Risiko für Herzrhythmusstörungen rechtzeitig erkennen

Münchner Forscher haben Genvarianten entdeckt, die Aufschluss über das individuelle Risiko für Herzrhythmusstörungen geben könnten.

Diese Varianten verändern die elektrischen Ströme im Herzen - sie beeinflussen das so genannte QT-Intervall. Ein verlängertes QT-Intervall gilt als eine Hauptursache für Herzrhythmusstörungen. Der Wert lässt sich im EKG ablesen und gibt an, wie schnell das Herz nach einem Herzschlag in seinen Ruhezustand zurückkehrt.

Von einer seltenen vererbten Form von Herzrhythmusstörungen, dem so genannten Long QT-Syndrom, war bereits bekannt, dass genetische Faktoren die Erregungsrückbildung am Herzen beeinflussen. Im Falle des Long QT-Syndroms handelt es sich dabei um sporadisch  auftretende Mutationen überwiegend in Genen, die Bauanleitungen für Kalium-Ionenkanäle tragen. Betroffene Menschen leiden meist schon im Kindesalter an Anfällen mit sehr schnellem und unkontrolliertem Herzschlag. Ihr Herz pumpt nicht mehr ausreichend Blut in das Gehirn, und sie können das Bewusstsein verlieren. Länger anhaltendes Herzrasen führt häufig zum Tod.

Die Arbeitsgruppe von Privatdozent Stefan Kääb an der Ludwig-Maximilians-Universität München analysierte jetzt zusammen mit dem Team von Professor Thomas Meitinger an der Technischen Universität München, ob auch andere, häufiger auftretende genetische Varianten das QT-Intervall beeinflussen. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN). Bei den untersuchten Varianten handelt es sich um so genannte single nucleotide polymorphisms (SNPs). SNPs zeichnen sich dadurch aus, dass nur ein einziger Gen-Buchstabe verändert ist. Sie finden sich gleichmäßig verteilt im gesamten Erbgut des Menschen. „SNPs haben meistens keine unmittelbar ersichtlichen Auswirkungen auf die Proteinfunktion, sondern wirken eher modulierend“, erklärt Kääb. „Sie lösen daher im Gegensatz zu den bekannten, seltenen genetischen Varianten nicht gleich eine Erbkrankheit aus. Vielmehr können sie das Entstehen einer Krankheit begünstigen oder ihren Verlauf beeinflussen.“

Wer ist gefährdet?
Die Münchner Forscher griffen für ihre Forschungsarbeit  auf die Daten der KORA*-Studie zurück, die von 1999 bis 2001 im Raum Augsburg unter Leitung von Professor H.-Erich Wichmann durchgeführt wurde. Kääb und seine Mitarbeiter untersuchten bei 689 Personen, ob SNPs in den Genen für Kalium-Ionenkanäle mit auffälligen QT-Werten einhergehen. Hatten sie einen solchen Zusammenhang entdeckt, überprüften sie ihn in einer Kontrollgruppe. Für vier SNPs zeigten sie auf diese Weise, dass der QT-Wert tatsächlich beeinflusst wird und dass sich ihre Effekte summieren, wenn sie zusammen vorkommen. Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob diese SNPs das Risiko für Herzrhythmusstörungen tatsächlich erhöhen. „Wenn sich unsere Ergebnisse bestätigen, könnten wir anhand der genetischen Varianten das individuelle Risiko für Herzrhythmusstörungen abschätzen und rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen einleiten“, hofft Kääb.

* KORA steht für Kooperative Gesundheitsforschung in Augsburg

Ansprechpartner:
PD Dr. Stefan Kääb
Ludwig-Maximilians-Universität München
Klinikum Großhadern
Medizinische Klinik und Poliklinik I
Marchioninistraße 15
81377 München
Tel.: 089/7095-3049
Fax: 089/7095-6076
E-Mail: stefan.kaab@med.uni-muenchen.de

Im Nationalen Genomforschungsnetz arbeiten Forscher aus unterschiedlichen Fachrichtungen eng zusammen, um Krankheitsursachen zu erkennen
und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Mehr Informationen im Internet unter: www.ngfn.de