Gesundheitsökonomie

Die Mittel, die dem Gesundheitssystem zur Verfügung stehen, müssen wirkungsvoll eingesetzt werden. Nur so können sie möglichst allen Menschen helfen. Aufgabe der Gesundheitsökonomie ist es, hierzu eine wissenschaftlich fundierte Grundlage zu schaffen.

Patient mit Schulterbeschwerden im Gespräch mit einer Ärztin

Medizinische Behandlungen müssen wirkungsvoll und sicher sein – aber auch finanzierbar bleiben.

DLR Projektträger / BMBF

In unserem solidarisch geprägten Gesundheitssystem sind Ressourcen wie Zeit und Geld begrenzt. Gesundheitsleistungen müssen daher nicht nur wirkungsvoll und sicher sein, sondern auch finanzierbar bleiben. Doch wie lässt sich beurteilen, ob eine Therapie diesen Ansprüchen gerecht wird? Wie muss unser Gesundheitssystem aussehen, damit die Menschen auch in den kommenden Jahrzehnten optimal versorgt werden? Antworten auf Fragen wie diese bietet die gesundheitsökonomische Forschung. Sie beleuchtet das Angebot und die Nachfrage von Gesundheitsleistungen und sucht nach Wegen, diese gerecht zu verteilen. Das geschieht beispielsweise über belastbare Kosten-Nutzen-Analysen. Sie schaffen eine Grundlage für die Entscheidung, ob eine Leistung zukünftig von der Krankenkasse bezahlt werden sollte oder nicht.

Rund jeder Zehnte in Deutschland arbeitet im Gesundheitsbereich. Das Gesundheitssystem ist daher auch ein wichtiger Wirtschaftszweig. Im Gegensatz zu anderen großen Branchen – beispielsweise dem Tourismus oder der Elektroindustrie – ist das Gesundheitssystem in einem großen Umfang staatlich reguliert. So gibt es beispielsweise die Versicherungspflicht bei einer Krankenkasse und eine gesetzlich geregelte Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte.

Pfleger und Patientin im Krankenhaus

Das Gesundheitswesen ist ein großer Wirtschaftszweig. Etwa jeder zehnte Arbeitsplatz fällt in diesen Bereich.

DLR PT / BMBF

Gesundheitsökonomie in Deutschland

In den vergangenen 15 Jahren hat die Gesundheitsökonomie in Deutschland stark an Bedeutung gewonnen. Der medizinische Fortschritt hat die Nachfrage im Gesundheitssystem steigen lassen. Aufgrund des demographischen Wandels müssen zudem immer mehr Leistungsempfänger durch immer weniger Beitragszahler finanziert werden. Die Zahl der Menschen mit chronischen Erkrankungen steigt ebenfalls mehr und mehr an. Diese Entwicklungen stellen unser Gesundheitssystems vor große Herausforderungen. In der Gesundheitsökonomie besteht daher großer Forschungsbedarf.

Vier Zentren der gesundheitsökonomischen Forschung

Um die Forschung in der Gesundheitsökonomie zu stärken, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Aufbau von vier gesundheitsökonomischen Zentren. In diesen wird das vorhandene Wissen des Fachbereiches konzentriert und im Hinblick auf gemeinsame Forschungsinteressen fokussiert. Die gesundheitsökonomische Expertise wird mit der medizinischen Forschung eng verknüpft. Ziel der Zentren ist es, eine hochwertige und leistungsfähige gesundheitsökonomische Forschung in Deutschland zu etablieren – die auch über Ländergrenzen hinweg anerkannt ist.

CINCH – Competence in Competition and Health (Universität Duisburg – Essen)

Das CINCH analysiert Wettbewerbsstrukturen im Gesundheitswesen. Dies geschieht mit Blick auf den Wunsch auf eine umfassende und qualitativ hochwertige Versorgung einerseits und der Begrenzung von Kosten und Versicherungsbeiträgen andererseits. Das Zentrum untersucht beispielsweise, wo Wettbewerb im Pflegebereich sinnvoll ist – und wo nicht.
So untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise, aus welchen Gründen sich Versicherte für ihre Krankenkasse entscheiden. Die Ergebnisse legen nahe, dass zusätzliche Angebote im Versorgungs- und Präventionsbereich nicht ausschlaggebend sind. Die Wahl wird vielmehr aufgrund der Beitragshöhe getroffen.

HCHE – Hamburg Center for Health Economics (Universität Hamburg/Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf)

Das HCHE entwickelt methodische Standards für die gesundheitsökonomische Forschung. Dadurch werden beispielsweise Ergebnisse, die durch unterschiedliche Forschungsgruppen gewonnen werden, miteinander vergleichbar. Darüber hinaus untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche Therapie bei einer bestimmten Erkrankung die bessere Option ist. So schaffen sie eine Grundlage für die Preisverhandlungen zwischen Hersteller und Krankenkassen – und ermöglichen so eine bessere Patientenversorgung bei vertretbaren Kosten. 

HECOR – Centre of Health Economics Research (Technische Universität Berlin, Charité, Steinbeis-Hochschule)

Das Berliner Zentrum beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Leistungen im deutschen Gesundheitssystem messen lassen. Die Forschungsgruppen entwickeln und prüfen beispielsweise Methoden, mit denen Wirksamkeit und Kosten einer medizinischen Leistung erfasst werden können.
Sie untersuchen zudem, welche Faktoren eine bedarfsgerechte Versorgung beeinflussen. So wertet ein Teilprojekt beispielsweise Befragungen der Bevölkerung aus, um persönliche und regionale Faktoren zu finden, die den Zugang zu medizinischen Leistungen erschweren könnten.

CHERH – Center for Health Economics Research (Leipniz Universität Hannover, Medizinische Hochschule Hannover)

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des CHERH analysieren unter anderem die Routinedaten der Gesetzlichen Krankenkassen. Mithilfe dieser Daten verschaffen sie sich beispielsweise einen Überblick darüber, unter welchen Umständen in Deutschland sogenannte Reserveantibiotika verschrieben werden. Reserveantibiotika werden dann eingesetzt, wenn die klassischen Antibiotika gegen den Krankheitserreger nichts mehr ausrichten können. Aufbauend auf ihren Erkenntnissen entwickeln Forschenden aus Hannover Empfehlungen für einen sachgerechten Umgang mit diesen wichtigen Medikamenten.