Richtlinien zur Förderung von Diskursprojekten zu ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen in den modernen Lebenswissenschaften

vom 06.05.2006 - Abgabetermin: 11.08.2006

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 86 vom 06.05.2006

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1 Zuwendungszweck

Die Fortschritte in der modernen Lebenswissenschaften, insbesondere die in der Humangenomforschung und der Molekularen Medizin, eröffnen neue, vielversprechende Ansatzmöglichkeiten in medizinischer Diagnostik und Therapie. Sie haben das Potential, einen tiefgreifenden, geänderten Umgang mit medizinischer und genetischer Information herbeizuführen. Die bereits erzielten und noch zu erwartenden Forschungsfortschritte werfen jedoch auch gewichtige ethische, rechtliche und soziale Fragen auf. In einer offenen und zunehmend wissensbasierten Gesellschaft kann die kritische Diskussion dieser Fragen nicht nur einem kleinen Expertenkreis vorbehalten bleiben, sondern muss auch von einer gut informierten Öffentlichkeit mitgestaltet und mitgetragen werden. Dabei müssen auch zunehmend die Entwicklungen in anderen Ländern und Kulturen mitberücksichtigt werden. Diese Diskussion hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Zukunft. Es ist daher besonders wichtig, gerade die junge Generation frühzeitig an diesem gestalterischen Prozess zu beteiligen.
Das BMBF beabsichtigt, seine langjährige Förderung des öffentlichen Diskurses zu ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der modernen Lebenswissenschaften weiter auszubauen. Ziel dieser Bekanntmachung ist eine gezielte Unterstützung des öffentlichen Diskurses. Dabei ist es ein besonderes Anliegen, mit dieser Maßnahme junge Menschen in den Diskursprozess einzubinden und innovative Projektformen mit neuen methodischen Akzenten und ggf. über den nationalen Rahmen hinausweisenden Elementen zu fördern.

1.2. Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Die geförderten Vorhaben müssen auf Problemstellungen ausgerichtet sein, die sich aus Forschung oder Anwendung im Bereich der modernen Lebenswissenschaften ergeben. Sie sollen das Ziel verfolgen, die Auswirkungen und Implikationen dieser neuen Technologien im Diskurs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft aufzuarbeiten.
Geförderte Vorhaben können z.B. Vortragsreihen, Tagungen, Workshops, partizipative Diskursverfahren, und möglichst auch innovative Elemente enthalten. Sie müssen sich, gegebenenfalls auch unter geschlechtsspezifischen oder interkulturellen Gesichtspunkten, mit den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der modernen Lebenswissenschaften befassen und dem Zuwendungszweck entsprechen.

Ziel der Vorhaben muss sein, zur sachlichen und unvoreingenommenen Information der jeweiligen Zielgruppe beizutragen, ihre etwaigen Vorstellungen zu berücksichtigen, ihre qualifizierte Meinungsbildung zu fördern und im öffentlich sichtbaren Diskurs engagiert aufzuarbeiten. Vorhaben, die in besonderer Weise geeignet sind, junge Menschen in Deutschland (Schüler und Schülerinnen, Studenten und Studentinnen, Auszubildende, junge Berufstätige) in den Diskussionsprozess einzubinden, werden bevorzugt berücksichtigt. Gleiches gilt für Vorhaben, deren Inhalte sich alternativ oder zusätzlich an Akteure der Jugend- und Erwachsenenbildung (Gruppenleiter und -leiterinnen, Lehrer und Lehrerinnen, Sozialarbeiter und -arbeiterinnen etc.) richten und darauf abzielen, zu einer qualifizierten Entwicklung und Verstetigung bioethischer Diskursprozesse beizutragen.
Sind für eine gewählte Thematik auch interkulturelle Aspekte von Bedeutung, ist auch eine Beteiligung von Projektpartnern und Veranstaltungsteilnehmern aus dem europäischen Ausland möglich.
Angesprochen sind neben biowissenschaftlichen vor allem die geistes-, sozial- und erziehungswissenschaftlichen Disziplinen. Bevorzugt gefördert werden interdisziplinäre Vorhaben unter Einbeziehung der Naturwissenschaften und der Medizin. Innovative Projektformen, die einen besonderen methodischen Akzent auf die Verbesserung von Diskursverfahren legen, werden besonders berücksichtigt.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre akademische Einrichtungen und Forschungsinstitutionen, Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung in öffentlicher oder privater Trägerschaft, wissenschaftliche Organisationen und Fachgesellschaften sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft - auch Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU). Zur KMU-Definition siehe hier.
Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

- Antragsteller müssen einschlägige wissenschaftliche Expertise und praktische Erfahrung in der Durchführung von Diskursveranstaltungen ausweisen.
- Die konsequente Einbindung der jeweiligen Zielgruppe in die geplanten Diskursmaßnahmen ist durch geeignete Kooperationen mit entsprechenden Einrichtungen sicherzustellen. Die Kooperationspartner müssen ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bereits beim Einreichen der Projektskizze zugesagt haben.
- Sofern die Einbindung ausländischer Projektpartner vorgesehen ist, müssen die Antragsteller auf eine bereits bestehende, nachweisbare Zusammenarbeit mit diesen Partnern aufbauen können.
- Es ist auf eine möglichst breite und nachhaltige öffentliche Wirkung im Sinne der Zielgruppe zu achten. Reine Lehr- oder Fortbildungsveranstaltungen sowie Fachtagungen und Kongresse, die sich an ein eng begrenztes Fachpublikum richten, oder deren öffentlicher Charakter sich auf die aktuelle Medienöffentlichkeit beschränkt, können im Rahmen dieser Bekanntmachung nicht gefördert  werden.

