Förderrichtlinien zur Fördermaßnahme „Ethische, rechtliche und soziale Aspekte moderner Neurowissenschaften“

Nationale Bekanntmachung im Rahmen der trinationalen „Neuroethics Initiative“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Academy of Finland und den Canadian Institutes of Health Research vom 21.04.2007 - Abgabetermin: 31.08.2007

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 76 vom 21.04.2007.

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1  Zuwendungszweck

Die Neurowissenschaften zeigen derzeit eine außerordentlich dynamische und innovative Entwicklung sowohl auf den eher Grundlagen-orientierten Ebenen, wie auch auf verschiedenen anwendungsbezogenen Ebenen. Die zu erwartenden Ergebnisse dieser Forschung versprechen einerseits erhebliche Fortschritte u. a. beim grundlegenden Verständnis des Gehirns und menschlicher Denkprozesse sowie der Therapie von neurologischen und neurodegenerativen Krankheiten, haben aber gleichzeitig auch das Potential grundsätzliche Änderungen des Verständnisses von Denk- und Steuerungsvorgängen des Menschen zu bewirken. Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung haben möglicherweise auch Auswirkungen auf das Verständnis des menschlichen Verhaltens, des sozialen Funktionierens und Interagierens und schließlich auf das menschliche Selbstverständnis als solches. Damit kommt der kritischen Reflexion und der Herausarbeitung von Kriterien für den adäquaten Umgang mit Forschungserkenntnissen aus dem Bereich, beziehungsweise mit Bezug zu den Neurowissenschaften eine große gesellschaftliche Bedeutung zu. Die hohe soziale Relevanz diese Themenfeldes wird unterstrichen durch das wachsende öffentliche Interesse an den oben dargestellten Fragestellungen und entsprechend vielfältigen gesellschaftlichen Diskussionsprozessen.

Vor diesem Hintergrund wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Deutschland im Rahmen seines Förderschwerpunktes „Ethische, Rechtliche und Soziale Aspekte der modernen Lebenswissenschaften“ einen engagierten Beitrag zur zügigen Entwicklung der „Neuroethik“ leisten. Die „Neuroethik“ soll sich von Anfang an interdisziplinär auf ethische, rechtliche und soziale Aspekte ausrichten. Sie soll die substantiellen und oft kontrovers diskutierten Impulse aus dem naturwissenschaftlich/ medizinischen Bereich in interaktiver Herangehensweise aufnehmen und mit ihrem spezifischen Forschungsinstrumentarium sowohl reflektierend als auch analysierend und normativ bearbeiten. Wichtige Fachdisziplinen in diesem Feld sind damit neben den geisteswissenschaftlichen Fächern auch die rechtswissenschaftlichen, gesellschaftswissenschaftlichen, erziehungswissenschaftlichen sowie insbesondere auch die naturwissenschaftlich/ medizinischen und medizintechnisch/ ingenieurwissenschaftlich arbeitenden Fachrichtungen.

Im Rahmen seiner Internationalisierungsbemühungen strebt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Stärkung einschlägiger Forschungszusammenarbeiten deutscher und ausländischer Wissenschaftler an. Vor diesem Hintergrund werden die vorliegenden Förderrichtlinien eingebettet in die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, der „Academy of Finland“ (AF, www.aka.fi) und den „Canadian Institutes of Health Research“, vertreten durch das „Institute of Neuroscience, Mental Health and Addiction“ (CIHR-INMHA, www.cihr-irsc.gc.ca) getragene „Neuroethics Initiative“. Zentrales Ziel dieser trinationalen Initiative ist die Realisierung einer gemeinsamen Fördermaßnahme und Förderung transnationaler Verbundvorhaben zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten moderner Entwicklungen in den Neurowissenschaften („Neuroethik“).

Zu diesem Zweck wurde von den drei genannten Förderorganisationen ein gemeinsamer englischsprachiger Ausschreibungstext herausgegeben, der unter http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/en/1592.php im Internet eingesehen werden kann. Er bildet die Grundlage der vorliegenden Bekanntmachung. Es wird dringend empfohlen den englischsprachigen Ausschreibungstext im Sinne einer zielführenden internationalen Konzeption von Verbundanträgen zu beachten. Die Förderausschreibung wird zeitgleich von allen Partnern in den jeweiligen Ländern bekannt gegeben. Für die eigentliche Umsetzung und Förderung der nationalen (Teil-)Projekte gelten die jeweiligen nationalen Richtlinien.

