Richtlinien zur Förderung von Forschung zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten hochaktueller Fragen in den Lebenswissenschaften

vom 29.07.2009 - Abgabetermin: 02.12.2009

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 110 vom 29.07.2009


1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck


Die Fortschritte in den modernen Lebenswissenschaften, insbesondere in der Biotechnologie und Biomedizin, eröffnen neue, viel versprechende Lösungswege für wesentliche Fragen unserer heutigen Gesellschaft. Sie haben das Potential, einen tief greifend geänderten Umgang mit lebenswissenschaftlicher Information und ihrer Anwendung herbeizuführen. Die bereits erzielten und noch zu erwartenden Forschungsfortschritte werfen jedoch auch gewichtige ethische, rechtliche und gesellschaftliche Fragen auf, die reflektiert und einer Lösung zugeführt werden müssen. Die kritische Reflexion dieser Fragen und ihrer Implikationen muss in enger interdisziplinärer und themenorientierter Zusammenarbeit von medizinisch/naturwissenschaftlicher, geistes-, rechts- und sozialwissenschaftlicher Forschung erfolgen. Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Hightech-Strategie ausdrücklich eine frühzeitige Erkennung und Reflexion solcher Fragen sowie deren sorgfältige Analyse und Bewertung und sieht darin eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Integration und Auseinandersetzung mit innovativer Wissenschaft und Technik.
Das BMBF beabsichtigt daher, innerhalb seines Förderschwerpunktes „Ethische, rechtliche und soziale Aspekte der modernen Lebenswissenschaften“ (ELSA) auf der Grundlage dieser Bekanntmachung seine Unterstützung von interdisziplinär angelegten Forschungsvorhaben, insbesondere Forschungsverbünden, weiter auszubauen.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 23, 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Gefördert werden Forschungsvorhaben, die sich mit den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der modernen Lebenswissenschaften befassen und dabei auf zukunftsorientierte, auf den Menschen bezogene Problemstellungen ausgerichtet sind, die sich aus Forschung und/oder der Anwendung ihrer Ergebnisse in diesem Bereich ergeben. Diese Forschungsvorhaben sollen möglichst interdisziplinär angelegt und themenfokussiert sein und möglichst als Forschungsverbünde mit abgrenzbaren Teilprojekten aus den jeweils für die Problemstellung relevanten und erforderlichen Fachdisziplinen durchgeführt werden. Der zu bearbeitende Themenkomplex kann aus dem breiten Spektrum der innovativen Ansätze der Biotechnologie, Biomedizin und ihrer Anwendungen frei gewählt werden. Mögliche Themenfelder können Bereiche wie z. B. genetische Diagnostik oder Fortpflanzungsmedizin, rote, weiße und grüne Gentechnik, „Enhancement“, die Neurowissenschaften, innovative Medizintechnik (z. B. Robotik, nanoskalige Methoden) oder die Ansätze der synthetischen Biologie sein. Ansätze antizipatorischer Forschung für aufkommende bioethische Fragestellungen sind wünschenswert.

Ziel der Forschungsarbeiten sollte es sein, die jeweils thematisierten Problemstellungen kritisch zu analysieren, zu bewerten und ggf. Lösungskonzepte auf der Grundsatz- und/oder Handlungsebene zu entwerfen. Dabei können auch alters- oder geschlechtsspezifische Gesichtspunkte sowie interkulturelle und internationale Aspekte (z. B. transnationale Vergleiche) mit einbezogen werden. Weiterhin sollten die Vorhaben in der Regel ein Konzept für eine abschließende Information von Politik und Öffentlichkeit über ihre Ergebnisse erarbeiten und auf eine Kommunikation der Ergebnisse im internationalen Raum abzielen.

Forschungsverbünde müssen aus abgrenzbaren Teilprojekten bestehen, die unter Einbeziehung der jeweils für die Problemstellung relevanten und erforderlichen Expertisen und Fachdisziplinen zuvor gemeinsam definierte Ziele in einer interaktiven und lösungsorientierten Zusammenarbeit verfolgen wollen.

Angesprochen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der geistes-, rechts-, kultur-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen sowie die der medizinisch/naturwissenschaftlichen Disziplinen. Vorhaben, die sich primär die Durchführung von Diskursmaßnahmen zum Ziel gesetzt haben, werden im Rahmen dieser Bekanntmachung nicht gefördert. Antragsteller mit solchen Absichten werden auf spezielle Förderbekanntmachungen des BMBF zu Diskurs-maßnahmen verwiesen.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Ausnahmsweise können auch Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, primär kleine und mittlere Unternehmen (KMU), gefördert werden. KMU im Sinne der Definition der Europäischen Kommission sind hier erläutert.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Antragsteller müssen durch einschlägige wissenschaftliche Vorarbeiten ausgewiesen sein. Für Verbundvorhaben sollte eine gemeinschaftliche Bewerbung der Interessenten vorgelegt werden. Die Partner eines Verbundvorhabens haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können dem BMBF-Merkblatt (Vordruck 0110) entnommen werden.

