Richtlinien zur Förderung von europäischen Forschungsprojekten zu neurodegenerativen Erkrankungen

vom 18.01.2008 - Abgabetermin: 07.04.2008
 

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 10 vom 18.01.2008


1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck


Unter den vielen Erkrankungen, welche die menschliche Gesundheit beeinträchtigen können, sind die des zentralen Nervensystems eine der Hauptursachen für Morbidität, Mortalität und Beeinträchtigung der Lebensqualität. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (World Health Report 2001) leiden weltweit mehr als eine Milliarde Menschen unter Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems. In Europa werden annähernd ein Drittel aller Krankheitskosten durch Hirnerkrankungen verursacht. Aufgrund der zunehmenden mittleren Lebenserwartung der Gesellschaft insbesondere in den Industrieländern wird der Anteil der Personen mit neurodegenerativen Erkrankungen weiter steigen. Die Erforschung dieser Erkrankungen und die Übertragung der Forschungsergebnisse in eine verbesserte Diagnose und Therapie sind daher von höchster Priorität.

Aus diesem Grund wurde das durch die Europäische Kommission geförderte Netzwerk ERA-Net NEURON („Network of European Funding for Neuroscience Research“) gegründet, das die Forschungsaktivitäten und -programme der beteiligten europäischen Länder auf dem Gebiet der krankheitsbezogenen Neurowissenschaften koordinieren soll.

Im Rahmen von NEURON haben sich die folgenden Partnerorganisationen zusammengeschlossen, um eine erste gemeinsame Maßnahme zur Förderung transnationaler kooperativer Forschungsprojekte im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen des zentralen Nervensystems zu implementieren:

- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Deutschland
- National Research Agency (ANR), Frankreich
- Medical Research Council (MRC), Großbritannien
- Chief Scientist Office, Ministry of Health (CSO-MOH), Israel
- National Research Fund (FNR), Luxemburg
- Austrian Science Fund (FWF), Österreich
- Ministry of Science and Higher Education (MNiSW), Polen1
- National Authority for Scientific Research - Ministry of Education, Research and Youth (ANCS - MECT), Rumänien
- Swedish Research Council (SRC), Schweden
- Ministry of Education and Science (MEC), Spanien
- Institute of Health Carlos III (ISCIII), Spanien

Mögliche weitere Partner:
- Academy of Finland (AKA), Finnland2
- Ministry of Health (MOH), Italien3

Mit der vorliegenden Fördermaßnahme wird das Ziel verfolgt, die Expertise und Ressourcen einschlägig qualifizierter Arbeitsgruppen aus den oben genannten Ländern zusammenzuführen. Durch gemeinsame kooperative Forschungsansätze sollen Fortschritte im Verständnis, bei der Diagnose und der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen des zentralen Nervensystems erzielt und Synergieeffekte ermöglicht werden, die allein auf nationaler Ebene nicht zu erreichen sind.

Die Fördermaßnahme wird zeitgleich durch die Förderorganisationen im jeweiligen Land durchgeführt und zentral durch ein gemeinsames NEURON-Sekretariat koordiniert. Für die eigentliche Umsetzung der nationalen Teilvorhaben in einem Verbund gelten die jeweiligen nationalen Richtlinien.

1.2. Rechtsgrundlagen

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Ziel der Bekanntmachung ist die Förderung von transnationalen Verbundvorhaben zu bedeutenden Fragen auf dem Gebiet menschlicher neurodegenerativer Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Fragestellungen, die sich auf cerebrovaskuläre Erkrankungen beziehen (z. B. Schlaganfall), sind nicht Gegenstand der Förderung. Gefördert werden können Vorhaben, die die gesamte Breite von Forschungsansätzen von der Untersuchung grundlegender Krankheitsmechanismen bis hin zu klinischen Studien (bis zu Phase 2, „proof-of-concept“) umfassen. Insbesondere soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Arbeitsgruppen gefördert werden sowie translationale Forschungsansätze, bei denen Grundlagenforschung mit klinischen Fragestellungen kombiniert werden. Die Vorhaben sollen mindestens eines der folgenden Forschungsgebiete abdecken:

a) Grundlagenorientierte Forschungsansätze im Bereich der Pathogenese und Ätiologie neurodegenerativer Erkrankungen. Gefördert werden kann z. B. die Entwicklung besonders innovativer oder gemeinsam verwendeter Ressourcen und Technologien. Der Krankheitsbezug muss dabei deutlich dargestellt werden.

b) Forschungsansätze zur Entwicklung neuer Verfahren zur (Früh-) Diagnose, Therapie oder Rehabilitation auf dem Gebiet neurodegenerativer Erkrankungen. Vorhaben können beispielsweise die Identifikation, Charakterisierung und Validierung von biologischen Markern oder Targets, die Entwicklung innovativer Screening-Verfahren, die Generierung neuer Modellsysteme sowie Gen- oder Zelltherapie umfassen. Klinische Studien können bis zum „proof of concept“ (bis zur Phase 2) gefördert werden.

