Neue Hoffnung bei Herzinsuffizienz - Erste voll implantierbare Herzpumpe erhöht Lebensqualität und Mobilität von Patienten

Die Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und mit geschätzt mehr als zehn Millionen Betroffenen allein in Europa die verbreitetste internistische Erkrankung. Als letzte Hoffnung für viele Patienten gilt bislang die Herztransplantation.

Forschern ist es nun gelungen, eine Pumpe zu entwickeln, die als voll implantiertes System das Herz unterstützt. Durch eine drahtlose Energieversorgung sind keine perkutanen, d. h. durch die Haut hindurchführenden Kabel und Schläuche mehr nötig. Das Herzunterstützungssystem für den Einsatz an einer oder beiden Herzkammern wurde im Rahmen des „Innovationswettbewerbs Medizintechnik“ – einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – entwickelt und befindet sich derzeit in präklinischen Tests. Eine lange Haltbarkeit, hohe Sicherheit und fast vollständige Autarkie sind die Vorteile des Systems. Für den Patienten bedeutet das eine erhöhte Mobilität und mehr Lebensqualität.


Seit Jahren steigt die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit rapide an. Diese Art von Erkrankung ist heute bereits die mit Abstand häufigste Todesursache in den Industrieländern. Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 300.000 Patienten an Herzmuskelschwäche. Für viele Patienten mit Herzinsuffizienz ist die einzig mögliche Therapie eine Herztransplantation. Allerdings sind Spenderherzen Mangelware und nicht immer zum benötigten Zeitpunkt verfügbar. Doch es gibt Hoffnung: Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) um Dr. Thomas Schmid haben eine voll implantierbare Pumpe entwickelt, die an das Herz angeschlossen wird. Solche Herzunterstützungssysteme, sogenannte „Ventricular Assist Devices“ (VADs), können eine lebensrettende Maßnahme sein und für Patienten in Zukunft eine erhöhte Lebensqualität und Mobilität bedeuten. Die Forschungsarbeiten für den Einsatz der Pumpe an einer Herzkammer (univentrikulär) oder an beiden Herzkammern (biventrikulär) werden im Rahmen des „Innovationswettbewerbs Medizintechnik“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Herzunterstützung statt Kunstherz
Herzunterstützungssysteme werden im Gegensatz zu totalen Kunstherzen („Total Artificial Hearts“), die das Organ komplett ersetzen, parallel zum Herzen geschaltet und können dieses so entlasten. Das System stellt somit eine Alternative zur Herztransplantation dar. Projektleiter Dr. Schmid erläutert den Hintergrund zur Entwicklung des neuartigen VADs: „Die heute auf dem Markt verfügbaren Systeme können nicht voll implantiert werden, sind meist zu groß und benötigen noch zu viel Energie. Sie werden mit Leitungen durch die Haut angeschlossen und mit Energie versorgt. Dadurch ensteht für den Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko. Das nun entwickelte Herzunterstützungssystem wird über eine drahtlose Energieübertragung durch die Haut versorgt. Dadurch benötigen wir keine perkutanen Leitungen mehr und minimieren das Risiko von Infekten.“ Als Energieversorgung dient das sogenannte TET-System („Transcutaneous Energy Transmission“), das in einer Weste außen am Körper angebracht ist und die Energie induktiv durch die Haut an das Implantat überträgt. Das Implantat empfängt die Energiesignale durch eine entsprechende Empfangseinheit. Die VAD-Pumpe ist für eine gezielte Langzeit- und Dauernutzung konzipiert. Die mögliche Einsatzzeit erhöht sich im Vergleich zu anderen Systemen von wenigen Monaten auf mehr als fünf Jahre. Weitere Vorteile liegen darin, dass das System aufgrund seiner Fähigkeit, sich automatisch an die Belastungszustände des Patienten anzupassen, fast vollständig autark arbeitet. Aufgrund der Vollimplantierbarkeit und des geringen Energiebedarfs von nur 5 Watt im Ruhezustand des Patienten kann die Pumpe im Gegensatz zu bislang eingesetzten Systemen permanent im Körper verbleiben, ohne ausgetauscht werden zu müssen. Patienten können nach der Operation früher in ihre gewohnte Umgebung zurückkehren, was den Therapieerfolg beschleunigt und Kosten reduziert.

Lange Haltbarkeit und optimaler Blutfluss
Die Wissenschaftler haben bei der Entwicklung des neuen VADs ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass alle Aspekte für eine optimale Versorgung des Patienten berücksichtigt werden. So wurde neben einer langen Haltbarkeit der Komponenten auch der Blutfluss in den Pumpkammern optimiert. Eine ungünstige Strömung würde zur Bildung von Thromben führen, die für den Patienten lebensbedrohlich sein können. Bislang eingesetzte Blutpumpen müssen deswegen häufig gewechselt werden oder sind dadurch generell nicht für einen langfristigen Einsatz geeignet. Derzeit befindet sich die neuartige Pumpe in der präklinischen Testphase. Erste Langzeiteinsätze bei Tieren waren bereits erfolgreich. Wann die Pumpe einem breiten Patientenkreis zur Verfügung steht, hängt davon ab, wie die ersten klinischen Erprobungen verlaufen. „In ungefähr zwei Jahren soll die Pumpe erstmals an Patienten getestet werden“, so Dr. Schmid. „Sollten diese klinischen Tests erfolgreich sein, kann man mit einer Markteinführung des Systems in etwa fünf Jahren rechnen.“

Funktionsweise des Herzunterstützungssystems
Das neue VAD („Ventricular Assist Device“) ist mit zwei herzkammerförmigen Pumpsäcken ausgestattet, die von einer Druckplatte wechselseitig komprimiert werden. Diese Technik erlaubt das gleichzeitige Vorwärtspumpen und Befüllen der Pumpkammern. Dadurch kann auf einen zusätzlichen Volumenausgleichsbehälter, der bei anderen Systemen mit implantiert werden muss, verzichtet werden. Die neuartige Bewegungsweise der Druckplatte kann einen pulsatilen Blutfluss mit einem kontinuierlich laufenden Motor erzeugen und erlaubt trotz der Zweikammertechnik ein flaches und kompaktes Design des Gesamtsystems. Alle Komponenten können den physiologischen Anforderungen des Patienten entsprechend ausgelegt und das VAD damit in verschiedenen Größen gebaut werden. Der hohe Wirkungsgrad der Pumpe bedingt einen niedrigen Energieverbrauch und verringert den Verschleiß der mechanischen Komponenten.

Innovationswettbewerb Medizintechnik
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) führt seit 1999 jährlich den Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik durch. Die beiden Fördermodule „Innovationswettbewerb – BASIS“ und „Innovationswettbewerb – TRANSFER“ sollen bestehende Angebote der Forschungsförderung ergänzen und die Lücke zwischen Grundlagenforschung und marktnaher Forschung schließen. Dabei werden besonders innovative Forschungs- und Entwicklungsideen der Medizintechnik ausgewählt. Ziel der Förderung ist es, dazu beizutragen, Innovationsbarrieren zu überwinden und den Weg von der Idee zu einem medizinisch nutzbaren und wirtschaftlich umsetzbaren Produkt zu beschleunigen. Der Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik ist Teil des Programms der Bundesregierung „Gesundheitsforschung Forschung für den Menschen“.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Schmid
Institut für Robotik und Mechatronik
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Postfach 1116
82234 Weßling
Tel.: 08153 28-2458
Fax: 08153 28-1134
E-Mail: Thomas.Schmid@dlr.de