Demenzen in der Hausarztpraxis: Fortbildungen gegen Tabuisierungen

Immer wieder bemängeln Spezialisten, dass Hausärzte die Diagnose „Demenz“ zu spät stellen. „Das hängt unter anderem damit zusammen, dass viele Mediziner das Thema Demenz tabuisieren“, erläutert Professor Dr. Hendrik van den Bussche vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Zusammen mit seinen Kollegen und Fachorganisationen wie der Alzheimer Gesellschaft hat er daher ein Fortbildungsprogramm entwickelt, das speziell Hausärzten aber auch Pflegekräften den Umgang mit Demenzpatienten erleichtern soll. Denn gerade Hausärzte sind für die Betroffenen in der Regel die ersten Ansprechpartner.


Training für mehr Offenheit
Mithilfe der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Fortbildung für Hausärzte ändern Mediziner ihre Einstellung zum Thema Demenz wesentlich, fand van den Bussche in Demenzen in der Hausarztpraxis: Fortbildungen gegen Tabuisierungen einem ersten Training mit über 50 Hausärzten heraus. Nach dem zweitägigen Trainingsprogramm maßen sie der Früherkennung einen höheren Stellenwert bei und empfanden es als befriedigender, Patienten mit Demenz zur Seite zu stehen. Außerdem stimmten deutlich mehr Ärzte der Aussage zu, als Hausarzt die Lebensqualität der Demenzkranken verbessern zu können.

In Zusammenarbeit mit nationalen und lokalen Experten in der Demenzversorgung entwickelten der Allgemeinmediziner und sein Team das Trainingsprogramm für Hausärzte, um Tabus im Umgang mit Demenzpatienten zu beseitigen. Die zweitägige Fortbildung enthält Vorträge und praktische Übungen, darunter auch Rollenspiele.  Die Teilnehmer erhalten dabei Informationen zur Diagnostik und Therapie von Demenzerkrankungen und erfahren, wie sie am besten mit Demenzpatienten umgehen und kommunizieren können. Ein weiterer Schwerpunkt dreht sich um Rechtsfragen und Konfliktmanagement sowie darum, die Angehörigen bestmöglich aufzuklären und zu beraten.

Die Kommunikation fördern - Tabus beseitigen
Wie sehr Tabus das Arzt-Patienten-Verhältnis prägen,  wenn es um Demenzen geht, ergab eine schriftliche Umfrage der Hamburger Wissenschaftler unter Hausärzten. Rund die Hälfte der Mediziner gab an, in Gesprächen über Demenz diesen Begriff oder den Terminus „Alzheimer“ gegenüber den Betroffenen zu vermeiden - auch wenn sie Wert darauf legen, die Patienten frühzeitig über ihre Erkrankung aufzuklären. Rund 70 Prozent der Ärzte informieren die Angehörigen detaillierter als die Patienten. Für die Tabuisierung gibt es verschiedene Gründe. Manche Allgemeinmediziner fühlen sich unsicher bei der Diagnose oder erwarten Unverständnis bei den Patienten. Andere wiederum wollen Konflikte vermeiden oder die Patienten vor Leid, Verunsicherung und Depressionen schützen. „Dieses Tabu verhindert oftmals, dass die Patienten rechtzeitig versorgt werden und die Angehörigen die bestmögliche Unterstützung erhalten“, folgert van den Bussche.

Die Angehörigen spielen auch bei der Diagnostik eine Rolle. Denn oft sind sie es, die dem Arzt einen Tipp geben, wenn sie bei ihren Verwandten Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit bemerken.