Fördermaßnahme

JPND TECHNOLOGIES

Veröffentlichung der Bekanntmachung: 2020
Förderzeitraum: 2021 - 2024
Gesamte Fördersumme: bis zu 3,2 Mio. Euro
Anzahl der Projekte: 12

Das BMBF ist Partner im EU-Programm zur Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen (EU Joint Programme - Neurodegenerative Disease Research (JPND)). Hier arbeiten EU-Mitglieds- und assoziierte Staaten sowie Kanada und Australien zusammen.

Das Ziel von JPND ist die europaweite Bündelung und Stärkung der Forschung im Bereich altersbedingter, neurodegenerativer Erkrankungen. Diese stellen gegenwärtig eine der größten medizinischen, sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen aller Industrienationen weltweit dar.
JPND ist Teil der „Joint Programming Initiativen“ (JPI). Das sind von den EU-Mitgliedsstaaten ins Leben gerufene und getragene Maßnahmen. Sie sind thematisch auf die globalen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte fokussiert.

Neurodegenerative Erkrankungen sind Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems, die stark mit dem Lebensalter zusammenhängen. Die Alzheimer Demenz und mit ihr verwandte Störungen sind die am häufigsten auftretenden neurodegenerativen Erkrankungen. In Europa sind zwischen 6,3 und 7,3 Millionen Menschen hiervon betroffen. Es wird erwartet, dass sich diese Zahl aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung alle 20 Jahre verdoppelt.

Die Technologien und Verfahren zur Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt, sowohl in der grundlagennahen, der klinischen als auch der patientenzentrierten Forschung. So hat sich die Nutzbarkeit von Bildgebungs- und Analyseverfahren wie beispielsweise Magnetresonanztomographie, Positro-nenemissionstomographie oder molekularer Bildgebung auf klinischer wie auch auf molekularer Ebene verbessert. Auch der Einsatz von Hirnstimulationstechniken wie beispielsweise der tiefen Hirnstimulation, der Neuromodulation oder der transkraniellen Gleichstromstimulation hat zugenommen. Das Potenzial dieser Methoden für neue und bessere Therapieansätze gilt es jedoch noch zu validieren.

Die Förderrichtlinie wird zeitgleich durch die Förderorganisationen der folgenden Länder herausgegeben:

  • Australien, National Health and Medical Research Council;
  • Belgien, Fund for Scientific Research;
  • Belgien, Research Foundation Flanders;
  • Dänemark, Innovation Fund Denmark;
  • Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung;
  • Frankreich, French National Research Agency;
  • Großbritanien, Medical Research Council;
  • Italien, Ministry of Health;
  • Kanada, Canadian Institutes of Health Research;
  • Lettland, State Education Development Agency;
  • Luxemburg, National Research Fund;
  • Niederlande, The Netherlands Organisation for Health Research and Development;
  • Norwegen, The Research Council of Norway;
  • Österreich, ministry of Education, Science and Research
  • Polen, The National Centre for Research and Development;
  • Schweden, Swedish Research Council;
  • Schweiz, Swiss National Science Foundation;
  • Spanien, National Institute of Health Carlos III;
  • Türkei, Scientific and Technological Research Council of Turkey;
  • Ungarn, National Research, Development and Innovation Office.


1. Ziele der Fördermaßnahme

Ziel der Fördermaßnahme ist die Förderung einer begrenzten Anzahl ambitionierter, innovativer, multinationaler und multidisziplinärer Verbundprojekte, die einen Beitrag zur Entwicklung neuer Technologien und Verfahren sowie zur Erforschung fortschrittlicher Anwendungsmöglichkeiten der Gehirnbildgebung und -stimulation bei neurodegenerativen Erkrankungen leisten.

Gefördert werden ausschließlich Vorhaben zu neurodegenerativen Erkrankungen, z.B. der Alzheimererkrankung und anderen Demenzen, Parkinsonerkrankung und mit Parkinson verwandte Erkrankungen, Prionenerkrankungen, Huntington-Krankheit, Motoneuronerkrankungen, Spinozerebelläre Ataxie (SCA) oder Spinale Muskelatrophie (SMA).


