Schluss mit Husten und Atemnot - So diagnostiziert der Hausarzt Asthma und COPD schnell und richtig

Hausärzte sind bei gesundheitlichen Problemen die erste Anlaufstelle für ihre Patienten. Aber Krankheiten wie Asthma oder die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD, die sich in ähnlichen Beschwerden äußern, konnten bislang nur vom Spezialisten sicher diagnostiziert werden. Prof. Dr. Antonius Schneider von der technischen Universität München hat nun in einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Studie gezeigt, wie Hausärzte diese Atemwegserkrankungen mit einer Kombination aus gängigen und neuen Untersuchungsmethoden präzise in der eigenen Praxis erkennen und unterscheiden können.

Bei Symptomen wie Atemnot oder hartnäckigem Husten gehen Patienten meist zuerst zu ihrem Hausarzt. Bei Atemwegserkrankungen war es für den Hausarzt aber bisher nicht leicht, eine gesicherte Diagnose zu stellen. Denn gerade die häufigen Atemwegserkrankungen Asthma bronchiale und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD (für Englisch: Chronic Obstructive Pulmonary Disease), wie die meist durch das Rauchen verursachte chronische Verengung der Atemwege in der Fachsprache heißt, sind schwer zu unterscheiden: Die Krankheiten äußern sich in ähnlichen Beschwerden und konnten in der Regel erst vom Facharzt sicher diagnostiziert werden.


Welche bekannten und neueren Methoden zur Messung der Lungenfunktion ermöglichen auch in der Hausarztpraxis eine sichere Diagnose? Und welche Reihenfolge ist dabei am effizientesten? Diese Fragen beantwortet Prof. Dr. Antonius Schneider von der Technischen Universität München in seiner durch die Nachwuchsförderung „Allgemeinmedizin“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Studie, für die er im Oktober zusammen mit seiner Arbeitsgruppe den Deutschen Forschungspreis für Allgemeinmedizin, den Lothar-Beyer-Preis, erhalten hat.

Asthma oder COPD? Der Weg zur sicheren Diagnose
„Wichtig ist die Reihenfolge der Untersuchungen“, erklärt Prof. Dr. Schneider. „Der Hausarzt sollte mit einer sogenannten Spirometrie beginnen.“ Dabei atmet der Patient mit geschlossener Nase über ein Mundstück in ein Atemrohr hinein, das an ein Messgerät, das Spirometer, angeschlossen ist. Das Gerät misst die Menge der Luft, die der Patient ein- und ausatmet, und die Kraft, mit der das geschieht.

Wenn die Menge der geatmeten Luft zu gering ist, sind die Atemwege des Patienten verengt. Bei COPD-Patienten ist diese Verengung dauerhaft, bei Asthma-Patienten jedoch nicht. Damit der Arzt feststellen kann, an welcher der beiden Atemwegserkrankungen ein Patient leidet, inhalieren die Betroffenen ein Medikament, das die Bronchien erweitert. Anschließend wird der Test wiederholt. Ist die ausgeatmete Menge an Luft nach Inhalation des Medikaments normal, sind die Atemwege nicht dauerhaft verengt - der Patient leidet an Asthma. Ist die Menge an ausgeatmeter Luft weiterhin zu gering, haben die Atemwege nicht auf das Medikament reagiert. Das bedeutet in der Regel, dass die Verengung der Atemwege dauerhaft ist - es liegt eine COPD vor. In einigen Fällen normalisiert sich die Weite der Atemwege jedoch nur langsam. Das Medikament sollte daher über zwei bis vier Wochen inhaliert und die Untersuchung mehrmals durchgeführt werden, um eine sichere Diagnose stellen zu können.

Ist das Atemvolumen hingegen schon bei der ersten Lungenfunktionsuntersuchung normal, kann der Hausarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine COPD ausschließen. „Asthma allerdings kann durch ein normales Atemvolumen noch nicht ausgeschlossen werden“, sagt Prof. Dr. Schneider. Da bei Asthmatikern die Atemwege nicht dauerhaft verengt sind, können sie zum Zeitpunkt der Untersuchung normal geweitet sein - wie bei gesunden Menschen. Das bedeutet, dass trotz unauffälligem Befund in der Spirometrie dennoch die Möglichkeit einer Asthma-Erkrankung besteht.

Atemluft verrät das Asthma
Um eine Asthma-Erkrankung auszuschließen, kann im nächsten Schritt die Atemluft der Patienten untersucht werden. Besonders wichtig ist hierbei der Stickstoffmonoxid-Anteil in der ausgeatmeten Luft. Sind die Atemwege durch eine asthmatische Erkrankung entzündet, gelangt besonders viel von diesem Gas in die Atemluft: Je stärker die Entzündung, desto mehr Stickstoffmonoxid ist in der Atemluft. Die Menge an Stickstoffmonoxid im Atem zeigt also das Ausmaß der Entzündung in den Bronchien an. „Der Anteil des Stickstoffmonoxids in der Atemluft wird in ppb - parts per billion - gemessen“, erklärt Prof. Dr. Schneider. „Gesunde Menschen haben einen geringen Anteil von Stickstoffmonoxid in der Atemluft, der maximal 16 ppb beträgt - das entspricht einem Anteil von 16 zu einer Milliarde.“ Beträgt der Anteil von Stickstoffmonoxid aber mehr als 46 ppb, könne man mit 80-prozentiger Sicherheit sagen, dass der Patient an Asthma erkrankt ist. „Bei einem Anteil von über 76 ppb liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Asthma-Erkrankung sogar bei fast 100 Prozent. Bei diesem Messwert ist die Methode sehr zuverlässig.“

