In fünf Stunden fit für die Diagnostik: Hausärzte können Herzinsuffizienz künftig besser erkennen

Nicht alle Patienten mit einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz)zeigen das klassische Beschwerdebild: Wassereinlagerungen in den Beinen, Atemnot, Herzklopfen und schnelle Erschöpfung bei körperlicher Belastung.

Atemnot und geschwollene Beine können auch andere Ursachen haben, etwa Lungenleiden oder Krampfadern. Eine Herzschwäche in der Hausarztpraxis richtig zu erkennen und von anderen Gesundheitsstörungen zu unterscheiden, ist also selbst bei großer Berufserfahrung ohne technische Zusatzuntersuchungen oft sehr schwierig.

Mehrere große Studien zeigten, dass die Diagnose „Herzschwäche“ in vielen Ländern erhebliche Probleme bereitet. Nur in der Hälfte der Fälle gelang es Hausärzten, die Herzschwäche korrekt zu erkennen bzw. auszuschließen. Hauptgrund dafür ist, dass die üblichen diagnostischen Möglichkeiten in der Allgemeinpraxis wie die körperliche Untersuchung und das EKG zwar die Verdachtsdiagnose stützen, meist aber nicht sicher bestätigen oder entkräften können. Dies gelingt nur mit speziellen Methoden wie der Echokardiographie(Herzultraschall) oder speziellen Bluttests (Biomarkern), die üblicherweise zum klassischen Aufgabenbereich von Herzspezialisten gehören.

Kleine Geräte mit großem Potenzial
In den letzten Jahren wurden relativ preiswerte kleine Echokardiographiegeräte in Laptop-Größe sowie tragbare Schnelltests für den Biomarker BNP (B-Typ natriuretisches Peptid) entwickelt, mit denen eine Herzschwäche sogar direkt am Krankenbett feststellbar wäre. In einem gemeinsamen Projekt der Unikliniken Würzburg und Essen überprüfen Wissenschaftler nun, ob Allgemeinärzte die Benutzung dieser Geräte so gut erlernen können, dass sie damit sicher diagnostizieren. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelte das Team im Rahmen des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz dazu ein Schulungsprogramm.

Dabei erlernten die Ärzte, die Geräte korrekt zu bedienen und die Befunde zu beurteilen. Ultraschallaufnahmen des Herzens geben Aufschluss darüber, wie groß das Herz und wie dick die Herzwand sind und wie gut die Pumpleistung ausfällt. An diesen Kenngrößen lassen sich signifikante Funktionseinschränkungen des Herzens ablesen. Bei normalen Messwerten des BNP im Blut kann der Arzt eine Herzerkrankung sehr sicher ausschließen. Ein erhöhter Wert zeigt hingegen, wie ausgeprägt die Herzschwäche ist. Sogar leichte Störungen, die der Ultraschall nicht erfasst, fallen hier auf. Nachteil des BNP ist, dass auch Krankheiten, die nicht das Herz betreffen, die Messwerte beeinflussen. Bei Verdacht auf Herzinsuffizienz wäre es daher am besten, beide Verfahren zu kombinieren.

Nach einer nur fünfstündigen Schulung in Theorie und Praxis konnten die Hausärzte mit jeder der beiden Methoden in den meisten Fällen die Diagnose richtig stellen. Eine weitere, derzeit noch laufende Studie mit über 900 Patienten prüft, wie sich die Verwendung der kleinen Geräte durch die geschulten Ärzte bei Herzinsuffizienzverdacht auf die diagnostische Qualität auswirkt. Damit läuft derzeit die weltweit größte Studie zu Herzinsuffizienz in der Allgemeinarztpraxis. „Nach Abschluss der Studie Ende 2007 wird klar sein, wie viel Herzultraschall und BNP einzeln oder kombiniert bringen. Außerdem werden wir wissen, ob sich damit vorhersagen lässt, bei welchen Patienten eine Überweisung zum Kardiologen überflüssig ist und welcher Patient sofort vorgestellt werden muss“, erläutert die Studienleiterin Professor Dr. Christiane Angermann von der Universität Würzburg. „Wir sehen darin eine große Chance für die frühere Erkennung und Behandlung der Volkskrankheit Herzinsuffizienz durch den Allgemeinarzt“, so Angermann.

Die Erstdiagnostik verbessern heißt Leben verlängern
In Deutschland leiden etwa drei bis vier Millionen Patienten an Herzinsuffizienz mit entsprechenden Symptomen. Etwa ebenso viele Menschen sind trotz einer Pumpstörung des Herzmuskels  beschwerdefrei und wissen daher oft nichts von ihrer Erkrankung. Je eher eine Herzschwäche bzw. eine Pumpstörung entdeckt und nach Leitlinien behandelt werden, umso wirkungsvoller lässt sich verhindern, dass sich das Krankheitsbild verschlechtert und die Lebenserwartung sinkt.