27.09.2021

| Aktuelle Meldung

Weltherztag betont Nutzen digitaler Technologien

Der diesjährige Weltherztag rückt digitale Anwendungen in den Fokus der medizinischen Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das BMBF-geförderte Projekt CAEHR zeigt auf, wie sich die Versorgung Betroffener dank der Digitalisierung verbessern lässt.

Junge Ärztin und Patient schauen auf ein Tablet in einem Behandlungszimmer

Ziel des ForschungsHub CAEHR ist es, mit Hilfe digitaler Technologien die Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern.

Squaredpixels/iStock

Trotz wichtiger Erfolge in Diagnostik und Therapie: Gemessen an der Todesrate sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor die Volkskrankheit Nummer eins Innovative digitale Verfahren und Instrumente können einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlbefinden leisten. Die World Heart Federation (WHF) rückt deren Bedeutung beim diesjährigen Weltherztag mit dem Motto „Use Heart to connect“ – Verbindung mit Herz – in den Fokus.

Die Potenziale der Digitalisierung für die medizinische Forschung nutzen, um damit die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten im Alltag zu verbessern – genau das ist auch der Ansatz der Medizininformatik-Initiative (MII), die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2018 fördert. Über die MII wird der bundesweite Aufbau eines Netzwerks gefördert, in dem Forschung und Versorgung wichtige Daten miteinander austauschen. Aus den geförderten Konsortien heraus wurden Mitte 2021 sechs Digitale FortschrittsHubs Gesundheit ins Leben gerufen, damit Patientinnen und Patienten auch jenseits der Unikliniken von den digitalen Innovationen profitieren.

Ganz explizit widmet sich der FortschrittsHub CAEHR (CArdiovascular diseases – Enhancing Healthcare through cross-sectoral Routine data integration) der Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In drei Regionen Deutschlands – Hannover/Göttingen, Berlin und Würzburg/Mainfranken – wird CAEHR digitale Lösungen für eine bessere Versorgung erproben und für den späteren bundesweiten Einsatz weiterentwickeln.

Am 29. September ist Weltherztag!

„Use Heart to connect“ – Verbindung mit Herz: Unter diesem Motto steht der diesjährige Weltherztag der World Heart Federation (WHF). Mit dem Slogan rückt die WHF das Thema Herzrhythmusstörungen in den Fokus ihrer Aktivitäten; er soll dazu anregen, digitale Technologien wie Smartwatches, Gesundheits-Apps oder telemedizinische Anwendungen zu nutzen. Diese Technologien können entscheidend dazu beitragen, beispielsweise die Risikofaktoren für einen Herzinfarkt zu ermitteln und zu verringern. So lassen sich sowohl die Prävention und Diagnostik als auch die medizinische Versorgung erleichtern und verbessern.  

World Heart Federation
Weltherztag / Deutsche Herzstiftung

Im Fokus von CAEHR steht der Informationsfluss zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitssystems – von der Notfallversorgung im Krankenwagen über die stationäre und ambulante Versorgung bis hin zur Rehabilitation und Nachsorge in der Hausarztpraxis. Die Koordination des Projekts liegt bei Professorin Dagmar Krefting, der Leiterin des Instituts für Medizinische Informatik an der Universitätsmedizin Göttingen. Im Kurzinterview erläutert sie die Möglichkeiten der Digitalisierung für Forschung und Versorgung in der Herz-Kreislauf-Medizin.

Prof. Dr. Dagmar Krefting

Prof. Dr. Dagmar Krefting, Leiterin des Instituts für Medizinische Informatik der Universitätsmedizin Göttingen und Koordinatorin des FortschrittsHub CAEHR.

Universitätsmedizin Göttingen

Professorin Krefting, wie finden Sie das Motto des diesjährigen Weltherztages?

Ich finde es großartig. Zunächst einmal passt es sehr gut zu den pandemiebedingten spezifischen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen. Aber es geht um mehr, denn die Digitalisierung bietet noch sehr viel Potenzial für die Optimierung der Krankenversorgung, wenn wir alle Beteiligten im besten Sinne über den gesamten Behandlungspfad vernetzen. Smarte Algorithmen können diese Entwicklung unterstützen und das wollen wir mit CAEHR erreichen.

Wo setzt CAEHR inhaltliche Schwerpunkte? 

Wir haben zunächst drei Anwendungsfelder ausgewählt, die auch gut zu den Schwerpunkten des Weltherztages passen: Schlaganfall, Rehabilitation und Ambulanz. Beim Schlaganfall geht es um eine möglichst schnelle Diagnose und Versorgung – egal ob jemand auf dem Lande oder in der Stadt wohnt. Eine gute Nachsorge und Rehabilitation ist ganz entscheidend für den Behandlungserfolg und schließlich wollen wir uns den ambulanten Bereich erschließen, sprich eine vernetzte Versorgung im Krankenhaus und der ärztlichen Praxis. Die Perspektive von Patientinnen und Patienten ist uns in jedem Fall sehr wichtig, denn Herz-Kreislauferkrankungen entwickeln sich häufig über viele Jahre hinweg. Deshalb kann man bei guter Informationslage schon früh etwas tun, aber auch im fortgeschrittenen Stadium gut auf den Krankheitsverlauf Einfluss nehmen.

Wie gehen Sie die Forschungsarbeiten an?

Zurzeit erarbeiten wir die Bewertungskriterien, mit denen wir den Erfolg unserer Arbeit erfassen wollen. Einerseits müssen diese Kriterien messbar und nicht nur vage Bekenntnisse sein. Zugleich müssen sie die ganz unterschiedlichen Interessen und Erwartungen aller Beteiligten erfüllen, also der Patientinnen und Patienten, des medizinischen Fachpersonals, der Dienstleister wie Krankenhäuser und Versicherer sowie der Wissenschaft. Ein Beispiel: Für Patientinnen und Patienten ist die messbare Verbesserung der Lebensqualität nach einer Operation der entscheidende Erfolgsfaktor, für Forscherinnen und Forscher spielt eine Verbesserung der Datenverfügbarkeit und -auswertbarkeit eine wichtige Rolle.

Wie lassen sich diese Anforderungen technisch unter einen Hut bringen?

Um die digitalen Werkzeuge miteinander verknüpfen zu können, müssen alle Beteiligten ihre jeweiligen Daten im selben Format und nach denselben Standards eingeben und zur Verfügung stellen. Sind beispielsweise die Gesundheitsdaten in meiner App nicht in meine digitale Gesundheitsakte übertragbar, dann können sie weder mit anderen Informationen für die Gesundheitsversorgung verknüpft werden noch stehen sie für die Entwicklung besserer Verfahren zur Verfügung. Im Ergebnis heißt dies: Sie gehen verloren.

Lassen sich denn nicht auch bereits vorhandene digitale Lösungen nutzen?

Nicht wirklich. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist sehr speziell, digitale Lösungen beispielsweise aus den USA lassen sich nicht einfach übernehmen. Es gibt ganz spezifische Anforderungen und Rahmenbedingungen der verschiedenen Beteiligten, aber auch des Gesundheitssystems und des Gesetzgebers, die wir in ihrer Komplexität berücksichtigen müssen.

Mehr zu CAEHR: Die Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen optimieren
Ob Notfallversorgung, Rehabilitation oder ambulante Betreuung: Am Beispiel verschiedener Herz-Kreislauferkrankungen zeigt CAEHR modellhaft auf, wie die Digitalisierung in der Medizin die Versorgungserfolge im Alltag verbessern kann.