Richtlinien zur Förderung von Diskursprojekten zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen in den modernen Lebenswissenschaften

vom 21.10.2010 - Abgabetermin: 14.01.2011

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 160 vom 21.10.2010

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

Die Fortschritte in den modernen Lebenswissenschaften, insbesondere die der Humangenomforschung und der Molekularen Medizin sowie der Gen- und Medizintechnik, eröffnen neue, vielversprechende Wege in medizinischer Diagnostik und Therapie. Sie haben das Potential, einen tiefgreifenden, geänderten Umgang mit genetischen und medizinischen Informationen aber auch dem generellen Verständnis von Gesundheit und Normalität herbeizuführen. Die bereits erzielten und noch zu erwartenden Forschungsfortschritte werfen jedoch auch gewichtige ethische, rechtliche und soziale Fragen auf. In einer offenen und zunehmend wissensbasierten Gesellschaft kann die kritische Diskussion dieser Fragen nicht nur einem kleinen Expertenkreis vorbehalten bleiben, sondern muss auch von einer gut informierten Öffentlichkeit mitgestaltet und mitgetragen werden. Dabei müssen auch zunehmend die Entwicklungen in anderen Ländern und Kulturen mitberücksichtigt werden. Diese Diskussion hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Zukunft. Es ist daher besonders wichtig, gerade die junge Generation frühzeitig an diesem gestalterischen Prozess zu beteiligen.
Das BMBF beabsichtigt, seine langjährige Förderung des öffentlichen Diskurses zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der modernen Lebenswissenschaften weiter auszubauen. Ziel dieser Bekanntmachung ist eine gezielte Unterstützung des öffentlichen Diskurses. Dabei ist es ein besonderes Anliegen, mit dieser Maßnahme junge Menschen in den Diskursprozess einzubinden und innovative Projektformen mit neuen methodischen Akzenten und ggf. über den nationalen Rahmen hinausweisenden Elementen zu fördern.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Die geförderten Vorhaben müssen auf Problemstellungen ausgerichtet sein, die sich aus Forschung oder Anwendung im Bereich der modernen Lebenswissenschaften ergeben. Sie sollen das Ziel verfolgen, die Auswirkungen und Implikationen dieser neuen Technologien im Diskurs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft aufzuarbeiten.
Geförderte Vorhaben können z.B. Vortragsreihen, Tagungen, Workshops, partizipative Diskursverfahren, und möglichst auch innovative Elemente enthalten. Sie müssen sich, gegebenenfalls auch unter geschlechtsspezifischen oder interkulturellen Gesichtspunkten, mit den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der modernen Lebenswissenschaften befassen und dem Zuwendungszweck entsprechen.

Ziel der Vorhaben muss sein, zur sachlichen und unvoreingenommenen Information der jeweiligen Zielgruppe beizutragen, ihre etwaigen Vorstellungen zu berücksichtigen, ihre qualifizierte Meinungsbildung zu fördern und im öffentlich sichtbaren Diskurs engagiert aufzuarbeiten. Vorhaben, die in besonderer Weise geeignet sind, junge Menschen in Deutschland (Schüler und Schülerinnen, Studenten und Studentinnen, Auszubildende, junge Berufstätige) in den Diskussionsprozess einzubinden, werden besonders berücksichtigt. Gleiches gilt für Vorhaben, deren Inhalte sich alternativ oder zusätzlich an Akteure der Jugend- und Erwachsenenbildung (Gruppenleiter und -leiterinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Sozialarbeiter und -arbeiterinnen etc.) richten und darauf abzielen, zu einer qualifizierten Entwicklung und Verstetigung bioethischer Diskursprozesse beizutragen.
Sind für eine gewählte Thematik auch interkulturelle Aspekte von Bedeutung, ist auch eine Beteiligung von Projektpartnern und Veranstaltungsteilnehmern aus dem europäischen Ausland möglich.
Angesprochen sind neben biowissenschaftlichen vor allem die geistes-, sozial- und erziehungswissenschaftlichen Disziplinen. Bevorzugt gefördert werden interdisziplinäre Vorhaben unter Einbeziehung der Naturwissenschaften und der Medizin(-technik). Innovative Projektformen, die einen besonderen methodischen Akzent auf die Verbesserung von Diskursverfahren legen, werden besonders berücksichtigt.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre akademische Einrichtungen und Forschungsinstitutionen, Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung in öffentlicher oder privater Trägerschaft, wissenschaftliche Organisationen und Fachgesellschaften sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft - auch Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU). Die Definition für KMU der Europäischen Gemeinschaft ist hier einzusehen.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend zu ihrer Grundfinanzierung eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

Sind Fachhochschulen im Rahmen dieses Auswahlverfahrens erfolgreich, besteht für sie die Möglichkeit einer zusätzlichen Förderung über die BMBF-Förderlinie "ProfilNT". Entscheidungen hierzu erfolgen über ein gesondertes Antrags- und Auswahlverfahren. Nähere Informationen hierzu sind unter http://www.bmbf.de/de/1956.php erhältlich.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Antragsteller müssen einschlägige wissenschaftliche Expertise und praktische Erfahrung in der Durchführung von Diskursveranstaltungen ausweisen. Die konsequente Einbindung der jeweiligen Zielgruppe in die geplanten Diskursmaßnahmen ist durch geeignete Kooperationen mit entsprechenden Einrichtungen sicherzustellen. Die Kooperationspartner müssen ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bereits beim Einreichen der Projektskizze zugesagt haben. Sofern die Einbindung ausländischer Projektpartner vorgesehen ist, müssen die Antragsteller auf eine bereits bestehende, nachweisbare Zusammenarbeit mit diesen Partnern aufbauen können.

