Suchtrisiko – sind die Gene mitschuldig?

Ständig auf der Suche nach neuen Reizen – „Sensation Seeking“ beschreibt ein Verhalten, das bei Suchterkrankungen bekannt ist. Hirnforscher haben wichtige Hinweise gefunden, dass das individuelle Risiko eine Sucht zu entwickeln auch von unseren Genen mitbestimmt wird.

Varianten im Genom beeinflussen das Belohnungssystem im Gehirn und damit unser Verhalten. In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)  geförderten Studie konnte Prof. Christian Büchel mit seinem Forscherteam zeigen, dass das Gehirn von Menschen mit bestimmten Genvarianten nur schwach auf Belohnungen reagiert. Genau diese Probanden zeigten ein ausgeprägtes Verlangen nach ständig neuen Reizen.


Gene regulieren die Belohnungsintensität
Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei Suchterkrankungen das Belohnungssystem gestört ist. Büchel und sein Team untersuchten erstmalig, wie sich die Gene auf die Belohnungsverarbeitung im Gehirn auswirken und wurden fündig. Sie entdeckten Genvarianten, die zu einer geringeren Belohnungsintensität führen und damit möglicherweise Suchtverhalten fördern. Versuchspersonen, die diese Varianten in ihrem Erbgut tragen, wiesen in einem psychologischen Test hohe Werte für ein Persönlichkeitsmerkmal auf, das auch bei Suchtkranken beobachtet wird – das sogenannte Sensation Seeking. Menschen mit dieser Eigenschaft suchen eher nach neuen und aufregenden Reizen.

Die Wissenschaftler vom Institut für Systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf untersuchten die Gene und die Belohnungsverarbeitung im Gehirn bei über hundert gesunden männlichen Versuchspersonen. Dazu beobachteten sie die Probanden beim Glücksspiel und registrierten ihre Hirnaktivität mit der funktionellen Kernspintomografie (fMRT). Geldgewinne lösten in den Hirnregionen des Belohnungssystems eine deutliche Zunahme der Aktivität aus. Je höher und wahrscheinlicher der Spielgewinn, desto aktiver wurde das Gehirn. Einige Probanden reagierten jedoch anders als ihre Mitspieler. Bei ihnen stieg die Stoffwechselaktivität kaum an, wenn sie um höhere Beträge spielten. Die Belohnungsreaktion im Gehirn fiel während des Spiels bei diesen Teilnehmern also schwächer aus als bei ihren Spielpartnern. Auf der Sensation Seeking Skala erreichten diese Testpersonen einen hohen Messwert. In ihrem Genom fanden die Forscher bestimmte Kombinationen der „COMT“ und „DAT“ genannten Gene, die an der Regulation des Botenstoffs Dopamin beteiligt sind. Die Neurowissenschaftler folgern daraus, dass Variationen dieser Gene die Belohnungsintensität beeinflussen und damit möglicherweise auch das individuelle Risiko, eine Sucht zu entwickeln. Hierzu sind noch weitere Untersuchungen notwendig. Büchel: „Ein interessanter nächster Schritt wäre es, diese Untersuchungen auch bei Suchtpatienten durchzuführen und sie mit Gesunden zu vergleichen.“

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Büchel
Institut für Systemische Neurowissenschaften
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Tel.: 040 42803-4726
Fax: 040 42803-9955
E-Mail: buechel@uke.uni-hamburg.de