27 Gene ermöglichen molekulare Diagnose von Herzversagen

Wissenschaftlern des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) ist es erstmals gelungen, ein charakteristisches Genexpressionsprofil für das späte Stadium einer bestimmten Herzmuskelschwäche, der dilatativen Kardiomyopathie, zu identifizieren.

Solche genetischen Muster haben großes Potenzial, diese komplexe Krankheit zukünftig genauer diagnostizieren und behandeln zu können.

In der westlichen Welt ist die dilatative Kardiomyopathie (DCM) die Hauptursache für Herzversagen und Herztransplantationen. Trotz der vielen Krankheitsfälle und der hohen Sterblichkeit sind die zugrunde liegenden molekularen Prozesse nur ansatzweise verstanden. Im klinischen Alltag steht mit BNP (brain natriuretic peptide) bislang nur ein einziger molekularer Marker für die Diagnose zur Verfügung, allerdings ist dessen Aussagekraft bei Auftreten von Begleiterkrankungen eingeschränkt. Der Mediziner Dr. Andreas Barth vom Universitätsklinikum Großhadern in München untersuchte deshalb zusammen mit Naturwissenschaftlern um Dr. Ruprecht Kuner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, welche Gene in kranken und gesunden Herzen unterschiedlich aktiv sind. Solche Daten werden mithilfe sogenannter Genchips gewonnen, mit denen die Aktivität von ca. 25.000 Genen gleichzeitig gemessen werden kann. Für Kardiomyopathien ist es den NGFN-Wissenschaftlern mit dieser Methode erstmals gelungen, ein aussagekräftiges, molekulares Profil zu erstellen.


Bisherige Versuche scheiterten zum einen an einer zu geringen Anzahl unterschiedlicher Herzmuskelproben und zum anderen an der biologischen Vielfalt desGewebes. Aufgrund dieser Heterogenität ist es oftmals schwierig zu unterscheiden, ob beobachtete Unterschiede aus der Genexpression unterschiedlicher Zelltypen oder der Krankheit an sich resultieren. „Wir haben deshalb eine sehr große Anzahl von Proben untersucht und zwei Datensätze erstellt, bei denen die Proben entweder aus der Scheidewand des Herzmuskels oder aus der linken Herzkammer von gesunden beziehungsweise insuffizienten Herzen stammten.“ Bei beiden Ansätzen beobachteten die Wissenschaftler, dass in den Geweben von erkrankten Personen vier bis fünfmal mehr Gene aktiv waren als in denen von Gesunden. „Herzversagen scheint also mit einer starken Genaktivierung einherzugehen“, folgert Barth. Einige Gene waren im kranken Gewebe auch weniger aktiv als im intakten Herzmuskel.

Die Forscher wiesen außerdem erstmals nach, dass das Immunsystem eine wichtige Rolle im späten Stadium der DCM spielt. Barth und Kuner identifizierten schließlich ein Set von 27 Genen, mit dem sich kranke von gesunden Herzen mit einer Sensitivität von über 90 Prozent unterscheiden ließen. Dafür überprüften sie insgesamt 108 Herzmuskelproben. In dem Gen-Set finden sich auch bereits bekannte Marker für Herzversagen wie das BNP. „Damit können Herzen im späten Stadium der DCM erstmals auf molekularer Ebene zuverlässig identifiziert werden“, freut sich Barth. „Die Ergebnisse ermutigen uns, die Validierung diagnostischer Profile und prädiktiver Biomarker für die Behandlung von Patienten mit Herzversagen voranzutreiben.“

Ansprechpartner:
Dr. Andreas Barth
Universitätsklinikum München-Großhadern
Medizinische Klinik und Poliklinik I
Marchioninistraße 15
81377 München
Tel.: 089 7095-2360
Fax: 089 7095-8870
E-Mail: andreas.barth@med.unimuenchen.de