Oktober 2019

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Neue Spur: Schützt Intervallfasten vor Diabetes?

Intervallfasten verbessert die Empfindlichkeit für Insulin und kann vor einer Fettleber schützen. Nun fanden DZD-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler heraus, dass Intervallfasten bei Mäusen auch das Fett der Bauspeicheldrüse reduziert.

Eine Fettleber kann nicht nur durch erhöhten Alkoholkonsum entstehen.  Auch andere Faktoren, wie Vorerkrankungen und bestimmte Ernährungsgewohnheiten können dazu führen, dass die Leber verfettet. Schätzungen zufolge leiden circa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung der westlichen Industriestaaten unter einer nicht alkoholbedingten Fettlebererkrankung. Studien deuten darauf hin, dass Intervallfasten helfen kann, das Fett in der Leber zu reduzieren.

Anders als bei der Fettleber ist über die durch Übergewicht entstehende Fettansammlung in der Bauchspeicheldrüse weniger bekannt. Wie wirkt sie sich auf den Ausbruch von Typ-2-Diabetes aus? Kann Intervallfasten helfen, auch das Fett in der Bauchspeicheldrüse abzubauen? Diese Fragen untersuchten Professorin Annette Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) und Sprecherin des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), und Professor Tim J. Schulz mit ihrem Forschungsteam am DIfE. Dabei entdeckten sie, dass übergewichtige und für Diabetes anfällige Mäuse eine große Ansammlung von Fettzellen in der Bauchspeicheldrüse aufweisen. Zum Vergleich: Mäuse, die trotz eines hohen Gewichts aufgrund ihres Erbguts gegen Diabetes gefeit sind, haben kaum Fett in der Bauchspeicheldrüse, dafür aber in der Leber. „Fettansammlungen in Organen wie Leber, Muskeln oder gar den Knochen wirken sich negativ auf diese Organe und den gesamten Körper aus“, erklärt Schürmann. So können Körperzellen weniger stark auf das blutzuckersenkende Hormon Insulin reagieren und eine Insulinresistenz ausbilden. Welchen Einfluss Fettzellen innerhalb der Bauchspeicheldrüse haben, war bisher noch unklar.

Lichtmikroskopische Aufnahme der Bauchspeicheldrüse einer gesunden Maus. Die insulinproduzierenden Zellen in den sogenannten Langerhans-Inseln sind hellrosa gefärbt. Fettzellen sind nicht erkennbar.

Lichtmikroskopische Aufnahme der Bauchspeicheldrüse einer gesunden Maus. Die insulinproduzierenden Zellen in den sogenannten Langerhans-Inseln sind hellrosa gefärbt. Fettzellen sind nicht erkennbar.

DIfE

Lichtmikroskopische Aufnahme der Bauchspeicheldrüse einer diabetesanfälligen Maus. Die Fettzellen sind weiß, und die insulinproduzierenden Zellen in den sogenannten Langerhans-Inseln sind mit schwarzen Pfeilen markiert.

Lichtmikroskopische Aufnahme der Bauchspeicheldrüse einer diabetesanfälligen Maus. Die Fettzellen sind weiß, und die insulinproduzierenden Zellen in den sogenannten Langerhans-Inseln sind mit schwarzen Pfeilen markiert.

Katarzyna Bialasiewicz/Thinkstock

Intervallfasten lässt Fett der Bauchspeicheldrüse schmelzen

Das Forschungsteam teilte die dicken, für Diabetes anfälligen Tiere in zwei Gruppen. Die erste Gruppe durfte so viel fressen, wie sie wollte. Die zweite Gruppe erhielt eine Intervallfastenkur: Einen Tag bekamen die Nager unbegrenzt Futter und am nächsten Tag bekamen sie bis auf Wasser nichts. Nach fünf Wochen konnten die Forscherinnen und Forscher Unterschiede in den Bauchspeicheldrüsen der Mäuse sehen: In der ersten Gruppe reicherten sich Fettzellen an. Die Tiere mit den Fastentagen hatten hingegen kaum Fetteinlagerungen in der Bauchspeicheldrüse.

Intervallfasten

Intervallfasten – auch intermittierendes Fasten genannt – bedeutet, in bestimmten Zeiträumen auf Essen zu verzichten. Wasser, ungesüßter Tee und schwarzer Kaffee sind dagegen rund um die Uhr erlaubt. Das Intervallfasten kann in verschiedenen Formen durchgeführt werden. Die 16:8-Methode ist die bekannteste Form des Intervallfastens: Acht Stunden pro Tag darf gegessen werden, in den übrigen 16 Stunden wird gefastet.
Beim 5:2-Fasten wird an fünf Tagen in der Woche ohne größere Einschränkungen gegessen, während die Nahrungsaufnahme an zwei Tagen auf eine geringe Menge von etwa 500–600 Kilokalorien begrenzt ist.

Fettzellen stimulieren Ausschüttung von Insulin

Um herauszufinden, wie Fettzellen die Funktion der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen könnten, isolierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Schürmann und Schulz erstmals Fettvorläuferzellen aus der Bauchspeicheldrüse von Mäusen und ließen sie im Labor zu reifen Fettzellen ausdifferenzieren. Wurden die reifen Fettzellen anschließend zusammen mit Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse inkubiert, die die insulinbildenden Zellen enthalten, setzten diese verstärkt Insulin frei. „Wir vermuten, dass durch die erhöhte Insulinfreisetzung die insulinproduzierenden Zellen von diabetesanfälligen Tieren schneller erschöpfen und nach einiger Zeit ihre Funktion ganz einstellen. Auf diese Weise könnte Fett in der Bauchspeicheldrüse zur Entstehung des Typ-2-Diabetes beitragen“, erklärt Schürmann.

DZD – Forschen für eine Zukunft ohne Diabetes

Im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) arbeiten Expertinnen und Experten aus Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinischer Anwendung deutschlandweit zusammen. Durch diesen translationalen Forschungsansatz können Beobachtungen aus epidemiologischen Studien im Labor überprüft und die Ergebnisse aus dem Labor schneller in die klinische Anwendung überführt werden. Ziel des DZD ist es, die Erkenntnisse der Diabetesforschung möglichst schnell zum Erkrankten zu bringen, um Diabetes vorzubeugen und zu behandeln sowie Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Bedeutung des Bauchspeicheldrüsenfetts für die Diabetesprävention

Die aktuellen Daten lassen vermuten, dass zur Vorbeugung eines Typ-2-Diabetes nicht nur das Leberfett gesenkt werden sollte. „Möglicherweise trägt gerade die Fettansammlung in der Bauchspeicheldrüse unter bestimmten genetischen Voraussetzungen entscheidend zur Entwicklung eines Typ-2-Diabetes bei“, sagt Schulz, Leiter der Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung. Als vielversprechender Therapieansatz könnte zukünftig Intervallfasten zum Einsatz kommen. Die Vorteile: Es ist nicht invasiv, lässt sich meist leicht in den Alltag integrieren und kommt ohne Medikamente aus.

Original: Quiclet, C. et al: Pancreatic adipocytes mediate hypersecretion of insulin in diabetes-susceptible mice. Metabolism. 97, 9−17 (2019).


 

Ansprechpartnerin:

Prof. Dr. Annette Schürmann
Abteilung Experimentelle Diabetologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
033200 88-2368
schuermann@dife.de

Pressekontakt:

Birgit Niesing
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e. V.
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
niesing@dzd-ev.de