Methodenentwicklung

Große Erfolge in den Lebenswissenschaften sind eng mit der Entwicklung neuer Methoden verknüpft. Frühere Diagnosen, bessere Therapien, verträgliche Medikamente – von der Weiterentwicklung visionärer Ideen profitieren letztlich die Patientinnen und Patienten.

Eine junge Forscherin im Laborkittel blickt konzentriert auf ein großes graues Laborgerät, mit dem Proben analysiert werden können. Sie hält mit ihrer linken Hand eine rote rechteckige Platte mit kleinen Vertiefungen für Proben über die Mitte des Laborgerätes, um sie dort zu platzieren.

Dank moderner Methoden und Technologien können im Laboralltag Forschungsfragen immer schneller beantwortet  werden.

NGFN/BMBF

Innovative Methoden in der lebenswissenschaftlichen Grundlagenforschung haben großen Anteil an den wissenschaftlichen Errungenschaften und Durchbrüchen der vergangenen Jahre. Das komplette menschliche Genom lässt sich heute schnell und kostengünstig entschlüsseln – ohne die Entwicklung moderner Hochdurchsatzverfahren und bioinformatischer Analysemethoden wäre dies nicht möglich gewesen. Nur ein Beispiel, das zeigt, wie wichtig innovative Methoden und Technologien als treibende Kraft für den Fortschritt in den Lebenswissenschaften sind. In vielen lebenswissenschaftlichen Forschungsbereichen sind jedoch noch zahlreiche Fragen offen, werden weiterhin innovative Ideen und Lösungsansätze für die Entschlüsselung des Lebens gesucht. Ob Aufklärung der interzellulären Kommunikation, Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch oder Optimierung der Kultivierungsbedingungen von Bakterienstämmen – das Bundesforschungsministerium unterstützt in zahlreichen Projekten die Weiter- und Neuentwicklung von Methoden und Technologien in den Lebenswissenschaften und damit die Suche nach Antworten.

Kreativworkshops – Wer hat die beste Idee?

Visionäre Ideen entstehen manchmal eher zufällig, etwa wenn Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen miteinander ins Gespräch kommen und sich ihre Forschungsansätze miteinander verknüpfen lassen. Mit Kreativ-Workshops zur Methodenentwicklung bietet das Bundesforschungsministerium eine Plattform für diesen interdisziplinären Austausch. Die Workshops bringen Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen zusammen. Zwei Tage lang ist keine Idee zu abwegig. Fachübergreifend diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Ansätze und Ziele und sondieren, was vielleicht morgen schon machbar sein könnte. Welches Potential schlummert in den Bakterien, die sich bislang im Labor noch nicht züchten lassen? Welche medizinischen Fragen lassen sich mit Hilfe menschlicher Proben im Labor beantworten? Diese und ähnliche Fragen stehen dabei im Mittelpunkt des Austauschs. Besonders vielversprechende Ansätze werden anschließend vom BMBF für ein Jahr gefördert, in dem die Ideen vertieft ausgearbeitet werden können. Gelingt dies, werden sie in den darauffolgenden Jahren mit weiterer Unterstützung des BMBF umgesetzt – und bilden so die Grundlage für neue Methoden in den Lebenswissenschaften.

Weiterentwicklung für die Anwendung in der Klinik

Große Erwartungen setzt die Forschung auch in die Weiterentwicklung der Massenspektrometrie. Mit Hilfe dieser Methode lassen sich wichtige Zellkomponenten wie Proteine, Stoffwechselprodukte oder Fette detailliert erforschen. Die Biomoleküle können sowohl identifiziert, charakterisiert als auch quantifiziert werden. Die Anwendung dieser Methode im Klinikalltag ist jedoch weiterhin eine Herausforderung, dabei hat sie großes Potenzial, Antworten auf klinisch relevante Forschungsfragen zu geben: Welche Zellkomponenten sind an Krankheiten beteiligt? Wo gibt es Anknüpfungspunkte für neue Wirkstoffe? Wie lassen sich Nebenwirkungen von Medikamenten vermeiden? Methodische Weiterentwicklungen im Bereich der Massenspektrometrie können die Grundlage für neue Erkenntnisse liefern, die die Medizin den Zielen früherer Diagnosen und präziserer Therapien für eine personalisierte Medizin einen großen Schritt näher bringen.

Tierversuche durch alternative Methoden ersetzen

Beim Thema Tierversuche bewegt sich die Forschung in einem Spannungsfeld: Erkenntnisgewinn und Sicherheitsbestreben des Menschen auf der einen stehen dem im Grundgesetz verankerten Tierschutz auf der anderen Seite gegenüber. Es gilt, Tierversuche zu vermeiden, wo immer es möglich ist. Deutschland ist auf dem Gebiet der Entwicklung und Förderung von Alternativmethoden zum Tierversuch einer der Vorreiter: Seit fast 40 Jahren unterstützt das Bundesforschungsministerium die Suche nach Ersatzmethoden zum Tierversuch – bislang mit mehr als 190 Millionen Euro für rund 600 Projekte. Die Förderung fußt auf dem sogenannten 3R-Konzept. Ziel dieses Konzeptes ist es, Tierversuche durch alternative Methoden zu ersetzen (Replacement = Ersatz). Wenn dies nicht möglich ist, soll die Zahl der benötigten Tiere zumindest auf ein Minimum beschränkt werden (Reduction = Verringerung). Zudem geht es darum, das Leiden der eingesetzten Tiere zu verringern und aus dem einzelnen Tierversuch so viele Informationen wie möglich zu gewinnen (Refinement = Verfeinerung).

„Der Schutz des Menschen ist ein hohes ethisches Gut, der Schutz der Tiere ist aber nicht weniger wichtig. Jede Möglichkeit der Vermeidung von Leid bei Tieren ist zu ergreifen.“

Professorin Monika Schäfer-Korting, Pharmakologin und Toxikologin an der Freien Universität Berlin

Die geförderten Projekte sind vielfältig und decken ein breites Spektrum an Alternativmethoden und Einsatzbereichen ab. So bauen Forscherinnen und Forscher mithilfe dreidimensional wachsender Zellkulturen komplexe Strukturen des menschlichen Körpers nach – von einzelnen Geweben und Blutgefäßen bis hin zu kompletten Organen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchen etwa, ganze Organsysteme des menschlichen Körpers in Miniaturformat auf sogenannten Biochips nachzubilden und miteinander zu vernetzen. Die Vision der Forschenden ist ein „Human-on-a-Chip“, der die Abläufe im menschlichen Organismus möglichst exakt widerspiegeln kann. Auch die aktuellen Entwicklungen bei der Computermodellierung sind vielversprechend: Forschungsteams aus verschiedenen Fachrichtungen arbeiten daran, physiologische Prozesse in komplexen Organen wie beispielsweise der Leber am Computer zu simulieren. Die Computermodelle könnten Tierversuche künftig etwa im Rahmen von Medikamentenstudien ersetzen.