Richtlinien zur Förderung bilateraler deutsch-polnischer Forschungsprojekte in den Neurowissenschaften

vom 05.07.2006 - Abgabetermin: 15.09.2006

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 123 vom 05.07.2006

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das polnische Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MEiN) beabsichtigen, ihre Unterstützung bilateraler wissenschaftlicher Kooperationen in den medizinisch orientierten Neurowissenschaften fortzusetzen. Hierzu sollen in Ergänzung zur Bekanntmachung vom 30.04.2002 erneut vordringliche Forschungsthemen bekannt gemacht werden und entsprechende Forschungsprojekte gefördert werden.

Das Ziel der bilateralen Zusammenarbeit ist die Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts durch Nutzung des Synergieeffektes von kooperativen Forschungsansätzen. Damit soll auch ein Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung geleistet werden. Die Forschung wird auf solche Erkrankungen des Nervensystems fokussiert, die eine große Bedeutung für beide Nationen haben. Darüber hinaus soll die wissenschaftliche Kooperation die Beziehungen zwischen beiden Ländern festigen.

1.2 Rechtsgrundlagen

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien durch Zuwendung gefördert werden.

Darüber hinaus gelten im Fall einer Bundesförderung für die deutschen Partner die BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und die Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO).

Für die polnischen Partner gelten im Fall einer Förderung die Richtlinien des MEiN zur Finanzierung spezieller Forschungsprojekte – Regulation of the Minister of Science and Information Society Technologies of 4 August 2005 on criteria and procedures for allocation and accounting of financial resources from national budget for scientific research (Dz.U. No 161, item 1359).

Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der jeweilige Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Innerhalb dieser Fördermaßnahme werden interdisziplinäre Projekte mit klinischer Relevanz gefördert, von denen ein wichtiger Beitrag in den Neurowissenschaften mit möglichen Anwendungen bei Erkrankungen des Menschen erwartet werden kann.

Es können Forschungsprojekte aus den Bereichen Entwicklung des Nervensystems, Degenerationsprozesse, Regeneration und Neuroprotektion gefördert werden. Die Untersuchungen sollen zum besseren Verständnis der Mechanismen neurologischer und psychischer Erkrankungen dienen. Dies schließt die Entwicklung von therapeutischen Strategien und Rehabilitationsmaßnahmen für diese Erkrankungen ein.

Zur bilateralen Kooperation sollen sich interdisziplinäre Teams aus beiden Ländern bilden, die sich aus zwei oder mehr neurowissenschaftlichen Forschergruppen an Hochschulkliniken, Forschungsinstituten oder -abteilungen zusammensetzen.

Von der Kooperation wird ein Synergieeffekt erwartet. Um die Kohäsion der Forschungsanstrengungen in Deutschland und Polen zu stärken, muss daher klar dargestellt werden, weshalb das betreffende Projekt in Kooperation bearbeitet werden soll und welches der Mehrwert der Kooperation ist. Projekte, die die Notwendigkeit zur Kooperation nicht erkennen lassen, können nicht berücksichtigt werden.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind Hochschulen, Hochschulkliniken und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.
Deutschen Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Von den bilateralen Projekten wird ein großer Einfluss auf den wissenschaftlichen Fortschritt in den Neurowissenschaften erwartet. 
-  Die Antragsteller müssen durch einschlägige wissenschaftliche Vorarbeiten ausgewiesen sein und eine hohe Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit mitbringen. Es wird eine gemeinschaftliche Bewerbung der deutschen und polnischen Partner vorausgesetzt. 
- Die Projekte sollen originell und innovativ sein. Die Durchführbarkeit der Projekte soll durch die Auswahl der Kooperationspartner gewährleistet sein. 
- Die Projekte sollen klinische Relevanz aufweisen und möglichst einen Beitrag zur klinischen Anwendung leisten. Die Bedeutung der Projekte für ein wichtiges Gesundheitsproblem muss gegeben sein.
- In den Projekten sollen innovative Methoden und moderne Technologien der klinischen Forschung eingesetzt werden.
- Die Projekte sollen auf breiter Basis interdisziplinär angegangen werden. Wissenschaftler mit unterschiedlichem Hintergrund aus der Grundlagenforschung und der klinischen Forschung (interdisziplinäre Teams) sollen in die Kooperation einbezogen werden. Projekte mit einem aktiv kooperierenden klinischen Partner werden bevorzugt. 
- Voraussetzung für die Förderung ist die Beteiligung junger Wissenschaftler an der Kooperation. 
-  Die Partner haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln.
-  Bei Förderanträgen für klinische (Pilot-) Studien sind die internationalen Standards als vorgegebene Maßstäbe zugrunde zu legen (http://www.ich.org, http://www.consort-statement.org).
- Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob für das beabsichtigte Vorhaben eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im Förderantrag kurz dargestellt werden.

