Professorin Dr. Christine Mummery, Entwicklungsbiologin und Stammzellforscherin (NL)

Christine Mummery ist Professorin für Entwicklungsbiologie und war 2020-21 Präsidentin der „International Society for Stem Cell Research“. Sie entwickelt aus Stammzellen Organ-ähnliche Strukturen zum Testen möglicher Medikamente.

Porträt von Professor Dr. Christine Mummery

Professorin Dr. Christine Mummery

Elisabetta Citterio

Christine Mummery leitet am Medizinischen Zentrum der Universität Leiden die Einrichtung für induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC). 2008 übernahm sie den Lehrstuhl für Entwicklungsbiologie und war von 2009-2020 Leiterin der Abteilung. Ihre aktuelle Forschung befasst sich mit der Modellierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hierfür züchtet sie aus induzierten Stammzellen von Patienten Organ-ähnliche Strukturen, sogenannte Organoide. An solchen Organmodellen kann die Wirksamkeit und Verträglichkeit möglicher Medikamente getestet werden.

Sie war Mitbegründerin der „Organ on Chip Society“ und der niederländischen Organisation „Human Desease Modelling Technology“. Sie gründete gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern die Zeitschrift „Stem Cell Reports“. Für ihre Forschungsarbeiten erhielt sie u.a. zwei Förderungen durch den Europäischen Forschungsrat (ERC).

Sie ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gremien und Wissenschaftsakademien wie beispielsweise der „Royal Netherlands Academy of Science“.
Weitere Informationen: Christine Mummery - Leiden University Medical Center


Abstract

Potenziale und Grenzen in der Nutzung von humanen Stammzellen und Organoiden

Stammzellen lassen sich am einfachsten beschreiben, indem man sie je nach ihrer Herkunft in drei Typen unterteilt: adulte Stammzellen aus Körpergeweben, die in der Lage sind, Zellen zu reparieren oder zu ersetzen, die durch Beschädigung verloren gegangen sind; embryonale Stammzellen, die aus präimplantierten Embryonen in vitro gewonnen werden, und induzierte pluripotente Stammzellen, die durch die Re-Programmierung somatischer Zellen in einen pluripotenten Zustand erzeugt werden. Alle drei haben eigene spezifische Fähigkeit, sich selbst zu erneuern, verschiedene Zelltypen durch Differenzierung zu bilden und Eigenschaften von fötalem oder erwachsenem Gewebe zu replizieren. Aus diesem Grund unterscheiden sich ihre potenziellen biomedizinischen Anwendungen oft voneinander, obwohl es erhebliche Überschneidungen zwischen denen von embryonalen und induzierten pluripotenten Stammzellen gibt. Ihre unterschiedliche Herkunft bringt unterschiedliche ethische Fragen in Bezug auf ihre Verwendung mit sich, während ihre unterschiedliche Fähigkeit zur Differenzierung eine Reihe von anderen ethischen Fragen aufwirft. Adulte Stammzellen bilden nur Zelltypen des Gewebes oder Organs, aus dem sie stammen, und sie haben ähnliche Eigenschaften wie die Zellen des erwachsenen Körpers. Sie können zur Modellierung von Krankheiten und für die Zelltherapie in der Regenerationsmedizin verwendet werden, lassen sich aber nicht aus allen Organen (z. B. dem Herzen) gewinnen. Im Gegensatz dazu können embryonale und induzierte pluripotente Stammzellen alle Zelltypen des menschlichen Körpers bilden, einschließlich Gehirn, Herz und Keimzellen, aber die differenzierten Derivate sind im Allgemeinen unreif und entsprechen einer frühen Entwicklungsstufe. Dies schränkt derzeit ihre Verwendung bei der Modellierung von Krankheiten ein, begünstigt aber im Allgemeinen ihre Verwendung bei der Zelltransplantation und -therapie. Embryonalen und induzierten pluripotenten Stammzellen sind zwar viele Eigenschaften gemeinsam, aber das Reprogrammierungsverfahren, das zur Gewinnung induzierter pluripotenter Zellen verwendet wird, macht ihre Verwendung in der Therapie risikoreicher als die Verwendung embryonaler Stammzellen. Die ethischen Bedenken, die mit embryonalen Stammzellen verbunden sind, können jedoch dazu führen, dass induzierte pluripotente Stammzellen dennoch bevorzugt eingesetzt werden. Die Grenzen und Vorteile dieser verschiedenen Stammzelltypen werden auch im Zusammenhang mit den jüngsten "Richtlinien für Stammzellen in der Forschung" der Internationalen Gesellschaft für Stammzellenforschung vom Juni 2023 erörtert.

(Übersetzung aus dem Englischen)