27.01.2021

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Corona: Neues Simulationsmodell bringt Klarheit über wirkungsvolle Maßnahmen

Was ist nötig und zugleich wirkungsvoll? Ein am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung entwickeltes Vorhersagemodell soll Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung Klarheit bringen, wann welche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie helfen.

Füße eines Mannes vor einem Absperrband, das auf einen Kachelboden geklebt wurde. Darüber steht „Bitte Abstand halten mind. 2 Meter“.

Abstand halten – nach wie vor ist diese Regel ein zentrales Element bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Jürgen Fälchle / Adobe

Trotz aller Fortschritte bei der Entwicklung von Impfstoffen: Im zweiten Jahr der weltweiten Corona-Pandemie ist ein entschiedenes, aber auch angemessenes Eingreifen zur Kontrolle der SARS-CoV-2-Infektionen wichtiger denn je. Die dazu erlassenen Beschränkungen und Schutzmaßnahmen sollten wirksam sein und von der Bevölkerung angenommen werden. Aber nicht zuletzt aufgrund ihrer wirtschaftlichen und psychosozialen Auswirkungen sollten Einschränkungen auf ein Mindestmaß begrenzt bleiben. Ein vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entwickeltes Vorhersagemodell soll helfen, diesen Spagat zu meistern.

„Unser Prognosetool ist als Werkzeug für Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung gedacht“, erläutert Prof. Dr. Michael Meyer-Hermann, Leiter der HZI-Abteilung System Immunologie und des Forschungsprojekts CoViDec. „Es kann an lokale Gegebenheiten angepasst werden und erlaubt eine Projektion der Auswirkungen von Maßnahmen auf der Basis individueller Entscheidungen in der Bevölkerung“.

Der aktuelle Stand der Technik wird mit diesem Tool um ein entscheidendes Element erweitert – Entscheidungsträger können im Vorfeld in Simulationen überprüfen, welche Maßnahmen erforderlich sind und ob sie am Ende wirkungsvoll sein werden. „Dies hilft nicht nur, notwendige Maßnahmen frühzeitig erkennen und ergreifen zu können, sondern auch, volkswirtschaftlichen Schaden durch unnötige, ineffektive oder zu lange aufrechterhaltene Maßnahmen abzuwenden“, so Meyer-Hermann.

Neu an diesem Tool ist die detaillierte Einbeziehung des menschlichen Verhaltens und der individuellen, unscharf getroffenen Entscheidungen mit Methoden aus der Regelungstechnik. Werden neue Daten in den Modellierungsrahmen eingegeben, lässt sich die Simulation an die dynamische Entwicklung der Pandemie anpassen. Dabei arbeitet das Team in Braunschweig auch an einer Erweiterung des zunächst auf einzelne Regionen beschränkten Modells auf größere geographische Räume. „Ein solcher Modellierungsrahmen kann in unterschiedlichen epidemiologischen Zusammenhängen von Bedeutung sein, aber auch bei der Modellierung gesellschaftswissenschaftlicher Belange“, ist Meyer-Hermann überzeugt. „Wir entwickeln ein Werkzeug, dass überall mit überschaubarem personellem und zeitlichem Aufwand eingesetzt werden kann.“ Ihre Erkenntnisse – und das Modell – werden die Forschenden frei und quelloffen zugänglich machen; eine erste Preprint-Veröffentlichung erfolgte im Dezember 2020 über die Online-Plattform medRxiv (https://doi.org/10.1101/2020.12.18.20248509).

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung öffnete zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie das Rapid Response Modul der „Richtlinie zur Förderung eines Nationalen Forschungsnetzes zoonotische Infektionskrankheiten“ für einen Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19. Ab dem 3. März 2020 konnten Forschende Anträge stellen, um zum Verständnis des Virus und dessen Ausbreitung beizutragen sowie um therapeutische und diagnostische Ansätze gegen COVID-19 zu entwickeln und um ethische, rechtliche und sozio-ökonomische Implikationen (ELSA) im Zusammenhang mit der Pandemie zu erforschen.

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