5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Zuwendungen an die deutschen Partner können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
 
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen in Deutschland sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100% gefördert werden können.
Es können folgende Mittel für Forschungsprojekte beantragt werden: Personalausgaben, sächliche Verwaltungsausgaben, Reisen und - im Einzelfall - Geräte von mehr als 400 Euro. Bei klinischen Studien kann grundsätzlich der studienbedingte Mehraufwand beantragt werden (z.B. patientenbezogene Fallpauschale für die Prüfzentren, Patientenversicherung und Patientenwegeversicherung, Registrierung der klinischen Studie, Qualitätssicherung der klinischen Studie).

Auf der polnischen Seite können Fördermittel bis zu 100% für projektbezogene Ausgaben gewährt werden. Es können die folgenden Mittel beantragt werden: Personal, Verbrauchsmaterial, Reisen und Geräte (sofern für die Durchführung des Projektes notwendig).

Abhängig von dem Finanzbedarf eines jeden Projektes können bis zu 150.000 Euro pro Jahr für den deutschen Partner und bis zu 350.000 Zloty pro Jahr für den polnischen Partner gewährt werden. BMBF und MEiN beabsichtigen etwa 10 Projekte zu unterstützen. Die Förderung wird für maximal drei Jahre gewährt.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Auf deutscher Seite werden Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).
Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

7. Verfahren

7.1 Anforderung von Unterlagen

Es wird dringend empfohlen, vor Einreichen der Anträge zu einer der nachfolgend genannten Stellen Kontakt aufzunehmen, die mit der Abwicklung der Fördermaßnahme betraut sind:

In Deutschland:  
PD Dr. Marlies Dorlöchter   
Projektträger im DLR für das BMBF
- Gesundheitsforschung -
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Telefon: 0049 228-3821-249 (-210)
Telefax: 0049 228-3821-257
E-Mail: marlies.dorloechter@DLR.de
www.pt-dlr.de

In Polen:
Ewa Michna
Ministerstwo Edukacji i Nauki
Departament Badań Naukowych
ul. Wspólna 1/3
00-529 Warszawa
Telefon: 0048 22 52 92 448
E-Mail: ewa.michna@mein.gov.pl


7.2 Vorlage der Förderanträge

Bis spätestens zum

15. September 2006

sind von deutschen und polnischen Projektpartnern gemeinsam formulierte Förderanträge auf dem Postweg vorzulegen. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Vorlage wird die vorherige Kontaktaufnahme mit den genannten Ansprechpartnern empfohlen.
Die Anträge (max. 30 Seiten) sollen in Englisch und der jeweiligen Landessprache geschrieben sein und sind gleichzeitig in 10 Kopien (DIN A4, doppelseitig, dazu einmal in elektronischer Form) in Deutschland und 4 Kopien in Polen den unter 7.1 genannten Ansprechpartnern einzureichen.
Anträge in polnischer Sprache sollten entsprechend der Anlage Nr. 16 der Regulation of the Minister of Science and Information Society Technologies of 4 August 2005 on criteria and procedures for allocation and accounting of financial resources from national budget for scientific research (Dz.U. No 161, item 1359) geschrieben sein.

Die deutsch-polnischen Forschungsanträge sollen die folgenden Informationen enthalten:

- Namen und Adressen aller Projektpartner;
- den Stand der Forschung auf dem jeweiligen Forschungsgebiet;
- eine Darstellung des Arbeitsprogramms, das die Ziele, die wissenschaftlichen Grundlagen, die Methoden und die Beiträge der einzelnen Partner enthält;
- den zu erwartenden Beitrag und die Relevanz für die klinische Anwendung;
- Lebensläufe der deutschen u. polnischen Projektleiter einschließlich einer Liste von Originalpublikationen der letzten 5 Jahre (nur Artikel und Reviews) und laufenden Drittmittelvorhaben, insbesondere der EU;
- eine Beschreibung des Mehrwerts der Kooperation basierend auf den speziellen Erfahrungen und Beiträgen der deutschen und polnischen Partner; eine kurze Beschreibung von bereits bestehenden Kooperationen zwischen den Partnern (falls zutreffend); die Projekte sollen zum Aufbau und/oder zur Konsolidierung bilateraler Kooperation beitragen;
- eine Beschreibung der ins Projekt einbezogenen Arbeitsgruppen, einschließlich der technischen Mitarbeiter (Tabelle mit Namen, akademischem Grad, Institut/Abteilung, Beitrag zum Projekt), Kliniker sollten gekennzeichnet werden;
- eine Beschreibung der geplanten Einbeziehung von Nachwuchswissenschaftlern in das Projekt;
- eine Abschätzung der Kosten für den deutschen und den polnischen Partner.