Die Fördermaßnahme verfolgt folgende Ziele:
- Die Förderung multi- und interdisziplinärer Verbundforschungsprojekte im Bereich “Neuroethik” in den drei oben genannten Ländern, die auf neuere Entwicklungen in den Neurowissenschaften ausgerichtet sind.
- Die Anregung von Forschungsaufenthalten der an den Verbundforschungsprojekten beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in die Partnerländer.
- Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses innerhalb der Verbundforschungsprojekte.
- Die Förderung des schnellen Austausches neuer wissenschaftlicher Ergebnisse der „Neuroethik“-Forschung innerhalb der beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Personen der interessierten Öffentlichkeit.

1.2. Rechtsgrundlagen
Vorhaben, die in Deutschland durchgeführt werden sollen, können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung
In Übereinstimmung mit den oben genannten Förderzielen sollen kooperative und interdisziplinär ausgerichtete Forschungsprojekte zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten in den modernen Neurowissenschaften, insbesondere in der Psychopharmakologie sowie den modernen Bildgebungsverfahren, gefördert werden.

Zur Bearbeitung solcher kooperativer Forschungsprojekte sollen sich leistungsfähige Teams bilden, die sich aus zwei oder mehr entsprechend qualifizierten Forschungsgruppen aus mindestens zwei der an der „Neuroethics-Initiative“ teilnehmenden Länder zusammensetzen. Von der Kooperation wird ein Synergieeffekt erwartet. Daher muss aus den Projektanträgen der Wille zur aktiven Kommunikation, zur interdisziplinären Zusammenarbeit und der daraus resultierende Nutzen hervorgehen. Gruppen- bzw. Geschlechtsspezifische Fragestellungen sollen, wo relevant und möglich, berücksichtigt werden.

Für die transnationalen kooperativen Forschungsanträge können unter anderem folgende Themengebiete in Frage kommen:
- Forschung zu den Auswirkungen moderner neurowissenschaftlicher Forschung auf traditionelle philosophische Probleme, Konzepte and Theorien über fundamentale Aspekte der Natur des Menschen, wie z. B. das Verhältnis zwischen Geist und Gehirn, die Natur des Bewusstseins, des Selbstbewusstseins und der personelle Identität sowie den freien Willen;
- Forschung zu rechtlichen Aspekten und den Auswirkungen der Umsetzung neurowissenschaftlichen Wissens, z. B. auf Entscheidungsprozesse;
- Forschung zu ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekten bezüglich der Verbesserung menschlicher Fähigkeiten;
- Forschung zu sozialen und kulturellen Veränderungen, die durch neurowissenschaftliches Wissen und seine Anwendung herbeigeführt werden.

3. Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind in Deutschland staatliche und nicht-staatliche Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und ausnahmsweise Forschungseinrichtungen, die den Status eines Unternehmens der gewerblichen Wirtschaft haben. Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen
Die Antragsteller müssen durch wissenschaftliche Vorarbeiten ausgewiesen sein und eine hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit mitbringen. Es wird eine gemeinschaftliche Bewerbung der Partner eines transnationalen Konsortiums vorausgesetzt. Die Zahl der teilnehmenden Arbeitsgruppen sollte den Zielen des Antrags angemessen sein.
Für das gemeinschaftlich beantragte Projekt muss ein/eine Projektkoordinator/in benannt werden, der/die das Konsortium nach außen hin repräsentiert und für das interne Management des Konsortiums verantwortlich ist. Ansprechpartner für die jeweilige nationale Förderorganisation sind die Arbeitsgruppenleiter, die in dem jeweiligen Land arbeiten.
Die Bereitschaft der Projektpartner zur Zusammenarbeit muss in dem Antrag dokumentiert werden. Die Förderung eines deutschen Teilprojektes innerhalb eines transnationalen Konsortiums kann nur erfolgen, wenn die Förderung der anderen Teilprojekte in den Partnerländern ebenfalls gesichert ist.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
Die Zuwendungen können als Projektförderung für einen Zeitraum von in der Regel bis zu 3 Jahren als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt werden. Beantragt werden können Personal- und Sachmittel einschließlich Mittel für Reisen (Besuch wissenschaftlicher Konferenzen und mindestens halbjährliche interne Konsortiumstreffen) sowie ggf. projektbezogene Investitionen, die nicht der Grundausstattung des Antragstellers zuzurechnen sind.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbedingten Kosten), die individuell bis zu 100 % gefördert werden können.
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Vorhabens - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung - grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten - vorausgesetzt. Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen.

Zu einem Wissenschaftleraustausch innerhalb eines Konsortiums z. B. als drei- bis sechsmonatiger Gastaufenthalt in Finnland oder Kanada wird ausdrücklich ermutigt. Er kann durch die Übernahme von Reise- und Unterbringungskosten im Rahmen des Bundesreisekostengesetzes gefördert werden.

