zyklus und Alter die Insulinwirkung

Bei Frauen beeinflusst der Menstruationszyklus die Reaktion des Gehirns auf das Hormon Insulin stark. Das zeigte eine aktuelle Untersuchung. In der Studie bekamen elf Frauen vor und nach dem Eisprung ein Nasenspray mit Insulin oder einem Placebo verabreicht. Was die Forschenden interessierte: Wie empfindlich reagiert das Gehirn der Studienteilnehmerinnen auf das Hormon im Verlauf ihres Zyklus? Tatsächlich waren zwischen den Zyklusphasen große Unterschiede in der Insulinsensitivität zu sehen: Vor dem Eisprung war die Wirkung des Insulins deutlich stärker (hohe Insulinsensitivität) als nach dem Einsprung.

Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch bei 15 weiteren Frauen, die per Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht worden waren. Die Gehirnscans zeigten eine höhere Empfindlichkeit auf Insulin in einer bestimmten Region des Gehirns (Hypothalamus) während der ersten Hälfte des Menstruationszyklus im Vergleich zur zweiten Hälfte.

Bei Frauen wirkt sich nicht der Zyklus, sondern auch das Alter darauf aus, wie das Gehirn auf das Hormon reagiert. „Mit zunehmendem Alter lässt die Wirkung von Insulin bei Frauen im Gehirn nach“, berichtet Professorin Dr. Stephanie Kullmann vom IDM von weiteren Studienergebnissen. Das betrifft vor allem die Regionen, die wichtig für Gedächtnisprozesse sind. Diese Regionen sind häufig auch bei Alzheimererkrankungen betroffen.

Auf dem Weg zu einer präziseren Diabetesbehandlung

Diese Beispiele zeigen, dass es bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Forschende am DZD untersuchen die molekularen Mechanismen solcher Gendereffekte, um Diabetes künftig präziser behandeln zu können.

Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD)

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) e. V. ist eines der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Sitzländern gefördert werden. Es bündelt Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen integrativen Forschungsansatz und einen raschen Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten.

Weitere Informationen: www.dzd-ev.de

Pressekontakt:
Birgit Niesing
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD)
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
niesing@dzd-ev.de