Verbund

NDCil – Neuronale Zilienerkrankungen: von molekularen Mechanismen bis zur Interpretation von Patientenvarianten und Behandlungsstrategien

Zilien sind kleine haarähnliche Fortsätze, die an der Oberfläche von fast allen Zellen zu finden sind, so auch an Nerven- und Glia-Zellen im Gehirn. Zilien funktionieren wie Antennen, mit denen Zellen miteinander kommunizieren können. Ist die Funktion der Zilien gestört, spricht man von einer Ziliopathie. Die bekannteste Ziliopathie, die die Entwicklung des Nervensystems betrifft, ist das Joubert-Syndrom. Ursache für dieses Syndrom sind angeborene genetische Veränderungen. Betroffene leiden unter den Folgen von Fehlbildungen des Kleinhirns und des Hirnstamms. Trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren ist nur wenig über die Funktion der Zilien im Gehirn bekannt. Bis heute gibt es keine Heilungsstrategien für das Joubert-Syndrom. Darüber hinaus ist der Beitrag einzelner Genveränderungen zum Krankheitsbild unklar.

Im Verbund NDCil soll deswegen erforscht werden, wie bestimmte Genveränderungen beim Joubert-Syndrom die Entwicklung und Funktion von Nervenzellen und deren Zilien beeinflussen. Es wird eine Plattform entwickelt, auf der die Ergebnisse gesammelt werden.

Der Verbund NDCil ist Teil des transnationalen ERA-NET NEURON und umfasst jeweils eine Forschungsgruppe aus Deutschland, Italien, Ungarn, Irland und Frankreich. Die Forschungsgruppe der Universität Tübingen untersucht im Tiermodell, wie sich typische Genveränderungen beim Joubert-Syndrom auf Eiweiß-Komplexe in Nervenzell-Zilien auswirken. Zusätzlich werden die Effekte bestimmter Wirkstoffe auf diese Eiweiß-Komplexe untersucht.

Die Ergebnisse des Projektes können helfen, neue Ansatzpunkte für Therapien zu finden und die Diagnose beim Joubert-Syndrom zu präzisieren.

Teilprojekte

Einfluss von Joubert-assoziierten Mutationen auf Proteinkomplexe im Gehirn

Förderkennzeichen: 01EW2212
Gesamte Fördersumme: 298.074 EUR
Förderzeitraum: 2022 - 2025
Projektleitung: Prof. Dr. Marius Ueffing
Adresse: Eberhard Karls Universität Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen, Department für Augenheilkund, Forschungsinstitut für Augenheilkunde
Elfriede-Aulhorn-Str. 7
72076 Tübingen

Einfluss von Joubert-assoziierten Mutationen auf Proteinkomplexe im Gehirn

Das Joubert Syndrom (JS) umfasst eine genetisch bedingte Entwicklungsstörung des zentralen Nervensystems mit einer Prävalenz von 1:100.000. Multiple Genmutationen stehen im Zusammenhang mit dieser zu den Ziliopathien gehörenden Erkrankung. Wie Mutationen unterschiedlicher Genloci zur Ausprägung der Erkrankung beitragen, ist jedoch nicht verstanden. Gemeinsam bietet das interdisziplinäre Konsortium aus fünf Partnern und fünf Ländern eine Plattform für die Aufdeckung der ziliären Funktion in gesunden Neuronen und krankheitsassoziierten Veränderungen im JS, sowie die Bewertung und Behebung der Auswirkungen spezifischer JS-Patientenmutationen auf neurologische Entwicklungsprozesse. Die Ziele des deutschen Projektteils sollen die Grundlage für Untersuchungen in Tier- und zellulären Modellen der jeweiligen Partner liefern. Hierzu werden Proteininteraktionskarten für wildtypische und mutierte Proteine im Gehirn und in differenzierten Neuronen erzeugt, um den Effekt von JS-assoziierten Mutationen auf molekularer Ebene zu verstehen. Des Weiteren werden die Arbeiten im deutschen Projektteil das Verständnis von Varianten verbessern und somit die Vorhersage deren Einflusses auf die Entwicklungen von JS ermöglichen. Hierdurch wird dieses Projekt neben großen Fortschritten im Verständnis des Einflusses von Mutationen auch neue Informationen für der Interpretation von Genvarianten, deren Einfluss auf die Erkrankung unklar ist, generieren. Dadurch ist ein positiver Nutzen für Diagnose, Prognose und Beratung zu erwarten. Die Erforschung neurologischer Aspekte von JS-assoziierten Mutationen wird dann auf ein breiteres Spektrum neurologischer Entwicklungsstörungen anwendbar sein, bei welchen zunehmend die wichtige Funktion von Zilien erkannt wird.