Nervensystem und Psyche

Seit Jahren steigt die Zahl der Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Dank aktueller Forschung werden Krankheitsursachen und -mechanismen besser erkannt. Das schafft Grundlagen die Behandlungsmöglichkeiten zu optimieren.

Rückansicht einer Frau, die auf weit entfernte Lichter blickt.

Laut Weltgesundheitsorganisation leidet jeder dritte Mensch mindestens einmal im Leben unter einer Depression oder einer anderen psychischen Störung.

finwal/Thinkstock

Forschung zu psychischen Erkrankungen nachhaltig ausbauen

Psychische Erkrankungen, zu denen auch Abhängigkeitserkrankungen zählen, belasten Betroffene und ihre Angehörigen und wirken sich deutlich auf die Lebensqualität aus. Untersuchungen verschiedener Krankenkassen zeigen zudem, dass diese Erkrankungen in Deutschland mittlerweile der zweithäufigste Grund für betriebliche Fehlzeiten und die Hauptursache für gesundheitsbedingte Frührenten sind. Sie führen darüber hinaus zu überdurchschnittlich langen Krankschreibungen.

Neue Wege in der Therapie und Versorgung

Daher ist es wichtig, die medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungsansätze weiter zu entwickeln und ihre Wirkung systematisch zu untersuchen. In neue Diagnose-, Therapie- und Präventionskonzepte müssen molekularbiologische, psychologische, medizinische sowie sozialwissenschaftliche Erkenntnisse ebenso einfließen wie das Wissen über soziokulturelle und umweltbezogene Risikofaktoren. Zudem ist es wichtig zu berücksichtigen, dass häufig mehrere psychische Erkrankungen zusammen auftreten – oft auch kombiniert mit körperlichen oder Suchterkrankungen, wie Alkohol- und Drogensucht, zunehmend auch Spiel- und Internetsucht.

Auch besondere Lebenserfahrungen können die psychische Gesundheit beeinflussen und das Risiko für eine psychische Erkrankung erhöhen. Traumatische Erlebnisse wie Gewalt oder Vernachlässigung im Kindesalter oder im Zuge von Flucht und Migration stellen eine enorme Belastung für die Betroffenen dar. Hier muss die Forschung neue Wege der Therapie und Versorgung aufzeigen. Dabei sind neben Risikofaktoren auch vorbeugende Faktoren in den Blick zu nehmen. Hierbei ist auch auf technologische Entwicklungen zu reagieren, die neue Präventions- und Therapieansätze ermöglichen, beispielsweise durch niederschwellige, internetbasierte Zugangsmöglichkeiten.

Breit aufgestellte Forschung

Im Bereich der psychischen Erkrankungen ist die deutsche Forschungslandschaft hervorragend aufgestellt. Psychiatrische Forschung auf internationalem Niveau ist in vielen Universitäten fest verankert. Sie wird ergänzt durch herausragende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Ressortforschungseinrichtungen, wie das Robert Koch-Institut  und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert im Rahmen seiner Ressortforschung Forschungsvorhaben, die auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen und verschiedene Zielgruppen adressieren, beispielsweise zur internetbasierten Aufklärung junger Menschen über psychische Erkrankungen, zur Suizidprävention oder zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen im psychiatrischen Hilfesystem.

Gebündelte Expertise am Deutschen Zentrum für Psychische Gesundheit

Das vorhandene Wissen um psychische Erkrankungen und damit verbundene Belastungen muss jedoch besser zusammengeführt und weiterentwickelt werden, um die Situation der Betroffenen zu verbessern. Mit der Gründung eines Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit werden deutschlandweit die stärksten Kräfte aus allen relevanten Fachdisziplinen gebündelt. Damit werden die Voraussetzungen für eine verstärkte Kooperation der einzelnen Einrichtungen, eine engere Verknüpfung der Fachdisziplinen und eine konsequentere Ausrichtung auf die Translation geschaffen, die zügige Übertragung von Forschungsergebnissen in den medizinischen Alltag. Ziel ist es, vielversprechende Forschungsergebnisse schneller weiterzuentwickeln und somit den Menschen rascher zugänglich zu machen.

Mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutschland ist jedes Jahr von einer psychischen Erkrankung betroffen. Die Krankheitsbilder reichen von „A“ wie ADHS bis hin zu „Z“ wie Zwangsneurosen, zu den häufigsten zählen Angststörungen und Depressionen. Für Betroffene und Angehörige ist eine solche Erkrankung mit beträchtlichem Leid verbunden sowie mit massiven Einschränkungen im privaten und beruflichen Leben. Erkrankungen der Psyche belasten auch die Gesellschaft als Ganzes: Dem Gesundheitswesen und der deutschen Volkswirtschaft entstehen jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe.