August 2016

| Newsletter 79

Nichtmedikamentöse Therapie gegen Vorhofflimmern: Die Katheterablation

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Bei der Katheterablation werden die Lungenvenen elektrisch vom Herzen abgekoppelt – entweder ganz oder teilweise. Ein Forscherteam zeigte nun, dass der Therapieerfolg bei vollständiger Trennung am besten ist.

Das Herz ist der Taktgeber des Lebens. Es schlägt zwischen 50 und 200 Mal in der Minute. Im Jahr kommen so über 36 Millionen Schläge zusammen. Doch diese Routine kann auch durcheinandergeraten. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Das Herz gerät dabei vollkommen aus dem Takt, der Puls kann auf bis zu 160 Schläge pro Minute und schneller ansteigen. Obwohl ein solches Vorhofflimmern meistens nicht akut lebensbedrohlich ist, rät der Hamburger Herzspezialist Professor Karl-Heinz Kuck unbedingt zu einer ärztlichen Behandlung. „Vorhofflimmern verursacht jährlich 30.000 Schlaganfälle und ist oftmals der Ausgangspunkt für eine dauerhafte Herzschwäche“, verdeutlicht Kuck.

Ein Kathetereingriff hilft Betroffenen

Oftmals wird Vorhofflimmern durch elektrische Signale der Lungenvenen ausgelöst. Wird die Lungenvene vom Herzen isoliert, kann es wieder im eigentlichen Rhythmus ungestört schlagen. Die Isolierung erfolgt über die sogenannte Katheterablation. Sie ist eine hierfür entwickelte und bewährte Behandlungsmethode, bei der das Herzgewebe gezielt punktuell abgetötet wird, um die Lungenvenen elektrisch vom Herz zu trennen (Ablation). Ein solcher Eingriff ist, dank des Einsatzes eines Katheters, minimalinvasiv. Angewendet werden zwei unterschiedliche Ablationsstrategien: die vollständige elektrische Isolierung der Lungenvenen oder die lückenhafte Ablation. Bei Letzterer bleiben einzelne leitende Verbindungen von den Lungenvenen zum Herz absichtlich bestehen. „Beide Techniken werden heutzutage routinemäßig angewendet“, erklärt Kuck. „Bisher war aber unklar, ob beide auch gleich wirksam sind. Diese Frage konnten wir jetzt mit unserer Gap-AF Studie beantworten.“

Bei Herzrhythmusstörungen kann eine Katheterablation helfen, dauerhafte Schäden zu vermeiden.

Bei Herzrhythmusstörungen kann eine Katheterablation helfen, dauerhafte Schäden zu vermeiden.

Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg

Vollständige Isolierung schützt vor Folgen

Die Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und innerhalb des „Kompetenznetzes Vorhofflimmern“ (siehe Infobox) durchgeführt. Professor Kuck hat die Studie gemeinsam mit zwei Kollegen geleitet, Professor Günter Breithardt aus Münster und Professor Stephan Willems aus Hamburg. Außerdem waren sieben Kliniken in ganz Deutschland beteiligt. Insgesamt nahmen 233 Patientinnen und Patienten an der Studie teil. Kuck nennt weitere Details: „Nach dem Zufallsprinzip erhielt die Hälfte der Betroffenen eine unvollständige, die andere Hälfte eine vollständige Katheterablation. In der Folge bekamen alle Personen für drei Monate ein Gerät, das täglich ein EKG aufzeichnete.“

Inzwischen liegen die Ergebnisse der Gap-AF Studie vor. „Die vollständige Katheterablation ist der teilweisen Trennung eindeutig überlegen. Nach dem Eingriff trat erneutes Vorhofflimmern bei 90 Personen mit lückenhafter, jedoch nur bei 71 Personen mit vollständiger Lungenvenenisolierung auf“, fasst Kuck zusammen. Was logisch erscheinen mag, wurde nun erstmals durch eine klinische Studie belegt.

Allerdings wirft die Studie auch neue Fragen auf. Denn viele der Personen, bei denen eine vollständige Lungenvenenisolierung durchgeführt wurde, zeigten nach drei Monaten wieder Leitungslücken, also eine unvollständige Isolierung der Lungenvenen. „Vermutlich war die Isolierung hier nie wirklich vollständig, aber wir haben es mit den verfügbaren Messmethoden während des Eingriffs nicht erkannt. Häufig erholen sich auch vermeintlich abgetötete Herzzellen nach einiger Zeit wieder, und es tritt erneut eine Erregungsleitung auf. Wir brauchen daher eine Methode, um den endgültigen Zelltod während des Eingriffs sicher zu erkennen“, so Kuck. Nach Ansicht des Hamburger Herzspezialisten ist also noch weitere Forschung nötig, um die Ergebnisse zusätzlich zu verbessern.

Das „Kompetenznetz Vorhofflimmern“

Deutschland hat eine sehr gute und angesehene medizinische Forschung. Das einzelne Fachwissen ist dabei über die gesamte Bundesrepublik verteilt. Daher dauert es oft lange, bis die Ergebnisse der Forschung tatsächlich bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Hier setzen die „Kompetenznetze in der Medizin“ des BMBF an. Sie sind Strukturen, die den Wissenstransfer aus der Forschung in die Praxis überregional erleichtern. Der heutige Verein Kompetenznetz Vorhofflimmern e. V. (AFNET) ist aus dem Kompetenznetz Vorhofflimmern hervorgegangen, das vom BMBF von 2003 bis 2014 gefördert worden ist. In diesem interdisziplinären Forschungsnetz arbeiten Wissenschaft und Ärzteschaft aus Kliniken und Praxen deutschlandweit zusammen. Ziel des Netzwerks ist es, die Behandlung und Versorgung von Betroffenen mit Vorhofflimmern zu verbessern.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck
Asklepios Klinik St. Georg
Lohmühlenstraße 5
20099 Hamburg
040 1818-852305
040 1818-854444
www.asklepios.com/hamburg/sankt-georg/experten/kardiologie
www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de