Aktuelle nationale und internationale Leitlinien empfehlen zur routinemäßigen Behandlung von Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem Dickdarmkarzinom vor der Operation entweder eine Bestrahlung oder eine kombinierte Radiochemotherapie, die sogenannte neoadjuvante Therapie. Laut aktueller Literatur führt die neoadjuvante Therapie nur selten zum Wiederauftreten des Karzinoms am selben Ort (Rezidiv). Da jedoch nicht die Bildung von Fernmetastasen verhindert wird, verbessert sie nicht die Überlebenschancen der Betroffenen. Zudem birgt sie das Risiko akuter und chronischer Nebenwirkungen. So beeinträchtig die neoadjuvante Therapie die postoperative Funktionsfähigkeit von Darm, Blase und Sexualorganen – in der Folge können insbesondere Stuhlinkontinenz und Impotenz die Lebensqualität der Betroffenen reduzieren.
Ziel der SELREC-Studie ist es zu zeigen, dass bei der Behandlung eines lokal fortgeschrittenen Dickdarmkarzinoms mit geringem Rezidivrisiko (und ohne Fernmetastasen) auf eine neoadjuvante Therapie verzichtet werden kann.
Sollte die Studie bestätigen, dass eine direkte Operation ohne vorhergehende neoadjuvante Behandlung der neoadjuvanten Behandlung mit anschließender Operation nicht unterlegen ist, sind praxisverändernde Auswirkungen zu erwarten. Eine Vermeidung der neoadjuvanten Therapie bei einem beträchtlichen Anteil der Betroffenen könnte deren Lebensqualität, das 3-Jahres-Gesamtüberleben sowie das krankheitsfreie Überleben verbessern. Darüber hinaus könnte das Gesundheitssystem erhebliche Kosten einsparen.