Nationale Wirkstoffinitiative

Ob zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten oder zur Behandlung chronischer Erkrankungen: Arzneimittel, die mit innovativen Wirkstoffen neue Therapien oder Präventionsmaßnahmen ermöglichen, werden dringend gebraucht.

Arbeiten im Labor

Arbeiten im Labor

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Forschung zu innovativen Wirkstoffen und die Entwicklung von Arzneimitteln sind entscheidende Voraussetzungen für den medizinischen Fortschritt und eine gute Gesundheit. Bedarf an neuen Wirkstoffen gibt es in vielen Bereichen.

Vom Molekül zur Medizin

Die Entwicklung neuer Arzneimittel von der ersten Idee bis zur Anwendung an Patientinnen und Patienten ist ein langer und aufwändiger Prozess. Am Anfang dieses Prozesses steht die Grundlagenforschung, deren Ergebnisse die Basis für die weitere Entwicklung eines Wirkstoffes bilden. Hier werden neue Mechanismen und Angriffspunkte im menschlichen Organismus für die Behandlung von Krankheiten identifiziert und auch erste Wirkstoffkandidaten generiert. Wichtigste Akteure in diesem frühen Stadium sind Forscherinnen und Forscher an Hochschulen, Kliniken, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und auch Biotechunternehmen. Mit ihren Forschungsarbeiten legen sie den Grundstein für den medizinischen Fortschritt in der Gesundheitsversorgung.

Anschließend muss der Wirkstoff weiterentwickelt werden: Die Wirksamkeit soll hoch und Nebenwirkungen sollen möglichst gering sein. Zudem ist eine passende Formulierung wichtig: Der Wirkstoff muss in einer passenden Form vorliegen, damit ihn Patientinnen und Patienten bestmöglich aufnehmen können – z.B. als Tablette, Zäpfchen oder Infusion. Diese späteren Schritte der Entwicklung werden vor allem durch pharmazeutische Unternehmen und Biotechunternehmen durchgeführt, da diese über die nötigen Infrastrukturen und Kenntnisse für die aufwändigen und teuren späteren Phasen der Wirkstoffentwicklung verfügen.

Am Ende des Wegs steht der Wirkstoff als wirksamer Bestandteil eines Arzneimittels zur Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten zur Verfügung. Dabei kann es sich bei dem Wirkstoff sowohl um ein kleines Molekül als auch um ein Biopharmazeutikum oder ein neuartiges Therapiekonzept handeln.

Die Herausforderung - Übertragung von Forschungsergebnissen in die medizinische Anwendung

Damit innovative Forschungsergebnisse auch in die medizinische Anwendung gelangen können, muss eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung geschlagen werden. Diese Übertragung (die sogenannte Translation) von Forschungsergebnissen von der akademischen in die industrielle Forschung und Entwicklung gelingt dabei nicht immer reibungslos. Neue Strategien sind daher notwendig, damit in Zukunft noch mehr gute Ideen aus der Grundlagenforschung bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) setzt sich für eine bessere Translation von Forschungsergebnissen in der Wirkstoffforschung ein. Als wichtigen Schritt hat das BMBF die Arbeitsgruppe „Wertschöpfungskette“ innerhalb des Forums Gesundheitsforschung damit beauftragt, Innovationshemmnisse in der Wirkstoffentwicklung zu identifizieren und entsprechende Lösungsansätze zu erarbeiten („Strategien zur Überwindung von Hürden der Wertschöpfungskette in der Gesundheitsforschung“).

Das Forum Gesundheitsforschung empfiehlt eine frühzeitige Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure der Wirkstoffentwicklung. Die Kommunikation und Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und regulatorischen Behörden muss gestärkt werden. Ein Prozess, der durch die Nationale Wirkstoffinitiative unterstützt wird.

„Targetvalidierung für die pharmazeutische Wirkstoffentwicklung“

Eine der wichtigsten Grundlagen für die Wirkstofffindung ist die Wahl des Ansatzpunktes (engl. Target) für den neuen Arzneistoff. Für die spätere Überführung der Forschungsergebnisse in die pharmazeutische Entwicklung muss dieses Target mit industrierelevanten Methoden bestätigt (validiert) werden. Diese Targetvalidierung ist für die spätere medizinische Anwendung der Forschungsergebnisse unabdingbar. Der Förderschwerpunkt „Targetvalidierung für die pharmazeutische Wirkstoffentwicklung unterstützt akademische Forschergruppen und kleine Unternehmen darin, ihre Targetvalidierung nach industriellen Standards durchzuführen. Dabei wird der Austausch zwischen Akademia und Industrie gefördert und ein Leitfaden erstellt, in dem die industriellen Standards der Targetvalidierung zusammengefasst und schlussendlich allen Forschern zur Verfügung gestellt werden.

Wirkstoffe gegen Infektionserkrankungen

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Neben nicht übertragbaren chronischen Erkrankungen gefährden vor allem Infektionskrankheiten in zunehmendem Maße unsere Gesundheit. Die vermehrte Resistenzentwicklung von Krankheitserregern gegenüber antiinfektiven Wirkstoffen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die weltweite Gesundheitssituation dar. Hierbei entwickeln infektiöse Erreger wie Viren oder Bakterien Ausweichstrategien gegen die zur Behandlung von Infektionen eingesetzten Medikamente und machen diese dadurch unwirksam. Vor allem im Bereich der Antibiotika, welche gegen bakterielle Erreger eingesetzt werden, erschweren diese Resistenzen immer häufiger die Behandlung. Der Mangel an wirksamen Antibiotika birgt auch große Risiken für die Intensivmedizin, Routineoperationen und die Behandlung von immungeschwächten Patientinnen und Patienten: Hier werden begleitende Infektionen immer häufiger zu einem großen Problem.

Im Rahmen der Nationalen Wirkstoffinitiative sollen daher Forschung und Entwicklung im Bereich der Antiinfektiva, insbesondere zu Antibiotikaresistenzen, gestärkt werden, um auch künftig Patientinnen und Patienten mit qualitativ hochwertigen und innovativen Medikamenten versorgen zu können („Kleine Erreger- große Gefahr – Warum Forschung für wirksame Antibiotika so wichtig ist“). Das BMBF engagiert sich für dieses Thema innerhalb der Nationalen Wirkstoffinitiative mit zwei Förderrichtlinien:

„Förderung von Diagnostika und neuartigen Therapien zur Behandlung bakterieller Infektionen“

Die Maßnahme „Förderung von Diagnostika und neuartigen Therapien zur Behandlung bakterieller Infektionen“ adressiert gleich zwei wichtige Bereiche. Zum einen werden Vorhaben gefördert, die die Entwicklung neuer Diagnostika für den zielgerichteten Einsatz von Antibiotika zum Ziel haben. Nur wenn sich bakterielle Infektionen schnell und genau nachweisen lassen, können vorhandene Therapeutika spezifisch eingesetzt und die Entstehung von Resistenzen reduziert werden. Zum anderen wird die Entwicklung neuartiger Therapien zur Behandlung bakterieller Infektionen gefördert. Die Wirkung dieser Therapeutika soll auf innovativen, neuen Mechanismen beruhen und sich damit von bereits zur Verfügung stehenden Antibiotika unterscheiden.

„Wirkstoffentwicklung auf Basis von Naturstoffen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten“

Mit der Förderung von Forschungsvorhaben auf dem Gebiet hat das BMBF eine weitere Maßnahme für die Entwicklung neuer Antiinfektiva initiiert. Eine Vielzahl von Arzneimitteln beruht auf Naturstoffen, die ursprünglich aus unterschiedlichen Pflanzen, Pilzen, Tieren oder Mikroorganismen gewonnen wurden. Die Natur hat diese Stoffe über Jahrmillionen auch auf ihre antiinfektiven Eigenschaften hin optimiert. Damit sind sie eine hervorragende Ausgangsbasis für die Entwicklung potenter Antiinfektiva und sollen in dieser Maßnahme von Forschern genutzt werden, um auch weiterhin die Behandlungsmöglichkeiten für Infektionskrankheiten aufrechtzuerhalten und zu erweitern.