Verwandte der SARS-Viren erstmals bei Fledermäusen in Deutschland nachgewiesen

Mit dem Erreger der Lungenkrankheit SARS entfernt verwandte Coronaviren kommen auch bei Fledermäusen in Deutschland vor. Dies fand das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt „Ökologie und Pathogenese von SARS“ heraus.

Das Projekt soll helfen, das Risiko von Zoonosen - von Tieren auf Menschen übertragbaren Infektionskrankheiten - zu bewerten. Die Lungenkrankheit SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) dient dabei als Modell. Sie wird durch Coronaviren ausgelöst, die aus chinesischen Fledermäusen stammen. Die Wissenschaftler haben bisher keine Hinweise, dass die hierzulande bei Fledermäusen gefundenen Viren für den Menschen gefährlich werden könnten.


Jede zehnte Fledermaus ist Virusträger „Unsere Arbeit zeigt, dass Coronaviren auch außerhalb von China in Fledermäusen existieren“, sagt Studienleiter Professor Christian Drosten vom Universitätsklinikum Bonn. „Und wir haben auch erste Hinweise gefunden, wie sich diese Viren in Fledermäusen halten und vermehren.“ Im Kot fast jeder zehnten Fledermaus fanden die Virologen Spuren von Gruppe-I-Coronaviren. Vor allem Jungtiere und ihre Mütter erwiesen sich als häufige Virusträger. In den sogenannten Wochenstuben-Kolonien, die erwachsene männliche Fledermäuse meiden, stecken sie sich wahrscheinlich gegenseitig an. Drosten vermutet, dass sich die Coronaviren dabei - ähnlich wie Erkältungsviren beim Menschen - bevorzugt in den immunologisch ungeschützten Jungtieren vermehren. Um diese These zu überprüfen, wollen die Wissenschaftler nun weitere Untersuchungen an den in Deutschland streng geschützten Tieren durchführen und beispielsweise nach Virusantikörpern suchen. Das Team um Drosten untersuchte insgesamt 315 Fledermäuse von sieben verschiedenen Arten. Die Tiere wurden im Sommer 2007 in der Umgebung von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein gefangen. Die Höhlen des dortigen Kalkbergs sind ein bedeutendes europäisches Winterquartier. An der Studie beteiligten sich neben Virologen des Universitätsklinikums Bonn und des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg auch Experten des Noctalis-Fledermaus-Zentrums in Bad Segeberg.

Coronaviren meist harmlos für Menschen
Das Verbundprojekt will grundlegende Erkenntnisse darüber gewinnen, wie sich Zoonosen mithilfe ihrer natürlichen Wirtstiere ausbreiten und wie es zu einem Übergang auf den Menschen kommen kann. Für den Menschen gefährliche Viren könnten dann in Zukunft bereits in ihren Wirtstieren bekämpft werden. Coronaviren infizieren sowohl den Menschen als auch Wirbeltiere. Fledermäuse gelten weltweit als die wahrscheinlichsten Wirtstiere für alle Coronaviren. Bis zur SARS-Entdeckung im Jahr 2003 wurden sie als harmlos für Menschen angesehen. Bekannt waren bis dahin zwei Arten Humaner Coronaviren (HcoV), die relativ unproblematische Erkältungskrankheiten verursachen. Gemeinsames Merkmal aller Coronaviren ist ihr Aufbau: Sie bestehen aus einer kranzförmigen (lat. corona = Kranz) Proteinhülle, welche die aus Ribonukleinsäure (RNA) bestehende Erbsubstanz schützt. Das schwere akute Atemwegssyndrom SARS wird ausgelöst durch ein Gruppe-II-Coronavirus, das SARS-Coronavirus (SARSCoV). Im Laufe des Jahres 2003 wurden durch die damals neuartige Erkrankung weltweit rund 8.000 Menschen infiziert, mehr als 900 starben. Die Symptome der Erkrankung ähneln denen einer Lungenentzündung. Die Übertragung auf den Menschen wurde wahrscheinlich erst durch eine Mutation der Viren möglich.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Drosten
Universitätsklinikum Bonn
Institut für Virologie
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53127 Bonn
Tel.: 0228 287-11055
Fax: 0228 287-19144
E-Mail: drosten@virology-bonn.de