21.04.2023

| Aktuelle Meldung

Von der Zoonose zur Pandemie: Ist Deutschland vorbereitet?

Beim Treffen der deutschen Zoonosenforschung in Berlin ging es um die Ergebnisse langfristiger Forschungsförderung zu zoonotischen Infektionserregern und deren Potenzial zur Reduzierung möglicher epidemischer oder pandemischer Gesundheitskrisen.

Fledermäuse

Die Erforschung des Coronavirus SARS-CoV-1, das 2002/2003 eine Pandemie auslöste, brachte grundlegende Erkenntnisse, von denen die Wissenschaft in der COVID-19-Pandemie profitierte.

Cucu Remus / iStock

Die führenden Expertinnen und Experten der deutschen Zoonosenforschung kamen am Freitag (21. April) im Berliner Futurium zusammen. Themen des Treffens waren ein Rückblick auf die COVID-19-Pandemie, ein Resümee zum aktuellen Stand der Forschung und ein Ausblick auf künftige Entwicklungen der zoonotischen Infektionsforschung. Professorin Dr. Veronika von Messling, Leiterin der Abteilung Lebenswissenschaften im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eröffnete die Veranstaltung unter der Überschrift „Von der Zoonose zur Pandemie: Ist Deutschland vorbereitet?“ mit einem Grußwort. Das Treffen war die Abschlussveranstaltung des vom BMBF geförderten Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten.

Im Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten wird intensiv an Viren und Bakterien geforscht, die zwischen Tier und Mensch übertragen werden und in der Fachsprache deshalb als zoonotische Erreger bezeichnet werden. Mit ihren Erkenntnissen tragen die Forschenden dazu bei, die von diesen Erregern ausgehenden Gefahren möglichst genau vorhersagen zu können, Übertragungswege zu identifizieren und entsprechende Strategien zur Behandlung der von ihnen ausgelösten Krankheiten zu entwickeln.

Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Expertinnen und Experten aus der Praxis gingen in Vorträgen unter anderem auf die zurückliegende COVID-19-Pandemie ein, aber auch auf andere zoonotische Erreger wie das West-Nil-Virus, das von Vögeln über Mücken auf den Menschen übertragen werden kann. Zudem ging es bei dem Treffen um antibiotikaresistente Bakterien, die weltweit zu einer immer größeren Gefahr für die Gesundheitssysteme werden. Damit Erkenntnisse der Wissenschaft möglichst schnell in der Praxis Anwendung finden, sind daher der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) und das Veterinärwesen Teil des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten. In einer abschließenden Podiumsdiskussion wurden Fragen erörtert, die auch in der Politik und Öffentlichkeit debattiert werden: ob zielgerichtete Forschung zur Verhinderung oder besseren Bewältigung zukünftiger Pandemien beitragen kann, wie es generell um das Wissen über in Deutschland existierende Zoonosen bestellt ist und wie eine verantwortungsvolle Kommunikation im Krisenfall aussehen sollte.

Das Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten wurde 2017 gegründet und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Bis 2024 wird das Ministerium für sieben inter- und transdisziplinäre Forschungsverbünde, sechs Nachwuchsgruppen und eine an der Berliner Charité angesiedelte Koordinierungsstelle insgesamt 40 Millionen Euro bereitgestellt haben.

Coronaviren – zoonotische Erreger mit besonders gefährlichem Potenzial

Nach wie vor im besonderen Fokus der Zoonosenforschung stehen die Coronaviren, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt auch SARS-CoV-2 aus dem Tierreich, der Ende 2019 erstmals aufgetretene Auslöser der weitweiten COVID-19-Pandemie. In ihrem Eröffnungsvortrag blickten die Virologen Melanie Brinkmann von der Technischen Universität Braunschweig sowie Christian Drosten und Dr. Victor Corman von der Berliner Charité auf die Pandemie zurück – auf Wellen und Varianten, aber eben auch auf das an der Charité entwickelte Nachweisverfahren für eine Virusinfektion. Mit diesem Verfahren, das auf früheren Forschungsarbeiten beruht, konnte bereits unmittelbar, nachdem das neue Coronavirus Mitte Januar 2020 identifiziert und seine genetische Struktur veröffentlicht wurde, eine Infektion beim Menschen verlässlich nachgewiesen werden. 

Von der Zoonosenforschung zur Forschung für One Health

Das Forschungsnetz ist ein wichtiger Baustein der Infektionsforschung in Deutschland und zielt ebenso wie die übergeordnete, ressortübergreifende Nationale Forschungsplattform für Zoonosen, die seit 2009 vom BMBF gefördert wird, auf eine bessere Vernetzung innerhalb und zwischen Forschungsdisziplinen wie zum Beispiel Human- und Tiermedizin sowie Biologie. Künftig soll die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen zu einer Forschungsplattform für One Health weiterentwickelt werden. So soll der Fokus der Wissenschaft noch stärker auf den wechselseitigen Einfluss zwischen der Gesundheit der Menschen, der Tiere und der Umwelt ausgerichtet werden.

Hierzu wurde Oktober 2022 von sechs Bundesressorts eine neue Forschungsvereinbarung geschlossen: dem BMBF, dem Bundeministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).