2. Stand der Fördermaßnahme

Die „Richtlinie zur Förderung von Zuwendungen zur Entwicklung neuer Technologien und Verfahren der Gehirnbildgebung und -stimulation bei neurodegenerativen Erkrankungen im Rahmen des European Joint Programme - Neurodegenerative Disease Research (JPND)“ wurden im Januar 2020 von den teilnehmenden JPND-Partnerländern veröffentlicht. Auf die Bekanntmachung gingen insgesamt 105 Projektskizzen ein. Hiervon wurden, nach einer wissenschaftlichen Bewertung, 35 Projektskizzen für einen Vollantrag ausgewählt. Die Begutachtung der 35 Vollanträge erfolgte durch ein internationales Expertinnen- und Expertengremium. Im September 2020 wurden daraufhin 12 multinationale Konsortien zur Förderung ausgewählt, darunter 12 deutsche Zuwendungsempfänger mit insgesamt rund 3,2 Mio. Euro.  

Einzelprojekte

Technische Komponenten

Förderkennzeichen: 01ED2107
Gesamte Fördersumme: 381.063 EUR
Förderzeitraum: 2021 - 2024
Projektleitung: Prof. Dr. Matthias Günther
Adresse: Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin (MEVIS)
Am Fallturm 1
28359 Bremen

Technische Komponenten

Neuartige Biomarker, die den Ausbruch der Krankheit zuverlässig erkennen, bevor klinische Symptome auftreten, sind für die Erforschung der Alzheimer-Krankheit (AD) von entscheidender Bedeutung. Eine der frühesten pathologischen Veränderungen bei AD ist der Verlust der Integrität der Blut-Hirn-Schranke (BHS), die mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) direkt abgebildet und kartiert werden kann. Im Projekt DEBBIE entwickelt das Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS (FME) im Arbeitspaket 1 (AP1) die technischen Voraussetzungen für die MRT-Bildgebung zur Integrität der BHS. Dies erfolgt durch die Entwicklung einer sogenannten MR-Sequenz. Auf Grundlage des sogenannten Arterial Spin Labelling (ASL) wird eine Technik entwickelt, die die Messungen der Integrität der BHS robust gegenüber instrumenteller und physiologischer Variabilität macht, um somit einen nicht-invasiven Biomarker zur frühzeitigen Diagnostik von AD zu erlangen.

Konnektivitätsanalyse und erste klinische Erprobung

Förderkennzeichen: 01ED2104
Gesamte Fördersumme: 278.897 EUR
Förderzeitraum: 2021 - 2024
Projektleitung: Prof. Dr. Veerle Visser-Vandewalle
Adresse: Universität zu Köln, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum, Klinik für Stereotaxie und funktionelle Neurochirurgie
Kerpener Str. 62
50937 Köln

Konnektivitätsanalyse und erste klinische Erprobung

Die Parkinson’sche Erkrankung ist eine neurodegenerative Erkrankung des Gehirns, betrifft etwa 1% der Bevölkerung über 60 Jahre und führt zu Bewegungsarmut, Muskelstarre, Muskelzittern und Haltungsinstabilität sowie zu nicht-motorischen Symptomen wie Depression, Angst und Demenz. Die Erkrankung geht auf ein Absterben der Dopamin-produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra, einer Struktur im Mittelhirn zurück und ist nicht heilbar. Neben Krankengymnastik und medikamentöser Therapie wird in fortgeschrittenen Stadien häufig eine Tiefenhirnstimulation (DBS) eingesetzt. Hierbei werden Stimulations-Elektroden in tief gelegene Kerngebiete des Gehirns implantiert und damit die Hirnaktivität und die funktionelle Verschaltung der betroffenen Hirnregionen so moduliert, dass sich die Krankheitssymptome zurückbilden. Wie in einer Pilotstudie gezeigt wurde, kann eine Modulation der Hirnaktivität auch willentlich durch den Patienten selber hervorgerufen werden, indem die Hirnaktivität mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT) gemessen wird und dem Patienten die Annäherung an das gewünschte Muster angezeigt wird ("Neurofeedback"). Ziel des NEURIPIDES Verbundes ist die Entwicklung des fMRT-Neurofeedback als neues Therapieverfahren für die Parkinson’sche Krankheit. Zunächst werden die neuronalen Netzwerke und Hirnregionen identifiziert, die durch die DBS moduliert werden und daher für das Neurofeedback geeignet sind. Danach werden die Verfahren in einer kleinen Gruppe getestet und dann in einer größeren Gruppe von Patienten randomisiert gegen ein scheinbares Feedback als Placebo-Intervention getestet. Das deutsche Teilprojekt hat als Ziel die Bestimmung der Hirnregionen, die mit dem Stimulationsort der DBS (subthalamischer Kern) über Nervenzellfortsätze (Axone) in Verbindung stehen (strukturelle Konnektivität, Traktographie), die Etablierung des Neurofeedback mittels fMRT am Klinikstandort und die Untersuchung von Patienten im Rahmen der randomisierten Studie.

