Dezember 2022

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Asthma: Aufschlussreiche Spuren im Blut

Bei Asthma-Kranken sind bestimmte Immunzellen, die B-Gedächtniszellen, im Blut erhöht. Das haben Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) herausgefunden. Dies könnte helfen, Entzündungen der kleinen Atemwege leichter festzustellen.

Rote Blutkörperchen

Patrouilleure im Blut: Bei schwerem Asthma finden sich weniger unreife B‑Zellen im Blut der Patientinnen und Patienten als bei gesunden Personen.

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B-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Immunsystems. Auf der Suche nach Krankheitserregern patrouillieren sie im Blut. Bindet ein Erreger an ein Molekül auf der B-Zell-Oberfläche, werden die Immunzellen aktiviert und produzieren Antikörper, um den Eindringling zu eliminieren. Unreife B-Zellen sind Immunzellen, die noch keinen Kontakt zu einem Krankheitserreger hatten.

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Die DZL-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler fanden heraus, dass bei schwerem Asthma weniger unreife B‑Zellen im Blut der Patientinnen und Patienten vorhanden sind als bei gesunden Personen. Bei Patienten, die eine verschlechterte Lungenfunktion und entzündete kleine Atemwege aufwiesen, kam besonders häufig eine hoch spezialisierte Form von B-Zellen vor, sogenannte IgA-positive B-Gedächtniszellen. IgA – Immunglobulin A – ist eine Antikörperklasse, die hauptsächlich bei der Abwehr von Krankheitserregern, die über die Schleimhäute eintreten, eine Rolle spielt. Auch Patientinnen und Patienten mit häufigen Asthmaanfällen wiesen vermehrt IgA-positive B-Gedächtniszellen auf.

Wie B-Zellen reifen

B-Zellen entwickeln sich im Knochenmark und wandern von dort ins Blut. Mithilfe spezifischer Rezeptoren auf ihrer Oberfläche können sie Bakterien und Viren erkennen. Sobald ein Krankheitserreger an einen dieser Rezeptoren bindet, werden die B-Zellen aktiviert. Diese Aktivierung ist auch als Reifeprozess bekannt. Er sorgt dafür, dass B-Zellen sich verstärkt teilen. Sie entwickeln sich zu Plasmazellen, die hochspezifische Antikörper produzieren. Die Antikörper binden die Krankheitserreger und leiten so deren Bekämpfung ein. Ein Teil der B-Zellen wandelt sich in B-Gedächtniszellen um. Sie dienen dem Immunsystem als Informationsspeicher. Bei einer erneuten Infektion mit demselben Erreger können sie sich schneller in Plasmazellen verwandeln und die passenden Antikörper produzieren.

Asthma ist mehr als eine Erkrankung

Für ihre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Untersuchung analysierten die Forschenden klinische Daten und Blutproben von mehr als 180 Patientinnen und Patienten und gesunden Kontrollpersonen des ALL Age Asthma Cohort (ALLIANCE)-Registers. Dieses Register wurde bereits in der ersten Förderperiode des DZL gegründet und umfasst mittlerweile mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten sowie gesunde Probandinnen und Probanden aller Altersklassen. Ziel ist es, die Mechanismen der vielen unterschiedlichen Verläufe von Asthmaerkrankungen aufzuklären und so gezielte Diagnosen und Therapien zu ermöglichen. Durch Voruntersuchungen im Tiermodell wusste das Forscherteam bereits, dass eine asthmatische Erkrankung das sogenannte B-Zell-Repertoire im Blut beeinflusst, also wie viele reife und unreife B-Zellen zirkulieren und welche Klassen von Antikörpern sie produzieren.

Immunzellen-Repertoire als Diagnoseoption

Die mit den Patientendaten erzielten Ergebnisse bieten nun die Chance, Entzündungen der kleinen Atemwege anhand des B-Zell-Repertoires zukünftig besser zu erkennen. In diesem Bereich der Lunge gibt es bislang wenig andere Diagnoseoptionen, da eine Probennahme in den fein verzweigten Atemwegen in der Regel unmöglich ist. Die biologische Bedeutung des gefundenen Zusammenhangs zwischen IgA-positiven B-Gedächtniszellen und kleinen Atemwegen muss noch ergründet werden. Nichtsdestotrotz hoffen die Forscherinnen und Forscher, dass ihre Ergebnisse neue Wege für die Asthma-Therapie eröffnen.

Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL e. V.) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderter Zusammenschluss aus 29 führenden universitären und außeruniversitären Einrichtungen, die sich der Erforschung von Atemwegserkrankungen widmen. Im DZL wird die grundlagen-, krankheits- und patientenorientierte Forschung auf dem Gebiet der Lungenerkrankungen koordiniert und auf internationalem Spitzenniveau durchgeführt, um so die Translation grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in neue klinische Konzepte zur Verbesserung der Patientenversorgung zu beschleunigen.
Mehr Informationen: www.dzl.de

Originalpublikationen:

Habener A, Grychtol R, Gaedcke S, et al. IgA+ memory B cells are significantly increased in patients with asthma and small airways dysfunction [published online ahead of print, 2022 May 20]. Eur Respir J. 2022;2102130. DOI: 10.1183/13993003.02130-2021. Habener A, Happle C, Grychtol R, et al. Regulatory B cells control airway hyperreactivity and lung remodeling in a murine asthma model. J Allergy Clin Immunol. 2021;147(6):2281-2294.e7. DOI: 10.1016/j.jaci.2020.09.041

Pressekontakt:

Deutsches Zentrum für Lungenforschung e. V.
Alina Zidaric
Tel.: 0641 99-46718
E-Mail: contact@dzl.de