Kampf dem Jo-Jo-Effekt

Viele haben diese Erfahrung schon gemacht: Abnehmen ist nicht einfach, aber das Gewicht anschließend zu halten ist meist noch schwieriger. Denn leider sind die mühsam verlorenen Pfunde oftmals ganz schnell wieder zurück auf den Hüften – der berühmte Jo-Jo-Effekt. Dennoch gibt es genug Menschen, die es schaffen, nach einer Diät ihr Gewicht dauerhaft zu halten. Wissenschaftler wollen nun diese Erfolgsgeschichten sammeln und daraus neue Nachsorgeprogramme zum Gewichthalten entwickeln.

Wie hast Du das nur geschafft? Wer Diät hält und anschließend den Jo-Jo-Effekt besiegt, wird von Freunden und Bekannten meist beneidet. Denn das Hauptproblem im Kampf gegen das Übergewicht besteht weniger darin, kurzfristig Gewicht zu verlieren, als vielmehr das reduzierte Gewicht auf Dauer zu halten. Auch anerkannte Programme zum Abnehmen scheitern häufig daran: „Unsere gängigen Therapieprogramme sind anscheinend nicht dafür geeignet, die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten von Übergewichtigen dauerhaft zu verändern und ihnen dabei zu helfen, ihr Gewicht zu stabilisieren“, bedauert Prof. Dr. Martina de Zwaan vom Universitätsklinikum Erlangen.

Deshalb macht sie sich gemeinsam mit Wissenschaftlern vom Kompetenznetz Adipositas auf die Suche nach Erfolgsrezepten für eine dauerhafte Gewichtskontrolle. „Hierzu befragen wir Menschen, die es geschafft haben, mindestens zehn Prozent ihres Körpergewichts abzunehmen und dieses reduzierte Gewicht nun mindestens ein Jahr halten“, so das Konzept von Professor de Zwaan. „Sie sollen uns ihre Tipps und Tricks verraten.“ Denn in der Allgemeinbevölkerung gibt es zahlreiche erfolgreiche Langzeitabnehmer: Fast einem Drittel der Adipösen in Deutschland, also der Übergewichtigen mit einem Body-Mass-Index von mehr als 30 kg/m2, gelingt es, ihr Körpergewicht auf Dauer zu verringern.

Neue Programme für ein stabiles Gewicht

Vermutlich schaffen es die meisten Langzeitabnehmer sogar allein, ihr reduziertes Gewicht zu halten. Dass viele gar kein komplexes Programm zur Gewichtsreduktion benötigen, gibt den Wissenschaftlern vom Forschungsverbund MAIN (Weight Loss Maintenance – Stabilisierung einer Gewichtsreduktion) zu denken. Professor de Zwaan denkt schon einen Schritt weiter: „Wir brauchen in Deutschland dringend innovative Strategien und langfristig angelegte Nachsorgeprogramme.“ Deshalb haben die Forscherinnen und Forscher mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine systematische Sammlung von Erfolgsrezepten initiiert: das Deutsche Gewichtskontrollregister.

Mithilfe des Registers möchten die Wissenschaftler vom Kompetenznetz Adipositas herausfinden, wie es Langzeitabnehmer schaffen, ihr Gewicht zu halten, den Jo-Jo-Effekt zu besiegen, Heißhungerattacken abzuwehren und mehr Bewegung in ihren Alltag zu bringen. Hierzu sollen zunächst 500 Freiwillige Fragen rund um ihre Diät, ihren Gewichtserhalt, Lebensqualität, Essverhalten und körperliche Aktivität beantworten. „Zudem interessiert uns, ob sie beim Abnehmen und Gewicht-halten Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld erhalten“, erklärt Professor de Zwaan. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden jährlich befragt, um Veränderungen in ihrem Verhalten und Gewicht zu erfahren. „Die Resonanz auf unser Register ist enorm. Bis jetzt haben schon mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren ersten Fragebogen ausgefüllt“, berichtet Professor de Zwaan. Die Ergebnisse sollen die Grundlage für neue und effizientere Programme zur Gewichtsstabilisierung sein.

Wer kann teilnehmen?

Am Deutschen Gewichtskontrollregister können alle teilnehmen,

  • deren aktuelles Gewicht mindestens zehn Prozent unter ihrem Höchstgewicht liegt,
  • die ihr Gewicht schon mindestens ein Jahr halten,
  • die absichtlich abgenommen haben und
  • mindestens 18 Jahre alt sind.

Weitere Informationen gibt es unter www.gewicht-halten.de oder per Telefon bei Antje Fröhlich vom Universitätsklinikum Erlangen unter 09131 85-44672.

Der Body-Mass-Index

Mit dem Body-Mass-Index, kurz BMI, lässt sich unterscheiden, ob eine Person unter-, normal-, übergewichtig oder adipös ist. Dabei wird das Körpergewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt. Für Erwachsene werden von der Weltgesundheitsorganisation WHO feste Grenzwerte zur Definition von Übergewicht und Adipositas empfohlen: Ab einem BMI von 25 kg/m2 oder mehr ist ein Erwachsener übergewichtig und ab einem BMI von 30 kg/m2 adipös.

Abnehmen per Operation – des Rätsels Lösung?

Lässt sich das Übergewicht nicht mehr durch konservative Methoden, also zum Beispiel eine Diät, in den Griff bekommen, bietet die Adipositas-Chirurgie für Übergewichtige oftmals den letzten Ausweg. „Zum Beispiel kann die Größe des Magens mithilfe eines Magenbands operativ verkleinert werden“, berichtet Dr. Tanja Legenbauer von der Ruhr-Universität Bochum. Sie leitet gemeinsam mit Prof. Dr. Stephan Herpertz eine Studie, die untersucht, wie sich Gewicht und Wohlbefinden von Adipösen nach einem solchen chirurgischen Eingriff verändern. „Adipöse Frauen und Männer sind häufig sowohl körperlich als auch seelisch in ihrer Lebensqualität eingeschränkt.“ Nach einer Operation ändert sich das: „Unsere Studie hat gezeigt, dass ein bis zwei Jahre nach einer OP depressive Symptome oftmals verschwunden sind und sich die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert hat“, sagt Dr. Legenbauer. Aber auch die chirurgischen Verfahren sind nicht immer langfristig von Erfolg gekrönt. „Wenngleich der Erfolg bei chirurgischen Eingriffen im Vergleich zu konservativen Maßnahmen deutlich höher liegt, so gibt es auch hier unzureichende Therapieverläufe. Etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten, die sich einer Adipositas-Operation unterziehen, können ihre angestrebte Gewichtsreduktion nicht erreichen“, erklärt die Expertin. In der Studie, die auch im Rahmen des Forschungsverbunds MAIN im Kompetenznetz Adipositas vom BMBF gefördert wird, wollen die Wissenschafter nun über einen Zeitraum von neun Jahren verfolgen, ob es genetische, psychosoziale und psychische Faktoren gibt, mit denen der Erfolg von verschiedenen Abnehmkonzepten, so auch von Operationen, vorhergesagt werden kann. „Wenn wir derartige Erfolgsprädiktoren identifizieren, können wir die Patientinnen und Patienten in Zukunft individueller beraten und die für sie geeignete Behandlungsmethode auswählen.“

Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Martina de Zwaan
Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung
Universitätsklinikum Erlangen
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen
Tel.: 09131 85-35928
E-Mail: martina.dezwaan@uk-erlangen.de