Februar 2016

| Newsletter 77

Europäisches Netzwerk unterstützt die internationale klinische Forschung

Bei vielen Fragestellungen ist es sinnvoll, dass internationale Teams gemeinsam klinisch forschen. Dafür müssen sie verschiedene Regularien berücksichtigen. Das europäische Netzwerk ECRIN unterstützt die Forschenden dabei.

ECRIN-Logo

Es ist eine Erfolgsgeschichte. Was vor mehr als 15 Jahren mit einem Gespräch zwischen einem deutschen Wissenschaftler und einem französischen Arzt begann, ist zu einem festen Bestandteil des europäischen Forschungsraumes geworden. „Wir sind mittlerweile eine anerkannte europäische Infrastruktur“, sagt Professor Dr. Jacques Demotes, einer der beiden Gründungsväter und heutiger Leiter des European Clinical Research Infrastructure Network, kurz ECRIN mit Sitz in Paris. „Wollen sich mehrere europäische Länder an einer Studie beteiligen, ist ECRIN die erste Anlaufstelle für die verantwortlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.“ Seit 2013 bildet dieses Netzwerk die Dachstruktur für international verbundene Koordinierungszentren klinischer Studien. Es ist als zwischenstaatlich gefördertes klinisches Forschungskonsortium fest in der europäischen Kommission verankert (s. blaue Infobox).

Das hilft den Forschenden in Europa, ihre klinischen Fragestellungen im großen Rahmen zu untersuchen. Es hilft aber vor allem den Patientinnen und Patienten – beispielsweise Menschen mit der seltenen Erkrankung Mukoviszidose. Für Betroffene kann schon eine Lungenentzündung lebensbedrohlich sein. In neun Ländern wird deshalb zurzeit getestet, ob die regelmäßige Behandlung mit bestimmten Antikörpern vor solchen Infektionen schützen kann. ECRIN hat die Forscherinnen und Forscher bei der Antragstellung dieser Studie unterstützt und begleitet sie bei der Durchführung. Deutschland koordiniert diese Studie.

Durchblick im Richtlinien-Dschungel

Viele weitere multinationale klinische Studien in Europa werden auch zukünftig die Gesundheitsforschung mit ihren Ergebnissen bereichern und die Grundlagen für eine bessere Versorgung liefern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ECRIN sind froh, dabei helfen zu können. Oft können sie auch eigenständig entwickelte Dienstleistungen anbieten.

„Wir haben gemeinsam mit der europäischen Organisation für Krebsforschung und -behandlung, kurz EORTC, ein besonderes Datenmanagement-Tool entwickelt, das die spezifischen Zertifizierungsrichtlinien der beteiligten Länder berücksichtigt“, berichtet Professor Dr. Christian Ohmann, der zweite Gründungsvater von ECRIN und ehemalige Leiter des Koordinierungszentrums für Klinische Studien in Düsseldorf. „Dieses Tool erleichtert den Forscherinnen und Forschern ihre tägliche Arbeit, denn damit sehen sie nun alle erforderlichen Dokumente auf einen Blick.“

Beratung und Ausbildung über Ländergrenzen hinweg ermöglichen europäischen Forscherinnen und Forschern aussagekräftige klinische Studien in großem Maßstab durchzuführen.

Beratung und Ausbildung über Ländergrenzen hinweg ermöglichen europäischen Forscherinnen und Forschern aussagekräftige klinische Studien in großem Maßstab durchzuführen.

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Forschung effizient fördern

Aber hauptsächlich treibt ECRIN die Vernetzung öffentlich geförderter klinischer Forschung auf europäischer Ebene voran. Das Ziel ist, eine gesamteuropäische Ausrichtung von nationalen Zentren für Klinische Studien zu ermöglichen und die einzelnen Fördermaßnahmen zu verzahnen. Dafür müssen die nationalen Fördermaßnahmen die europäischen Vorgaben an die Projektleitung und ihre Umsetzung berücksichtigen. Die Mitgliedsländer beteiligen sich dabei sehr aktiv an dieser Gestaltung der Zusammenarbeit.