Die Teilprojekte eines Verbundvorhabens sollen komplementär sein und innovative ehrgeizige Ideen verfolgen. Von der Kooperation wird ein Synergieeffekt erwartet. Daher muss aus den Projektanträgen der zusätzliche Nutzen der transnationalen Zusammenarbeit klar hervorgehen.

Zur Bearbeitung der geplanten Projekte sollen drei bis fünf einschlägig qualifizierte Forschungsgruppen aus mindestens drei der in Absatz 1.1. aufgeführten Länder in einem Verbund kooperieren.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind als deutsche Verbundteilnehmer staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, ggf. auch Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken) sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Es werden nur transnationale Forschungsverbünde gefördert, eine gemeinschaftliche Bewerbung aller Verbundteilnehmer wird vorausgesetzt. Arbeitsgruppen, die nicht aus einem dort aufgeführten Land stammen, können ggf. an einem Verbundprojekt teilnehmen, sofern die Finanzierung ihrer Teilnahme anderweitig gesichert ist. Dazu ist im Antrag darzulegen, ob diese Finanzierung bereits gesichert ist oder wie sie bis zum geplanten Beginn des gemeinsamen Projektes gesichert werden soll. Sofern die Beteiligung solcher Arbeitsgruppen als essenziell für den wissenschaftlichen Erfolg des beantragten Forschungsprojektes betrachtet wird, müssen die betreffenden Arbeitsgruppen über den Verbundkoordinator den Nachweis der entsprechenden finanziellen Ressourcen vor der endgültigen Förderentscheidung vorlegen.

Die Zusammensetzung des Verbundes soll den Forschungszielen des geplanten Projektes angemessen sein und die notwendige kritische Masse zur Erreichung ehrgeiziger Ideen sicherstellen. Der Mehrwert internationaler Kooperation muss klar erkennbar sein.

Antragsteller müssen durch einschlägige Vorarbeiten in Forschung und Entwicklung zu neurodegenerativen Erkrankungen des zentralen Nervensystems ausgewiesen sein. Von den transnationalen Forschungsverbünden wird ein großer Einfluss auf den wissenschaftlichen Fortschritt bzw. die Krankenversorgung auf dem Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen erwartet.

Für das geplante Projekt muss ein Koordinator benannt werden, der den Verbund nach außen hin repräsentiert und für das interne Verbundmanagement verantwortlich ist. Dies beinhaltet beispielsweise das Abfassen von Berichten, Controlling, Öffentlichkeitsarbeit und die Sicherstellung von Urheberrechten. Ansprechpartner für die jeweilige nationale Förderorganisation sind die Teilprojektleiter, die aus dem entsprechenden Land kommen.

Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden. Informationen zur EU-Förderung können hier abgerufen werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen an die deutschen Verbundteilnehmer können als Projektförderung für einen Zeitraum von in der Regel bis zu 3 Jahren als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt werden. Mit einem Förderbeginn ist zu Beginn des Jahres 2009 zu rechnen.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100 % gefördert werden können.

Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Vorhabens - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung - grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten - vorausgesetzt.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden für die deutschen Verbundteilnehmer die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden für die deutschen Verbundteilnehmer grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE Vorhaben (NKBF 98).

7. Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen


Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen
Projektträger im DLR für das BMBF
- Gesundheitsforschung -
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Tel.: 0228 3821-210
Fax: 0228 3821-257
Internet: www.pt-dlr.de
beauftragt.

Vorhabensbeschreibungen für die transnationalen Verbundprojekte (s. 7.2.1) sind beim NEURON-Sekretariat für die gemeinsame Bekanntmachung einzureichen:

Ansprechpartner ist Dr. Rainer Loose, (Tel.: 0228 3821-200, e-mail: rainer.loose(at)dlr.de).

Während die Vorhabensbeschreibung eines Verbundprojektes von den Teilprojektleitern aus den unterschiedlichen Ländern gemeinschaftlich eingereicht wird, erfolgt die Förderung der erfolgreichen Verbünde getrennt nach Teilprojekten von der jeweiligen Förderorganisation, bei der die Mittel beantragt werden, nach den Richtlinien dieser Förderorganisation. Es wird daher dringend empfohlen, vor Antragstellung mit den jeweiligen nationalen Förderorganisationen Kontakt aufzunehmen.

