Geschulter Blick in das schlagende Kinderherz - Zentrales Labor bietet Hilfe bei der Interpretation von Herzbildern

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 6.000 Kinder mit einem Herzfehler geboren. Einen genauen Einblick in die kleinen Herzen bietet die Magnet-Resonanz-Tomographie, kurz MRT. Welcher Herzfehler vorliegt und welche Behandlung für das Kind sinnvoll ist, wird oftmals aufgrund der MRT-Bilder entschieden. Doch nicht immer interpretieren alle Ärzte die Bilder richtig. Erstmals bietet nun eine Einrichtung des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler, das MRT Core Lab, die zentrale Auswertung von MRT-Bildern an – um Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Die Tochter der Sängerin Sarah Connor gehört dazu und auch der Fußballspieler Gerald Asamoah – beide kamen mit einem Herzfehler zur Welt. Angeborene Herzfehler – das heißt Fehlbildungen des Herzens oder der großen Gefäße, die schon bei der Geburt vorliegen – sind die häufigsten angeborenen Erkrankungen. In Deutschland leben schätzungsweise 300.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler. Die Herzfehler können sehr unterschiedlich sein: Das Spektrum reicht von leichten Fehlern, die das Herz-Kreislauf-System wenig beeinträchtigen, bis hin zu sehr schweren Herzerkrankungen, die unbehandelt tödlich sein können. Angeborene Herzfehler entstehen durch eine Störung in der Entwicklung des Embryos im ersten Drittel der Schwangerschaft.

Nicht die Aufnahme der Bilder, sondern ihre Deutung ist kritisch

Eine Untersuchungsmethode, um einen Herzfehler zu erkennen, die Leistungsfähigkeit des Herzens zu bestimmen und die Auswirkung des Herzfehlers auf den Körper zu untersuchen, ist die Magnet-Resonanz-Tomographie, kurz MRT oder auch Kernspin-Tomographie. Hierbei kann das schlagende Kinderherz ganz ohne Strahlung und Radioaktivität mithilfe eines Magnetfeldes detailliert abgebildet werden. „So können die behandelnden Ärzte erkennen, was für ein Herzfehler vorliegt, welche Behandlung sinnvoll ist und in regelmäßigen Abständen die Leistungsfähigkeit des Herzens kontrollieren“, erklärt Prof. Dr. Titus Kühne vom Deutschen Herzzentrum Berlin. Aber nicht immer ist es für die Ärzte einfach, die MRT-Bilder von Patienten mit einem angeborenen Herzfehler richtig zu interpretieren. Hierfür ist viel Erfahrung nötig. „Denn die Schwierigkeit liegt weniger in der Aufnahme der MRT-Bilder als in ihrer Auslegung. Eine Studie vom Kompetenznetz Angeborene Herzfehler hat gezeigt, dass sogar von erfahrenen Untersuchern MRT-Bilder zum Teil sehr unterschiedlich interpretiert werden“, sagt Dr. Samir Sarikouch von der Medizinischen Hochschule Hannover. Um die Fehlerquote bei der Deutung der Bilder zu verringern, wurde nun im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler eine zentrale Auswertestelle für MRT-Bilder von Patienten mit angeborenen Herzfehlern gegründet: das MRT Core Lab. Es ist angegliedert an die Medizinische Hochschule Hannover, das Deutsche Herzzentrum Berlin, das Herzzentrum Leipzig und das King’s College London.

Das MRT Core Lab bietet Kliniken an, ihre Herzbilder von Patienten mit angeborenen Herzfehlern an das zentrale Labor zu schicken. Dort wertet ein Team aus Radiologen, Kinderkardiologen und IT-Fachleuten, die speziell geschult wurden, die Bilder nach festgelegten Richtlinien aus und archiviert die Daten. Dr. Sarikouch: „So werden Unterschiede, die bei der Interpretation der Bilder je nach Untersucher entstehen, minimiert.“ Bundesweit haben sich bereits 16 Zentren an das MRT Core Lab angeschlossen, die ihre Bilddaten im Rahmen von klinischen Studien übermitteln. Mit der Zeit sollen so zahlreiche Bilddaten gesammelt werden, die direkt miteinander verglichen werden können. „Auf diese Weise werden uns zukünftig auch zu sehr seltenen angeborenen Herzfehlern viele Bilder und Messwerte zur Verfügung stehen. Diese Ergebnisse nutzen wir für die Erstellung von Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern“, erklärt Professor Kühne.

Wie groß und schwer ist ein Kinderherz?

Die medizinischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte haben die Lebensaussichten von Kindern mit angeborenen Herzfehlern deutlich verbessert: Heutzutage erreichen mehr als 90 Prozent der kleinen Patienten das Erwachsenenalter.
Durch die bundesweite Datensammlung im Kompetenznetz wurden erstmals auch Referenzwerte für herzgesunde Kinder entwickelt, eine Liste also, die anzeigt, wie groß und schwer die Herzen von gesunden Kindern eigentlich sein sollten. Diese erleichtert es Ärzten, Entscheidungen über die richtige Therapie für herzkranke Kinder zu treffen.
Zudem sollen für die Herzgröße von Neugeborenen und Säuglingen in einer internationalen Studie zum ersten Mal Referenzwerte bestimmt werden, auch auf der Basis von MRT-Bildern. Hier konnte sich das MRT Core Lab als zentrale Stelle für die Auswertung gegen fünf Mitbewerber aus den USA durchsetzen. „Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren besonders unsere guten Konzepte für den Datenschutz und unsere Erfahrungen bei der Erstellung von Referenzwerten im Kindes- und Jugendalter“, sagt Professor Kühne.

Kompetenznetz Angeborene Herzfehler

Seit Ende 2002 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Kompetenznetz Angeborene Herzfehler. Im Kompetenznetz arbeiten Ärzte und Wissenschaftler aus Kliniken, Forschungseinrichtungen und Rehabilitationskliniken zusammen, die Patienten mit angeborenen Herzfehlern betreuen. Ebenso eingebunden sind alle niedergelassenen Kinderkardiologen, einige Kardiologen sowie Elternverbände und Selbsthilfegruppen. Im Kompetenznetz werden zum Beispiel die Spätfolgen nach Operationen erforscht, neue Diagnostik- und Behandlungsverfahren entwickelt und Studien zur Therapie und Prävention von Funktionsstörungen der rechten Herzkammer organisiert. Die Ergebnisse werden gebündelt und fließen in Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern ein. Schirmherrin des Kompetenznetzes ist die Verlegerin Friede Springer, die Witwe von Axel Springer.

Am 05. Mai ist der „Tag des herzkranken Kindes“.

Ansprechpartnerin:
Wiebke Lesch
Kompetenznetz Angeborene Herzfehler
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Tel.: 030 400487-83
Fax: 030 400487-81
E-Mail: lesch@kompetenznetz-ahf.de