Es ist auf eine möglichst breite und nachhaltige öffentliche Wirkung im Sinne der Zielgruppe zu achten. Reine Lehr- oder Fortbildungsveranstaltungen sowie Fachtagungen und Kongresse, die sich an ein eng begrenztes Fachpublikum richten, oder deren öffentlicher Charakter sich auf die aktuelle Medienöffentlichkeit beschränkt, können im Rahmen dieser Bekanntmachung nicht gefördert  werden.

Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden. Informationen zur EU-Förderung können hier abgerufen werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse im Regelfall für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr gewährt. Pro Vorhaben wird die Zuwendung im Regelfall auf 200.000,- € beschränkt.

Für ausländische Projektpartner und Veranstaltungsteilnehmer können Reise- und Unterbringungskosten im Rahmen des Bundesreisekostengesetzes beantragt werden. Aufenthalte der jeweiligen Projektverantwortlichen im Partnerland können für eine Dauer bis zu maximal sechs Monaten ebenfalls gefördert werden.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die bis zu 100% gefördert werden können.

Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Projekts - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kom¬mission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte, von Antragstellern aus den Neuen Bundesländern und für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
Bei Förderentscheidungen werden bereits laufende und in anderen Bereichen geplante Forschungsprojekte berücksichtigt, um eine Parallelförderung zu vermeiden.

7. Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Koordinierung und Abwicklung dieser Fördermaßnahme hat das BMBF seinen
Projektträger im DLR für das BMBF 
Gesundheitsforschung 
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Tel: 0228 3821-210
Fax. 0228 3821-257
E-Mail:  gesundheitsforschung@dlr.de
Internet: www.gesundheitsforschung-bmbf.de
beauftragt.

Es wird empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Ansprechpartner sind Frau Dr. Marina Schindel (Telefon: 0228 3821-776, E-Mail: marina.schindel@dlr.de) und Herr Dr. Detlef Böcking (Telefon: 0228 3821-118 oder -687, E-Mail: detlef.boecking@dlr.de). Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

7.2 Förderverfahren

Das Verfahren ist zweistufig angelegt, es findet aber nur ein fachlicher Begutachtungsschritt unter Beteiligung externer Experten statt.

7.2.1 Vorlage von Projektskizzen

In der ersten Verfahrensstufe sind dem Projektträger im DLR bis zum

14. Januar 2011

zunächst formlose Projektskizzen einzureichen. Diese sollen alle notwendigen Informationen enthalten, um dem Gutachterkreis eine abschließende fachliche Stellungnahme zu erlauben.

Die Projektskizzen in schriftlicher Form (Original plus 5 Kopien) und elektronischer Form (pdf-Datei) auf dem Postweg vorzulegen. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Projektanträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Einreichung wird dringend die vorherige Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Projektträger empfohlen. Eine Vorlage per Email oder FAX ist nicht möglich.
Aus der Vorlage von Projektskizzen kann kein Rechtsanspruch auf Förderung abgeleitet werden.

Der Umfang der Projektskizzen (incl. Anlagen, Din-A4-Format, Arial 11 Punkt) darf 15 Seiten nicht überschreiten. Sie sollen das Vorhaben umfassend beschreiben und müssen zu folgenden Punkten Aussagen enthalten:

- Thema, Projektleiter/in, Kooperationspartner,
- Zielsetzung, Konzeption und Realisierbarkeit der geplanten Diskursmaßnahmen,
- Bezug zur aktuellen gesellschaftlichen Diskussion,
- Kurzbeschreibung des internationalen Wissensstandes,
- Design und Methodik für das Diskurs-Vorhaben,
- Eigene Vorarbeiten, Qualifizierung des Projektleiters / der Projektleiterin und der beantragenden Einrichtung, ggf. Beschreibung der Zusammenarbeit mit ausländischem Partner,
- Zeitplan,
- Finanzierungsplan,
- Erfüllung der Bewertungskriterien gemäß Nr. 4 dieser Richtlinien (“Zuwendungsvoraussetzungen”).

Es steht den Antragstellern frei, weitere Punkte anzufügen, die ihrer Auffassung nach für eine Beurteilung ihres Vorschlages von Bedeutung sind.

Die eingegangenen Projektskizzen werden unter Beteiligung externer Gutachter/innen nach folgenden Kriterien bewertet:
- Relevanz des Themas für den öffentlichen Diskurs (wissenschaftliche und politische Relevanz, Informationsbedarf der Öffentlichkeit)
- Kommunikationsstrategie (Erreichen der Zielgruppe, Sichern einer qualifizierte Meinungsbildung bezüglich bioethischer Gesichtspunkte bei der Zielgruppe, sichtbarer und nachhaltiger Beitrag zur Informationsverbreitung, Beitrag des Vorhabens zur Fortentwicklung von Diskursverfahren)
- Projektbewertung und Kompetenz der Antragsteller (Interdisziplinarität, Einbindung nötiger Kompetenzen, Gestaltung eines methodisch innovativen Diskurses, Zeit- und Finanzplan, Qualifikation des Projektleiters / der Projektleiterin und der beantragenden Einrichtung insbesondere bei der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte in die Öffentlichkeit, Nachweis der pädagogischen Kompetenz einschließlich didaktischer und methodischer Aspekte)

Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt. Der Antragsteller hat keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe einer eingereichten Projektskizze/ Vorhabenbeschreibung.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Projektskizzen aufgefordert einen förmlichen Förderantrag vorzulegen.

Vordrucke für die einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 06. Oktober 2010

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Roesler