„Man muss allerdings bedenken, dass der Aufbau der nationalen Netzwerke in den Mitgliedsländern sehr unterschiedlich weit fortgeschritten ist“, sagt Ohmann. „In Deutschland haben wir ein sehr gut etabliertes Netzwerk Klinischer Studienzentren. Den Grundstein dafür hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit seinen nachhaltig angelegten Fördergeldern gelegt.“

Das weiß auch Dr. Christine Kubiak. Sie leitet den Bereich „Capacity“ bei ECRIN. Das heißt, sie kümmert sich um Struktur und Ausbau. Ihre Aufgabe ist es, die nationalen Netzwerke zu unterstützen und neue Partnerländer ins Boot zu holen. „Mit der Schweiz und Norwegen haben wir zuletzt zwei forschungsaktive und intern gut organisierte Partner hinzugewonnen“, so Kubiak.

Ergänzend zu diesem Aufbau kümmert sich Prof. Dr. Christoph Schuhmacher aus Deutschland im operationalen Arm von ECRIN direkt um die einzelnen Forschungsprojekte mit ECRIN-Beteiligung. Er pflegt den Kontakt zu den klinischen Leitern. „Neben der praktischen Hilfe bei der Umsetzung eines klinischen Forschungsprotokolls über nationale Landesgrenzen hinweg ist die Beratung von Kolleginnen und Kollegen bei der Strukturierung eines qualitativ hochwertigen Forschungsantrages unsere Stärke“, sagt Schuhmacher.

Unterstützt wird Schuhmacher von sogenannten Europäischen Korrespondenten. Das sind im Studiengeschäft ausgewiesene Experten, die die länderspezifischen Besonderheiten kennen und alle erforderlichen Unterlagen an die ausführenden Partnereinheiten im Land vermitteln.

„Europa möchte als Staatenunion auf dem kompetitiven Weltmarkt klinischer Forschung bestehen“, so Demotes. „ECRIN trägt einen großen Teil zu dieser Entwicklung bei.“

ECRIN

Das europäische Studiennetzwerk ECRIN ist eine Infrastruktur, welche die Ländergrenzen in der klinischen Forschung in Europa aufbricht. Das Ziel von ECRIN ist, die Qualität und Effizienz multinationaler klinischer Studien in Europa zu verbessern. Dafür legt ECRIN internationale Qualitätsstandards für die Studien an und trägt mit der anschließenden Begleitung zur Qualitätssicherung in der europäischen Forschung bei. Nationale Netzwerke klinischer Studienzentren und andere vorhandene Studieninfrastrukturen werden auf europäischer Ebene dank ECRIN vernetzt. ECRIN unterstützt darüber hinaus die Planung und Durchführung multinationaler klinischer Studien mit ganz konkreten Dienstleistungsangeboten wie beispielsweise Beratung und Ausbildung für Forschende und Sponsoren.ECRIN ist mit sechs Mitgliedsländern gestartet: Frankreich, Deutschland, Spanien, Portugal, Italien, Ungarn. Das Netzwerk ist offen für weitere Länder. Für die Türkei und Tschechien läuft das Verfahren zur Aufnahme. Norwegen und die Schweiz wollen demnächst auch dazustoßen. Außerhalb Europas bestehen Kooperationsvereinbarungen mit dem Nationalen Gesundheitsinstitut in den USA, dem NIH, und einem koreanischen Studiennetzwerk. Die Geschäftsstelle von ECRIN befindet sich in Paris.ECRIN ist ein Beispiel für nachhaltige europäische Projektförderung: Nach erfolgreichen Förderrunden im europäischen Rahmenprogramm gehört es mittlerweile zur europäischen Infrastruktur. Das Geld hierfür kommt aus den Mitgliedsbeiträgen der Mitgliedstaaten. Der Mitgliedsbeitrag von Deutschland wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit jährlich rund 350.000 Euro finanziert. Mit diesen Mitteln wird auch die Stelle einer deutschen Ansprechperson von ECRIN, dem sogenannten Europäischen Korrespondenten finanziert.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christoph Schuhmacher
Clinical Operations Director
ECRIN
Paris BioPark
5 rue Watt
75013 Paris
France
0033 18005 8626
christoph.schuhmacher@ecrin.org