Antragsteller sollen sich, auch im eigenen Interesse, im Umfeld des national beabsichtigten Projektes mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche Förderung als EU-Vorhaben möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben, bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die individuell bis zu 100% gefördert werden können.

Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel - je nach Anwendungsnähe des Projekts - bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung - grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten - vorausgesetzt.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte von Antragstellern und für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
Bei der Förderentscheidung werden bereits laufende oder geplante, ähnliche Forschungsprojekte berücksichtigt, um mögliche Synergieeffekte zu nutzen, aber auch um eine Parallelförderung zu vermeiden. Entsprechende Projekte sind bereits in der Projektskizze anzugeben.

7. Verfahren

7.1 Einschalten eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen


Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen

Projektträger im DLR für das BMBF
Gesundheitsforschung
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Tel.: 0228 3821-210 (Sekretariat)
Fax: 0228 3821-257
Internet: www.gesundheitsforschung-bmbf.de

beauftragt.
Ansprechpartner ist Dr. Detlef Böcking (Tel 0228 3821-118; detlef.boecking(at)dlr.de)
Es wird dringend empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

7.2 Zweistufiges Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig, es findet aber nur ein fachlicher Begutachtungsschritt unter Beteiligung externer Experten statt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Projektskizzen

In der ersten Stufe sind dem Projektträger im DLR zunächst bis spätestens

02. Dezember 2009

formlose Projektskizzen in schriftlicher und auch in elektronischer Form (als .pdf auf Datenträger oder E-Mail-Anhang) vorzulegen. Diese sollen alle notwendigen Informationen enthalten, um dem Gutachterkreis eine abschließende fachliche Stellungnahme zu erlauben. Eine alleinige Vorlage per Fax oder E-Mail ist nicht möglich.
Mit Blick auf das internationale Begutachtungsverfahren wird die Einreichung der Projektskizzen in englischer Sprache mit einer Zusammenfassung in deutscher Sprache empfohlen.
Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet oder unvollständig eingehende Projektskizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Projektskizzen für Einzelvorhaben müssen die Forschungsfragen und das Forschungsprogramm darstellen. Der Umfang der Projektskizzen (Din-A4-Format, 1,5-zeilig, Arial 11, doppelseitig) soll 20 Seiten nicht überschreiten.
Projektskizzen für Forschungsverbünde müssen sowohl die Organisationsstruktur wie auch das Forschungsprogramm des Forschungsverbundes erläutern. Der Umfang der Projektskizzen (Din-A4-Format, 1,5-zeilig, Arial 11 Punkt, doppelseitig) soll 5 Seiten für das übergeordnete Konzept und 15 Seiten pro geplantem Teilvorhaben nicht überschreiten.

Die Projektskizzen sind in 5-facher Ausfertigung als Papierversion sowie im pdf-Format auf CD-ROM oder als E-Mail-Anhang vorzulegen. Die Projektskizze ist nach dem „Leitfaden für die Antragstellung“ im Rahmen der Förderinitiative „Richtlinien zur Förderung von Forschung zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten hochaktueller Fragen in den Lebenswissenschaften“ zu strukturieren.

Es wird dringend empfohlen, vor der Vorlage einer Projektskizze mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.

Die eingegangenen Projektskizzen werden von einem unabhängigen, international besetzten Gutachterkreis bewertet. Diese Bewertung ist eine Entscheidungsgrundlage. Dabei werden u. a. die folgenden Kriterien zugrunde gelegt:

- die wissenschaftliche Qualität, Originalität und Zukunftsorientierung des Projektes bzw. des Verbundprojektes insgesamt und seiner Teilprojekte;
- die ausgewiesene Qualifikation des/der Projektleiters/in bzw. des/der Verbundkoordinators/in und der Teilprojektleiter/innen sowie der beantragenden Forschungseinrichtung(en);
- der aus den Projektergebnissen für Wissenschaft und Gesellschaft zu erwartende Nutzen;
- bei Verbünden: der aus der interdisziplinären und kooperativen Organisation des Forschungsverbundes zu erwartende Mehrwert bezüglich der wissenschaftlichen Ziele und Herangehensweisen des Verbundes;
- die Einbindung der natur- und/oder geisteswissenschaftlichen Fachexpertisen, die für die Erreichung der Ziele des Forschungsprojektes erforderlich sind;

Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Verbundvorhaben ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

Der Antragsteller hat keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe einer eingereichten Projektskizze. Aus der Vorlage einer Projektskizze kann kein Rechtsanspruch auf eine Förderung abgeleitet werden.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Projektskizzen aufgefordert, bei Forschungsverbünden in Abstimmung mit dem/der vorgesehenen Verbundkoordinator/in, einen förmlichen Förderantrag vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.
Vordrucke für die einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 17.07.2009

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Roesler