- Bewertungskriterien für eine Förderung sind neben den inhaltlichen und formalen Voraussetzungen vor allem:
- Qualität und Originalität des Projektes,
- Sachlichkeit und Unvoreingenommenheit bei der Informationsvermittlung,
- ausgewiesene Qualifikation des Projektleiters / der Projektleiterin und der beantragenden Einrichtung insbesondere bei der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte in die Öffentlichkeit und/oder bei der Gestaltung vor allem methodisch innovativer Diskursverfahren,
- Nachweis der pädagogischen Kompetenz einschließlich didaktischer und methodischer Aspekte,
- sichtbarer Beitrag zur Informationsverbreitung und qualifizierten Meinungsbildung bezüglich bioethischer Gesichtspunkte bei der Zielgruppe,
- Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit und/oder vor allem methodisch innovativer Beitrag des Vorhabens zur Fortentwicklung von Diskursverfahren.
- Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

- Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse im Regelfall für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr gewährt.  Pro Vorhaben wird die Zuwendung im Regelfall auf  200.000,- € beschränkt.
- Für ausländische Projektpartner und Veranstaltungsteilnehmer können Reise- und Unterbringungskosten im Rahmen des Bundesreisekostengesetzes beantragt werden. Aufenthalte der jeweiligen Projektverantwortlichen im Partnerland können für eine Dauer bis zu maximal sechs Monaten ebenfalls gefördert werden.
- Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Projekts - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.
- Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die bis zu 100% gefördert werden können.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte, von Antragstellern aus den Neuen Bundesländern und für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgaben (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
Bei Förderentscheidungen werden bereits laufende und in anderen Bereichen geplante Forschungsprojekte berücksichtigt, um eine Parallelförderung zu vermeiden.

7. Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Koordinierung und Abwicklung dieser Fördermaßnahme hat das BMBF seinen
Projektträger im DLR
Gesundheitsforschung
Heinrich Konen-Str. 1
53227 Bonn
Tel.:  0228-3821-210 (Sekretariat)
Fax:   0228-3821-257
E-Mail: gesundheitsforschung@dlr.de
beauftragt.

Ansprechpartner ist
Herr Dr. Detlef Böcking (detlef.boecking@dlr.de, Tel.: 0228 3821-118).

Vordrucke für förmliche Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von der förmlichen Förderanträge (s. 7.22) wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen
Weitere Informationen und Erläuterungen sind beim Projektträger erhältlich.

7.2  Zweistufiges Förderverfahren

Das Verfahren ist 2-stufig angelegt.

7.2.1  Vorlage von Projektskizzen mit umfassender Vorhabenbeschreibung

Zunächst sind dem Projektträger bis
  11. August 2006
Projektskizzen in schriftlicher Form (Original plus 15 Kopien) und elektronischer Form auf dem Postweg vorzulegen.  Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Projektanträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Projektskizzen, die im Umfang 15 Seiten (incl. Anlagen, Schriftgrad 12) nicht überschreiten dürfen, sollen das Vorhaben umfassend beschreiben. Sie müssen zu folgenden Punkten Aussagen enthalten:

-  Thema, Projektleiter/in, Kooperationspartner,
-  Zielsetzung, Konzeption und Realisierbarkeit der geplanten Diskursmaßnahmen,
-  Bezug zur aktuellen gesellschaftlichen Diskussion,
-  Kurzbeschreibung des internationalen Wissensstandes,
-  Design und Methodik für das Vorhaben,
-  Eigene Vorarbeiten, Qualifizierung des Projektleiters / der Projektleiterin und der beantragenden Einrichtung, ggf. Beschreibung der Zusammenarbeit mit ausländischem Partner,
-  Zeitplan,
-  Finanzierungsplan,
-  Erfüllung der Bewertungskriterien gemäß Nr. 4 dieser Richtlinien (“Zuwendungsvoraussetzungen”).

Es steht den Antragstellern frei, weitere Punkte anzufügen, die ihrer Auffassung nach für eine Beurteilung ihres Vorschlages von Bedeutung sind.

Es wird dringend empfohlen, vor der Vorlage einer Projektzskizze mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Eine Vorlage per Fax oder E-Mail ist nicht möglich.

Die Projektskizzen werden unter Beteiligung eines Kreises unabhängiger Gutachter und Gutachterinnen einmalig bewertet. Die Bewertungskriterien ergeben sich aus Nr. 4 dieser Richtlinien (“Zuwendungsvoraussetzungen”).
Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt.  Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

Aus der Vorlage von  Projektskizzen können keine Rechtsansprüche abgeleitet werden.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Projektskizzen aufgefordert einen förmlichen Förderantrag vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Datum der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Berlin, den 24.04.2006

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Roesler