In den sauren Apfel beißen, lohnt sich

Interview mit Professor Dr. Dr. Dieter Schrenk
Professor Schrenk, Pharmakologe, Toxikologe und Lebensmitteltechnologe, leitet an der Universität Kaiserslautern eine Arbeitsgruppe im Bereich Lebensmittelchemie und Umwelttoxikologie. Seit 2002 koordiniert er das Forschungsnetzwerk "Rolle von Nahrungsmittelbestandteilen in der Genese von Darmkrankheiten und Möglichkeiten ihrer Prävention durch die Ernährung"


1. Herr Professor Schrenk, brauchen wir verbesserte Nahrungsmittel?
Diese Frage kann man nur differenziert beantworten. Unsere Lebensbedingungen haben sich geändert. Wir werden immer älter. Damit nehmen auch Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes stark zu. Wenn man früh anfängt, sich gesund zu ernähren, kann man diesen Krankheiten vorbeugen. Natürlich existieren bereits Leitlinien für eine gesunde Ernährung und wir alle wissen, dass es gut ist, viel Obst und Gemüse zu essen. Doch gerade bei alten Menschen, die zum Beispiel nicht mehr gut kauen können oder die Probleme mit der Verdauung haben, bei denen also die Nahrungsaufnahme eingeschränkt ist, können maßgeschneiderte Lebensmittel eine sinnvolle Ergänzung sein. Junge Menschen benötigen eigentlich keine optimierten Nahrungsmittel, weil bei ihnen die Nahrungsaufnahme normal funktioniert. Doch leider ist es schwer, sie dazu zu bewegen, sich auch tatsächlich gesund zu ernähren. Deshalb könnten auch hier Lebensmittel mit gesundheitsfördernden Eigenschaften hilfreich sein.

2. Sie forschen hauptsächlich an Apfelsaft. Lassen sich Ihre Ergebnisse auch auf andere Lebensmittel übertragen?
Unsere Ergebnisse sollen natürlich Modellcharakter bekommen. Wir planen über den Apfelsaft hinaus Studien mit anderen Lebensmitteln. Die Ergebnisse der Apfelsaft-Projekte sind dabei ein wichtiger Baustein.

3. Wann können Verbraucher und Patienten von Ihren Ergebnissen profitieren?
In drei bis vier Jahren werden wir unsere Untersuchungen abgeschlossen haben. Spätestens dann können wir den Verbrauchern, aber auch den Herstellern, Daten zur Verfügung stellen, aus denen sich ableiten lässt, welche Stoffe in Nahrungsmitteln angereichert werden sollten, und wie man dabei am besten vorgeht. Die Produktion solcher optimierten Nahrungsmittel fängt bei der Sortenwahl an und hört beim Herstellungsprozess auf. Wir hoffen aber, auch schon vorher verwertbare Ergebnisse zu erzielen, zum Beispiel für die Ernährungsberatung.

4. Welche Apfelsorten sind am gesündesten?
Alte Sorten wie der Brettacher Apfel sind besonders reich an Polyphenolen und deshalb wahrscheinlich auch sehr gesund. Der Nachteil dieser Sorten ist, dass sie oft viel Gerbsäure enthalten und deshalb nicht besonders gut schmecken. Es zieht einem den Mund zusammen, wenn man in so einen Apfel beißt. Kombiniert man im Apfelsaft aber alte Sorten mit neueren, polyphenolarmen Äpfeln wie dem Golden Delicious, so fällt der unangenehme Geschmack der Gerbsäure nicht mehr auf. Auch eine spätere Ernte, die Lagerung oder technologische Verfahren könnten den Gehalt an Gerbsäure verringern.

5. Warum verwenden sie Apfelsaft in Ihren Untersuchungen und nicht Äpfel?
Für unsere Arbeit ist es wichtig, dass sich die Inhaltsstoffe in einer Charge immer gleich zusammensetzen. Das können wir beim Apfelsaft kontrollieren, bei Äpfeln hingegen nicht.

6. Warum forschen sie gerade über Apfelsaft?
Äpfel und Apfelsaft sind noch immer sehr wichtige Nahrungsmittel. Außerdem konnten wir auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Zwei Mitglieder unseres Forschungsnetzes, Herr Professor Becker von der Universität des Saarlandes und Herr Professor Dietrich von der Forschungsanstalt in Geisenheim, beschäftigen sich nämlich schon lange mit der Chemie und Technologie von Apfel und Apfelsaft.