Gewebebasierte Untersuchung der Sensitivität und Spezifität neuer Sonden für die molekulare Bildgebung des gerinnungsfördernden Zustands bei Alzheimer

Förderkennzeichen: 01ED2103
Gesamte Fördersumme: 189.298 EUR
Förderzeitraum: 2021 - 2024
Projektleitung: Prof. Dr. Susanne Kossatz
Adresse: Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin
Ismaninger Str. 22
81675 München

Gewebebasierte Untersuchung der Sensitivität und Spezifität neuer Sonden für die molekulare Bildgebung des gerinnungsfördernden Zustands bei Alzheimer

Alzheimer (AD) ist die häufigste Form von Demenz und wahrscheinlich auch die verheerendste in Bezug auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen. Bisherige Behandlungsansätze konnten noch keinen Durchbruch bei der Behandlung von AD erzielen, was auch auf die multifaktorielle Natur der Krankheit zurückgeführt wird. Kürzlich erschienene Studien deuten darauf hin, dass AD durch einen pro-thrombotischen Zustand gekennzeichnet ist. Dies begünstigt die Bildung persistierender Fibringerinnsel, die zur Auslösung und zum Fortschreiten der Krankheit beitragen. Präklinische Studien deuten darauf hin, dass eine Langzeitbehandlung mit dem direkten Thrombininhibitor Dabigatran ein vielversprechender Ansatz für die Behandlung von AD-Patienten sein könnte. Da jedoch der pro-thrombotische Zustand nicht bei 100% der AD-Patienten vorhanden ist, und die Behandlung mit Antikoagulazien auch mit einem Risiko für intrakranielle Blutungen verbunden ist, müssen diejenigen AD-Patienten, die von dieser Art der Behandlung profitieren würden, sorgfältig identifiziert werden. Das Vorhaben zielt darauf ab, einen neuartigen nicht-invasiven bildgebenden Biomarker zu etablieren, um diesen gerinnungsfördernden Zustand bei AD zu identifizieren. Zu diesem Zweck setzt sich das für die Durchführung dieses Projekts versammelte Forschungskonsortium aus Experten für Neurowissenschaften, Biochemie, präklinische Bildgebung, Radiochemie und translationale Forschung zusammen. Alle Gruppen arbeiten an führenden europäischen Institutionen. Es werden molekularbiologische Ansätze in Kombination mit molekularen Bildgebungsinstrumenten verwendet, um eine geeignete Bildgebungssonde zum nicht-invasiven Nachweis der Fibringerinnsel in den Gefäßen, aber auch im AD-Gehirnparenchym zu entwickeln.

Elektrische Stimulation zur Identifizierung neuer Biomarker des Cortex-Basalganglien-Netzwerks

Förderkennzeichen: 01ED2101
Gesamte Fördersumme: 225.941 EUR
Förderzeitraum: 2021 - 2024
Projektleitung: Dr. Andreas Horn
Adresse: Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte, Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie
Charitéplatz 1
10117 Berlin

Elektrische Stimulation zur Identifizierung neuer Biomarker des Cortex-Basalganglien-Netzwerks

Das Dynasti Forschungs-Konsortium widmet sich der Erstellung von patientenspezifischen dynamischen Modellen zur Optimierung der Tiefen Hirnstimulation. Die Vision ist es, die derzeitige Praxis der Auswahl von Stimulationsimpulsbreite, -amplitude und -frequenz nach Trial-and-Error Verfahren durch eine modellbasierte, patientenspezifische Berechnung zu ersetzen. Dies wird erreicht, indem Erkenntnisse aus neuen klinischen Studien in individualisierte mathematische Modelle einfließen, die klinisch relevante DBS-Programmierwerkzeuge untermauern. Um die interdisziplinäre Natur des Optimierungsproblems zu reflektieren, setzt sich das Konsortium aus Neurologen, Elektro- und Steuerungsingenieuren, Informatikern, Bewegungswissenschaftlern und Neurochirurgen aus vier europäischen Ländern zusammen. In diesem Teilprojekt werden aus elektroenzephalographischen Aufzeichnungen berechnete evozierte Potenziale unter tiefer Hirnstimulation mit klinischen Verbesserungsscores und Netzwerkmaßen in Beziehung gesetzt, die aus strukturellen und funktionellen Neurobildgebungsdaten abgeleitet werden. So soll ein dynamisches und räumlich hochauflösendes optimales Konnektivitätsprofil berechnet werden, welches mit maximaler Symptomlinderung bei der Parkinsonerkrankung einhergeht.