Sofern eine klinische (Pilot-) Studie gefördert werden soll, sind Angaben zum Studiendesign zu machen. Hierzu ist der spezielle Leitfaden für klinische Studien zu verwenden.

Die Durchführung klinischer Studien in Polen muss den Anforderungen des Act of 6 September 2001 on  Pharmaceutical Law (Dz.U. No 126, item 1381, mit nachfolgenden Ergänzungen) entsprechen.

Forschergruppen aus anderen europäischen Ländern können an den deutsch-polnischen Projekten teilnehmen, sofern die Deckung ihrer Forschungsmittel aus eigenen Ressourcen vertraglich gesichert ist. Projektanträge weiterer Partner müssen als Teil des deutsch-polnischen Projektantrags beim MEiN und BMBF vorgelegt werden.

7.3 Entscheidungsverfahren

Die eingegangenen gemeinsamen Anträge werden nach folgendem Verfahren bewertet, das unterschiedliche Schritte in beiden Ländern umfasst:

Die in polnischer Sprache eingereichten Anträge werden nach der Regulation of the Minister of Science and Information Society Technologies of 4 August 2005 on criteria and procedures for allocation and accounting of financial resources from national budget for scientific research (Dz.U. No 161, item 1359) bewertet.

Die in englischer Sprache eingereichten gemeinsamen Anträge werden von einem unabhängigen deutsch-polnischen wissenschaftlichen Beirat bewertet, der aus Neurowissenschaftlern der Grundlagenforschung und der klinischen Forschung besteht. Er wird eine Rangliste der zur Förderung vorgeschlagenen Projekte erstellen. Basierend auf dieser Rangliste wird die endgültige Förderentscheidung getroffen.  Die Kriterien der Bewertung sind unter Nr. 4 (Zuwendungsvoraussetzungen) dargestellt. Über das Ergebnis der Bewertung werden die Antragsteller schriftlich informiert.

Die polnischen Partner in den Kooperationsprojekten werden ihre Zuwendung vom MEiN, die deutschen Partner vom BMBF erhalten. Nach positiver Bewertung durch den wissenschaftlichen Beirat müssen in einem anschließenden Schritt des Verfahrens die förmlichen Voraussetzungen beider Ministerien erfüllt werden.

Bei positiver Bewertung werden die deutschen Antragsteller aufgefordert, einen Formantrag - möglichst unter Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ - vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

Für die polnischen Antragsteller sind die Auszahlung und Verwaltung der Fördermittel sowie Nachweis und Prüfung deren ordnungsgemäßer Verwendung, die Aufhebung des Zuwendungsbescheides und Rückforderung der gewährten Zuwendung in der Regulation of the Minister of Science and Information Society Technologies of 4 August 2005 on criteria and procedures for allocation and accounting of financial resources from national budget for scientific research (Dz.U. No 161, item 1359) geregelt. 

Evaluation: Die polnischen und deutschen Wissenschaftler reichen einen jährlichen Zwischenbericht beim MEiN beziehungsweise BMBF ein, in dem jeweils auch die Ergebnisse des Kooperationspartners beschrieben wird. Nach etwa 2 Jahren werden die Kooperationspartner einen gemeinsamen Bericht vorlegen und ihre Ergebnisse auf einem Statusseminar präsentieren. Basierend auf dem Bericht und der Präsentation wird der deutsch-polnische wissenschaftliche Beirat die Ergebnisse bewerten. Europäische Wissenschaftler aus den entsprechenden Forschungsgebieten können zum Statusseminar, ggf. zu den Statusseminaren, eingeladen werden.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung in Kraft.

Berlin, 21.06.2006                  Warschau
Bundesministerium für              Ministerium für Bildung
Bildung und Forschung             und Wissenschaft
Im Auftrag
Dr. Hausdorf                          Prof. Krzysztof Jan Kurzydlowski