6.  Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

7.  Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen Projektträger

Projektträger im DLR
Gesundheitsforschung
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Telefon: 0228 3821-210
Telefax: 0228 3821-257

beauftragt.
Ansprechpartner ist Herr Dr. P. Südbeck (Tel. 0228 3821-216, peter.suedbeck@dlr.de)
Es wird dringend empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

7.2 Förderverfahren
Das Förderverfahren ist zweistufig, es findet aber nur ein fachlicher Begutachtungsschritt unter Beteiligung von externen Gutachtern statt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Vorhabenbeschreibungen
In der ersten Stufe ist dem Projektträger (Anschrift s. oben) für die gemeinsame Bekanntmachung zunächst eine Vorhabenbeschreibung für das gesamte beabsichtigte kooperative Forschungsprojekt (einschließlich aller Teilprojekte, sowie aller Annexe (siehe unten) über den/ die jeweils vorgesehene/n Projektkoordinator/in

bis spätestens zum 31. August 2007

in zwei schriftlichen Exemplaren (zusätzlich pdf-Datei auf CD) auf dem Postweg vorzulegen. Im Hinblick auf die internationale Begutachtung und die international ausgerichtete Struktur des Förderschwerpunktes ist die Vorhabenbeschreibung in englischer Sprache vorzulegen. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Vorhabenbeschreibungen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Vorlage wird dringend die vorherige Kontaktaufnahme mit dem Projektträger für die gemeinsame Bekanntmachung empfohlen. Eine Vorlage per „electronic mail“ oder Telefax ist nicht möglich.

Die Vorhabenbeschreibung soll dem Gutachterkreis eine abschließende fachliche Stellungnahme erlauben und ist nach folgendem Schema zu strukturieren:
1. Deckblatt mit Name und Adresse des/der Konsortiumskoordinators/in, Namen und Adressen aller Teilprojektleiter/innen, sowie deren Unterschriften, die die Bereitschaft zur Zusammenarbeit dokumentieren.
2. Zusammenfassung der gemeinsamen Vorhabenbeschreibung (maximal 1 Seite, 12 pt, Zeilenabstand 1,5).
3. Gemeinsame Vorhabenbeschreibung mit einer allgemeinen Beschreibung des Gesamtvorhabens einschließlich Thema, Aussagen zu Relevanz und Einordnung in den Forschungskontext ELSA, der grundsätzlichen Herangehensweise, der Struktur des Konsortiums und der zu erwartenden Synergie des Gesamtvorhabens (maximal 12 Seiten, 12 pt, Zeilenabstand 1,5).
4. Für jedes Teilprojekt eine detaillierte Beschreibung des Arbeitsplans, der von der jeweiligen nationalen Forschungsgruppe durchgeführt wird, einschließlich Finanzierungsplan (pro Teilprojekt maximal 6 Seiten, 12 pt, Zeilenabstand 1,5).
5. Gemeinsamer Finanzierungsplan für das Gesamtkonsortium (maximal 2 Seiten).
6. Beschreibung der geplanten Weiterverbreitung der Forschungsergebnisse (maximal 1 Seite, 12 pt, Zeilenabstand 1,5).
7. Annex mit kurzem CV für jeden/jede Teilprojektleiter/in (maximal 3 Seiten einschließlich maximal 20 ausgewählten Publikationen).

Die gemeinschaftlich vorgelegten Vorhabenbeschreibungen werden unter Beteiligung eines international besetzten Gutachterkreises vor allem nach folgenden Kriterien bewertet:
- Relevanz des Antrags in Bezug auf die Ziele der Bekanntmachung
- Wissenschaftliche Qualität und Innovationskraft des Antrags
- Durchführbarkeit des Projektes (angemessenes Budget, Ressourcen, Zeitplan)
- Kompetenz der beteiligten Arbeitsgruppen
- Effektive Kommunikation und Zusammenarbeit der am Konsortium beteiligten Forscher sowie gemeinsamer Mehrwert der Zusammenarbeit
- Multi- und interdisziplinäre Dimension des Arbeitsplanes

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren
Bei positiver Bewertung eines beantragten kooperativen Forschungsprojektes werden die jeweiligen deutschen Interessenten in einer zweiten Verfahrensstufe unter Angabe eines Termins aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag für die entsprechenden Arbeitspakete im kooperativen Projekt vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Vordrucke für die dann einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems "easy" dringend empfohlen.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften (VV) zu §44 BHO sowie §§48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinien treten mit dem Datum des Erscheinens im Bundesanzeiger in Kraft.

Berlin, den 30.03.2007

Bundesministerium für Bildung und Forschung
im Auftrag
Dr. Roesler