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MRT-basierte Vermessung der zerebralen und spinalen Gewebedegeneration zur Therapieüberwachung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS-Atrophie)

Multiple Sklerose (MS) ist in unseren Breiten die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie ist nicht heilbar, führt im Verlauf zu einer zunehmenden neurologisch bedingten Behinderung und gehört zu den häufigsten Ursachen für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben unter jungen Erwachsenen. Das von der Entzündung betroffene Gewebe bildet Verletzungen im Gehirn (zerebral) und im Rückenmark (spinal) aus. Neben der entzündlichen besteht auch eine degenerative Krankheitskomponente, die dazu führt, dass Gewebe sowohl zerebral als auch spinal zerstört wird (sogenannte Atrophie). Entzündungsaktivität und Gewebedegeneration führen schließlich dazu, dass mit zunehmender Krankheitsdauer das Behinderungsniveau des Patienten ansteigt.

In den letzten Jahren sind Medikamente mit neuen Wirkstoffklassen zur Behandlung der MS zugelassen worden, die die therapeutischen Möglichkeiten sowohl im Bereich milder bis moderater Verläufe als auch für die Behandlung von hochaktiven MS-Patienten deutlich erweitert haben. Insbesondere haben einige dieser Medikamente in den Zulassungsstudien gezeigt, dass sie neben der Behandlung der Entzündung auch den Gewebeverlust reduzieren können (Neu-roprotektion). Um Medikamente mit einer neuroprotektiven Wirkung auch optimal einsetzen zu können, müssen Status und Veränderungen der zerebralen, aber auch der spinalen Atrophie während der Therapie in die Beurteilung des Therapieerfolgs mit einfließen.

Könnten diese Atrophieparameter robust und zuverlässig in der klinischen Routine bereitgestellt werden, wäre zu erwarten, dass dadurch krankheitsbedingte Veränderungen, die eine Anpassung der Therapie erfordern, früher erkannt und damit der Eintritt der Behinderung weiter hinausgezögert oder ganz vermieden werden könnte. Die Routine-Magnetresonanztomographie (MRT)-Bildgebung ist in der Lage, Läsionen im Gehirn und im Rückenmark sichtbar zu machen. Sie ist seit 2001 fester Bestandteil der diagnostischen Kriterien der Multiplen Sklerose in der klinischen Routine (McDonalds-Kriterien). Zudem spielt sie eine wesentliche Rolle in der Therapieüberwachung sowohl bezüglich Wirksamkeit als auch hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte. Während die entzündlichen Läsionen recht gut visuell beurteilt werden können, ist die visuelle Einschätzung der Atrophie aufgrund methodischer Einschränkungen nur sehr ungenau und unzuverlässig möglich und in nicht geringem Masse von der Erfahrung und dem Vorwissen des Arztes abhängig. Im Rahmen von klinischen MS-Studien wird die Atrophie mit Hilfe von Computer-gestützten Tools quantifiziert. Diese Tools stehen der Anwendung in der Versorgung von MS-Patienten bislang nicht zur Verfügung.

Im Rahmen des Vorhabens soll ein vollautomatisch arbeitendes MS-Atrophie-Vermessungssystem erforscht und realisiert werden, das auf Grundlage von in der Versorgung verfügbaren Standard-MRT-Bildern Ausmaß und Veränderungen der spinalen (Halsmark) sowie der globalen und regionalen Atrophie im Gehirn bestimmen kann (siehe Bild). Der Nutzen für die Patientenversorgung besteht darin, dass die Unwirksamkeit einer bestehenden Therapie in Bezug auf die Gewebeprotektion früher als bislang nachgewiesen und eine entsprechende Anpassung der Therapie vorgenommen werden kann.