Ambulant vor stationär

Gesundheit erhalten bedeutet bei älteren Menschen auch, ihnen ein Leben im gewohnten sozialen Umfeld, in den eigenen vier Wänden, zu ermöglichen. Moderne Technik kann dazu beitragen, dieses Ziel für immer mehr ältere Menschen zu realisieren.

Eine Altenpflegerin unterstützt eine ältere Dame beim Frühstück im privaten Wohnumfeld.

Viele ältere Menschen haben den Wunsch, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben.

DLR Projektträger / BMBF

Pflegebedürftige Menschen können heute sowohl zu Hause als auch im Pflegeheim versorgt werden. Ob das eine oder das andere die bessere Lösung ist, ist eine sehr individuelle Entscheidung. Die Versorgung zu Hause hat aber einige prinzipielle Vorteile, weswegen heute vielfach versucht wird, diesen Weg durch bessere ambulante Versorgungsstrukturen und durch den Einsatz innovativer Technologien zu stärken. Zudem entspricht es dem Wunsch vieler älterer Menschen, möglichst lange zu Hause zu leben.

Zu den Vorteilen der Versorgung in den eigenen vier Wänden zählt, dass die älteren Menschen eher in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Dadurch können sie ihre Alltagstätigkeiten weitgehend erhalten – eine wichtige Voraussetzung, um körperlich, geistig und sozial aktiv und integriert zu bleiben. Auch finanzielle Erwägungen sprechen für eine ambulante pflegerische Versorgung, denn sie ist in den meisten Fällen deutlich kostengünstiger. Schließlich hat die Versorgung daheim auch medizinische Vorteile: Die Gefahr von Infektionserkrankungen ist zu Hause eindeutig geringer als in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen.

Welche Bedürfnisse haben ältere Menschen, wenn sie gesundheitlich eingeschränkt sind? Und wie möchten sie versorgt werden? Antworten auf Fragen wie diese geben die „Studien der Versorgungs- und Pflegeforschung für ältere und hochbetagte Menschen“. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln und untersuchen die Wirkungen von Versorgungs- und Pflegekonzepte, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten sind. Im Vordergrund stehen dabei Faktoren wie die Selbstbestimmung, die soziale Teilhabe sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

Telemedizin bei chronischen Krankheiten

Ein Problem der ambulanten Betreuung im Alter besteht darin, dass bei vielen chronischen Erkrankungen eine engmaschige Kontrolle von Vitalwerten beziehungsweise regelmäßige Arztkontakte wünschenswert oder notwendig sind. Gerade in ländlichen Regionen kann das wegen der damit verbundenen Anfahrtswege für ältere Menschen, die Ärztin oder den Arzt mühsam sein. Eine Antwort hierauf liefert die Telemedizin, also die medizinische Fernbetreuung bei chronischen Erkrankungen unter Zuhilfenahme moderner Informations- und Kommunikationstechnologie.

Telemedizin kann bei zahlreichen Erkrankungen helfen, die Versorgung zu optimieren. So können Funktionsparameter von Schrittmachern oder implantierbaren Defibrillatoren heute zunehmend auf Distanz abgefragt werden. Das erspart lange Wege zum Schrittmacherspezialisten. Bei chronischem Herzversagen lässt sich telemedizinisch anhand des Gewichtsverlaufs und anderer Parameter erkennen, ob eine Verschlechterung droht oder nicht. Im Idealfall können dadurch Klinikeinweisungen verhindert werden. Auch außerhalb der Kardiologie wird Telemedizin immer intensiver in Studien evaluiert, beispielsweise bei Patientinnen und Patienten mit Schlaganfällen, mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung oder mit Zuckerkrankheit.

Für die Versorgung älterer Menschen fehlen in vielen Bereichen wissenschaftlich abgesicherte Empfehlungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat daher die „Förderung klinischer Studien mit hoher Relevanz für die Versorgung älterer und hochaltriger Patientinnen und Patienten“ ins Leben gerufen. Durch die Maßnahme werden klinische Studien, systematische Übersichtsarbeiten und methodische Forschungsprojekte unterstützt, die dazu beitragen, den Bedürfnissen und Wünschen älterer Menschen gerecht zu werden.

Altersgerechtes Wohnen

Neben Telemedizinsystemen können auch andere durch die Informations- und Kommunikationstechnologie gestützte Assistenzsysteme dazu beitragen, bei älteren Menschen einen frühzeitigen Umzug ins Pflegeheim zu vermeiden. Solche Lösungen, bei denen es nicht so sehr um die medizinische Versorgung geht, sondern vor allem darum, den Alltag im Alter sicherer zu machen, werden unter dem Begriff „Ambient Assisted Living“ (AAL) zusammengefasst. Unter AAL verstehen Expertinnen und Experten altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben älterer Menschen.

Ein seit langem etabliertes, sehr einfaches und alltagstaugliches AAL-System ist der Hausnotruf, den kommerzielle Anbieter und auch viele Sozialdienste im Portfolio haben. Viele moderne AAL-Lösungen nutzen innovative Sensorik, um den klassischen Hausnotruf zu erweitern. So evaluieren Forschungsprojekte beispielsweise unterschiedliche Sturzsensoren, die am Körper getragen oder an Teppichen angebracht werden können. Sie treten dann in Aktion, wenn ein älterer Mensch nach einem Sturz nicht mehr selbst Hilfe rufen kann. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die nötige Hilfe zu lange verzögert.

Die Sicherheit im Alter erhöhen können auch unterschiedliche Systeme für die Hausautomatisierung. Die Palette reicht hier vom automatisch gesteuerten Herd bis hin zu umfangreichen elektronischen „Butler“-Systemen, die über eine einfach zu bedienende Nutzeroberfläche alle möglichen Funktionen anbieten.  AAL-Lösungen können auch im Zusammenhang mit präventivmedizinischen Szenarien im Alter eingesetzt werden. So gibt es beispielsweise Projekte, in denen Hometrainer, die mit sozialen Netzwerken verknüpft sind, älteren Menschen ein gemeinsames Sporterlebnis ermöglichen, ohne dass die betreffenden Personen ihre jeweilige Wohnung verlassen müssten.

Ergebnisse der Gesundheitsforschung

Professor Dr. Hans-Helmut König ist Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und Kernmitglied des Hamburg Center for Health Economics (HCHE).

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