Februar 2017

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Das Herz wieder in den Takt bringen

Omega-3-Fettsäuren werden viele gesundheitsfördernde Effekte zugeschrieben. Auch bei Herzkrankheiten wie Vorhofflimmern sollen sie helfen. Forschende entwickeln ein neuartiges Medikament, das das natürliche Wirkprinzip dieser Fettsäuren imitiert.

Vorhofflimmern ist die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen. Allein in Deutschland leiden rund zwei Millionen Menschen darunter. Das Risiko steigt mit dem Alter an. Die Betroffenen nehmen die Erkrankung unterschiedlich wahr: Manche spüren gar nichts, andere beschreiben Symptome wie Herzrasen, Schwindelgefühl, Atemnot oder Brustschmerzen. Das Vorhofflimmern an sich ist nicht lebensbedrohlich. Ohne Therapie drohen jedoch schwerwiegende Folgen wie ein Schlaganfall.

Unter der häufigsten Herzrhythmusstörung, dem Vorhofflimmern, leiden in Deutschland rund zwei Millionen Menschen.

Unter der häufigsten Herzrhythmusstörung, dem Vorhofflimmern, leiden in Deutschland rund zwei Millionen Menschen.

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Beim gesunden Herzen sorgen spezialisierte Zellen für den reibungslosen Ablauf. Sie übertragen elektrische Signale in einer festgelegten Reihenfolge an die Herzmuskelkammern, sodass diese optimal zusammenarbeiten können. Bei Vorhofflimmern ist die Signalübertragung gestört, sodass der fein abgestimmte Rhythmus aus dem Takt gerät. Bislang wird die Erkrankung daher oftmals mit sogenannten antiarrhythmischen Medikamenten behandelt. Diese Wirkstoffe verlangsamen die unkoordinierte Erregung des Herzens und versuchen, es wieder in einen regelmäßigen Sinusrhythmus zu bringen. Diese Therapien sind jedoch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden.

Das Forschungsteam der Berliner Biotech-Firma OMEICOS Therapeutics setzt dagegen auf die herzschützende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren, die zum Beispiel in marinem Fischöl enthalten sind. „Es ist allgemein bekannt, dass Omega-3-Fettsäuren gegen Entzündungen wirken und einen positiven Effekt bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben“, sagt Kardiologe Robert Fischer, einer der Geschäftsführer von OMEICOS. „Unklar waren lange Zeit jedoch die molekularen Mechanismen hinter dieser Wirkung.“ Vor rund 15 Jahren haben Forscherinnen und Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) herausgefunden, dass nicht die Fettsäuren selbst herzschützend sind, sondern spezielle Metabolite, die der Körper als Zwischenprodukte des Stoffwechsels aus diesen Fettsäuren gewinnt.

Neuer Wirkstoff mit dreifachem Effekt

Die Firma OMEICOS, eine Ausgründung des MDC, will diese Metabolite nutzen, um einen neuartigen Wirkstoff gegen Vorhofflimmern zu entwickeln. Denn es reicht nicht aus, einfach Fischölkapseln einzunehmen. Die Stoffwechselwege, die für die Herstellung der Metabolite verantwortlich sind, können gestört sein. Zudem konkurrieren die Omega-3-Fettsäuren im Körper mit anderen Fettsäuren, sodass die positive Wirkung vermindert werden kann. „Ein weiteres Problem ist, dass die natürlichen Metabolite im Körper instabil sind“, erklärt Fischer. Für die Wirkstoffherstellung haben die Berliner daher eine optimierte Kopie der körpereigenen Substanz entwickelt. „Diese könnte den Patienten künftig in Form von Tabletten oder Kapseln verabreicht werden“, sagt Fischer.

Der neue Wirkstoff soll im Gegensatz zu den herkömmlichen Medikamenten gleich einen dreifach positiven Effekt haben. Die Präparate können zum einen die Erregbarkeit der Herzmuskelzellen herabsetzen, indem sie den Kalziumstoffwechsel positiv beeinflussen. Dieser reguliert die Kontraktion der Zellen und ist bei Vorhofflimmern gestört. Darüber hinaus soll die Substanz eine schützende Wirkung entfalten, indem sie die Herzmuskelzellen stärkt, sodass sie für Stresssituationen besser gewappnet sind. Zudem haben die Forscherinnen und Forscher in Experimenten zeigen können, dass der Wirkstoff gefährliche Veränderungen des Herzgewebes verhindert, die durch das Vorhofflimmern ausgelöst werden. Darüber hinaus haben sich bisher kaum Nebenwirkungen gezeigt.

Anwendung auch bei chronischen Entzündungen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass ihr Ansatz auch auf andere Erkrankungen wie chronische Entzündungen übertragbar ist. „Erste Ergebnisse gibt es bereits in experimentellen Modellen für Augenkrankheiten wie die altersbedingte Makuladegeneration“, sagt Fischer. Hier könnte der neue Wirkstoff etwa als Augentropfen verabreicht werden.

Anfang 2017 beginnen die ersten klinischen Studien zur Verträglichkeit des Präparats. Anschließend kann der Wirkstoff dann in einer zweiten Phase an Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern getestet werden. Wenn alles nach Plan läuft, könnte das neue Medikament in einigen Jahren auf dem Markt sein. Die ersten Pharmafirmen haben laut Fischer bereits bei OMEICOS angeklopft.

Ansprechpartner:
Dr. Robert Fischer
OMEICOS Therapeutics GmbH
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
030 9489-4810
r.fischer@omeicos.com
www.omeicos.com