7.2 Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig, es findet aber nur ein fachlicher Begutachtungsschritt unter Beteiligung externer Experten statt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Vorhabenbeschreibungen

In der ersten Stufe ist dem NEURON-Sekretariat (Anschrift s. oben) zunächst eine Vorhabensbeschreibung für das beabsichtigte Verbundvorhaben über den jeweils vorgesehenen Verbundkoordinator

bis spätestens zum 7. April 2008

in elektronischer und schriftlicher Form (1 unterschriebenes Original + 4 Kopien) vorzulegen. Im Hinblick auf die internationale Begutachtung und die international ausgerichtete Struktur des Förderschwerpunktes ist die Vorhabensbeschreibung in englischer Sprache vorzulegen.

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Vorhabenbeschreibungen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Vorlage wird dringend die vorherige Kontaktaufnahme mit dem NEURON-Sekretariat empfohlen. Eine Vorlage per "electronic mail" oder Telefax alleine ist nicht möglich.

Die Vorhabensbeschreibung soll dem Gutachtergremium eine abschließende fachliche Stellungnahme erlauben. Sie ist nach dem Leitfaden für Antragstellung im Rahmen der Förderinitiative „Förderung von europäischen Forschungsprojekten zu neurodegenerativen Erkrankungen“ zu strukturieren und anhand der dafür vorgesehenen Antragsbögen ("Proposal template") zu erstellen. Aus der Vorlage einer Vorhabensbeschreibung kann kein Rechtsanspruch abgeleitet werden.

Das NEURON-Sekretariat wird, zusammen mit den jeweiligen nationalen Förderorganisationen, alle Vorhabenbeschreibungen auf die Einhaltung der formalen Vorgaben hin prüfen (z. B. Abgabedatum, Anzahl der beteiligten Länder, Einschluss aller notwendigen Angaben in Englisch). Anträge, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden zurückgewiesen. Außerdem wird das NEURON-Sekretariat die Vorhabenbeschreibungen auf inhaltliche Eignung prüfen. So werden z. B. Vorhabenbeschreibungen zu cerebrovaskulären Erkrankungen ausgeschlossen. Vorhabenbeschreibungen, die den formalen und inhaltlichen Kriterien entsprechen, werden einem international besetzten Gutachtergremium weitergeleitet.

Die gemeinschaftliche vorgelegten Vorhabensbeschreibungen werden unter Beteiligung eines international besetzten Gutachtergremiums vor allem nach den folgenden Kriterien bewertet:

1. Relevanz der beantragten Projekte bezüglich der Ziele der Bekanntmachung
2. Wissenschaftliche Qualität (innovatives Potential, Methodik)
3. Internationale Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Forschungsgruppen auf dem Gebiet neurodegenerativer Erkrankungen (einschlägige Vorarbeiten, Expertise)
4. Durchführbarkeit (Angemessenheit des Arbeits- und Zeitplans, der beantragten Mittel, vorhandener Ressourcen)
5. Qualität der wissenschaftlichen Interaktion zwischen den Arbeitsgruppen und Mehrwert durch die Kooperation sowohl auf wissenschaftlicher Ebene als auch hinsichtlich der Transnationalität
6. Potential der erwarteten Ergebnisse für eine zukünftige klinische Nutzung und andere gesundheitsrelevante Fragestellungen

Das wissenschaftliche Gutachtergremium wird eine Liste der förderwürdigen Anträge aufstellen. Basierend auf diesen Empfehlungen werden die nationalen Förderorganisationen die für eine Förderung geeigneten Verbundvorhaben auswählen. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

Die jeweiligen deutschen Interessenten werden bei positiver Bewertung eines beantragten kooperativen Forschungsprojektes in einer zweiten Verfahrensstufe unter Angabe eines Termins aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag für die entsprechenden Arbeitspakete im Verbundprojekt vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Vordrucke für die einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 11.01.2008

Bundesministerium für Bildung und Forschung
im Auftrag
Dr. Gabriele Hausdorf

1Für die Durchführung der Fördermaßnahme ist das National Centre for Research and Development (NCBiR) verantwortlich.
2Vorbehaltlich der Zustimmung der finnischen Research Councils der Academy of Finland im Februar 2008.
3Vorbehaltlich der formalen Zustimmung des Ministry of Health im Februar 2008.