Prof. Dr. Schneider hat die Stickstoffmonoxid-Messung, die in Kliniken und Fachpraxen bereits erfolgreich eingesetzt wird, im Rahmen seiner Untersuchungen erstmals auch in Hausarztpraxen angewendet. Mit Erfolg - die Studie zeigt, dass durch dieses Vorgehen rund der Hälfte der Patienten ein Folgetest beim Facharzt erspart werden kann. „Geht der Hausarzt den von mir vorgeschlagenen Diagnoseweg über Spirometrie und Stickstoffmonoxid-Messung, sind 50 Prozent der sogenannten Bronchoprovokations-Messungen nicht mehr notwendig“, betont Prof. Dr. Schneider. Bisher lohnt sich die kostspielige Anschaffung eines Geräts für die Stickstoffmonoxid-Messung allerdings nicht für jede Hausarztpraxis, sondern meist nur für Großpraxen.

Der Gang zum Facharzt ist nur dann für eine eindeutige Asthma-Diagnose nötig, wenn der Stickstoffmonoxid-Anteil in der Atemluft im unspezifischen Mittelfeld liegt, also zwischen 16 und 46 ppb. Prof. Dr. Schneider rät dann zur Bronchoprovokation bei einem Pulmologen, einem Facharzt für Lungenerkrankungen. Dabei inhaliert der Patient unter ärztlicher Aufsicht eine geringe Dosis eines Medikaments. Bei gesunden Menschen hat das Medikament keine Auswirkungen. Bei Patienten mit Asthma hingegen verengen sich die Bronchien - geringfügig, aber messbar.

Herkömmliche Diagnosemethode ungeeignet
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass eine zuverlässige Asthma-Diagnose mit der weit verbreiteten Peak-flow-Messung nicht möglich ist. Dabei atmet der Patient kräftig über ein Mundstück in ein Gerät, das die höchste Geschwindigkeit der ausgeatmeten Luft misst. Die englische Bezeichnung „peak flow“ steht dabei für „maximale Strömung“. Bisher gingen Ärzte davon aus, dass Schwankungen von rund 20 Prozent einen Hinweis auf eine Asthma-Erkrankung geben. „Wir haben jedoch festgestellt, dass alle Menschen ungefähr gleiche Durchschnittswerte erreichen - Asthma- und COPD-Patienten genauso wie Gesunde“, erläutert Prof. Dr. Schneider. „Das bedeutet, dass man mit einer Peak-flow-Messung Gesunde von Kranken gar nicht unterscheiden kann. In den ärztlichen Leitlinien hält sich die Methode bei Asthma-Verdacht aber hartnäckig.“ Viele Asthmatiker besitzen ein eigenes handliches Peakflow-Gerät. Wegwerfen sollten sie ihr Messgerät wegen dieser Studienergebnisse aber nicht, ganz im Gegenteil: Diese Methode sei für Asthmatiker weiterhin unverzichtbar, um den Krankheitsverlauf zu überwachen, betont Prof. Dr. Schneider. Die Messwerte dienen als Frühwarnsystem. Patienten erkennen durch die regelmäßige Kontrolle ihrer Atemgeschwindigkeit, wenn sich ihre Lungenfunktion verschlechtert oder ein akuter Asthma-Anfall droht.

Die richtige Diagnose bestimmt die richtige Behandlung
Ist die richtige Diagnose gestellt, kann der Arzt eine wirksame und individuell abgestimmte Behandlung gemeinsam mit dem Patienten vereinbaren. „Wichtig ist, dass Patienten mit Atemwegserkrankungen ihre Medikamente auch dann weiter einnehmen, wenn die akuten Beschwerden abgeklungen sind“, sagt Prof. Dr. Schneider. Denn nur so können die Medikamente dauerhaft Linderung verschaffen. Zudem sollten sowohl Asthma-Patienten als auch Patienten mit einer COPD täglich ihre Lungenfunktion mithilfe der Peak-flow-Messung überprüfen. Dadurch kann rechtzeitig eine Verschlechterung der Lungenfunktion erkannt und gemeinsam mit dem Arzt die Behandlung angepasst werden - für einen beschwerdefreien Alltag.

Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs - BMBF-Nachwuchsförderung „Allgemeinmedizin“
Die Allgemeinmedizin ist für die medizinische Grundversorgung in Deutschland unersetzlich. Hausärzte helfen ihren Patienten nicht nur im Falle einer Krankheit, sondern sie beugen Krankheiten vor und sind damit maßgeblich an der Gesunderhaltung der Gesellschaft beteiligt. Deshalb unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2005 gezielt junge Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner und deren Forschungsvorhaben.

Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, die Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Allgemeinmedizin auszubauen, ihnen selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten zu ermöglichen und ihre Führungsstärke zu fördern. Insgesamt werden 13 Forschungsprojekte von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern gefördert. Einige Projekte wurden bereits erfolgreich abgeschlossen, wie beispielsweise die Studie von Prof. Dr. Schneider.

Die geförderten Nachwuchswissenschaftler sind oftmals nicht nur in der Forschung tätig, sondern praktizieren parallel als Hausärzte. So können sie die Probleme in Hausarztpraxen aus eigener Erfahrung erfassen und in ihren Forschungsprojekten praxistaugliche Lösungen entwickeln. Die Patienten profitieren dadurch noch schneller von den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sofort in der ärztlichen Praxis umgesetzt werden können.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Antonius Schneider
Institut für Allgemeinmedizin
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Wolfgangstraße 8
81667 München
Tel.: 089 6146589-11
E-Mail: antonius.schneider@lrz.tum.de