Eine einzelne dieser Erkrankungen betrifft nur wenige Menschen. Doch allein in Deutschland leiden mehr als vier Millionen Patientinnen und Patienten an einer der mehr als 6.000 bekannten Seltenen Erkrankungen.
Selbsthilfeorganisationen verleihen Menschen mit Seltenen Erkrankungen eine Stimme. Dazu nutzen sie beispielsweise Aktionen am Tag der Seltenen Erkrankungen.
ACHSE e.V.
Es scheint paradox: Jede vierte aller weltweit vorkommenden Krankheiten gilt als selten. In ihrer Gesamtheit sind sie dadurch so häufig wie eine Volkskrankheit. Und doch bleiben Menschen mit Seltenen Erkrankung oft allein. Denn „selten“ heißt, dass eine Erkrankung nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen betrifft. So kommt es vor, dass in einem Land nur einige Hundert Menschen an einer dieser Erkrankungen leiden – manchmal weniger: Ein extremes Beispiel ist die Progerie, eine Krankheit, die den Alterungsprozess im Körper stark beschleunigt und bereits Kinder zu Greisen macht. Weltweit sind nur etwa 200 Kinder von Progerie betroffen.
BMBF stärkt die Forschungsförderung im Bereich der Seltenen Erkrankungen
Im Februar 2018 veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die „Richtlinie zur Förderung translationsorientierter Verbundvorhaben im Bereich der Seltenen Erkrankungen“. Damit verstärkt es sein Engagement auf diesem Gebiet: 107 Millionen Euro investierte das BMBF seit 2003 bereits in nationale Verbundprojekte, um die Ursachen von Seltenen Erkrankungen zu erforschen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Die neue Initiative stellt dafür bis 2022 weitere 33,7 Millionen Euro bereit. Wichtigstes Ziel ist es, die Situation der Betroffenen zu verbessern.
Mit der Krankheit allein
Je weniger Menschen an einer Krankheit leiden, desto geringer ist auch das Wissen über deren Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten. Und desto geringer ist ist ein wirtschaftliches Interesse, in neue Diagnosetechniken oder Wirkstoffe zu investieren. Die englische Bezeichnung „orphan diseases“ macht das deutlich: Seltene Erkrankungen waren lange Zeit „Waisenkinder der Medizin“.
Das hat sich inzwischen geändert. Aus punktuell ausgerichteten Forschungsprojekten zu Einzelerkrankungen mit nur wenigen Patientinnen und Patienten wurde eine große Gemeinschaft, die den Seltenen Erkrankungen eine Stimme verleiht. Vernetzte Selbsthilfeorganisationen und internationale Kooperationen sollen dazu beitragen, den Betroffenen künftig besser zu helfen.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Selbsthilfeorganisationen Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, kurz ACHSE e.V., riefen das Aktionsbündnis 2010 ins Leben und veröffentlichten 2013 einen Nationalen Aktionsplan. Wichtigstes Ziel ist es, die Versorgung der Betroffenen zu verbessern. Das BMBF verfolgt mit seiner Forschungsförderung zu Seltenen Erkrankungen die Strategie, die Vernetzung von Expertinnen und Experten gezielt voranzutreiben – sowohl national als auch europaweit.
Kennzeichen Seltener Erkrankungen
Die Seltenheit ist die auffälligste Gemeinsamkeit der Seltenen Erkrankungen. Doch es gibt weitere gemeinsame Kennzeichen:
Leben mit einer Seltenen Erkrankung
Seltene Erkrankungen stellen Betroffene und ihre Familien vor große soziale und psychische Herausforderungen. Die Suche nach der richtigen Diagnose, die oft jahrelange Odyssee von einer Spezialistin zum nächsten Experten und schließlich Therapien in medizinischen Fachzentren, die oft weit entfernt vom Wohnort sind – das alles belastet die Betroffenen, ihre Familie und den Freundeskreis.
Um den Alltag zu verbessern, unterstützen inzwischen viele Patienten- und Selbsthilfeorganisationen ihre Mitglieder – etwa bei der Bewältigung von Behördengängen, bei Verhandlungen mit Banken und Krankenkassen oder bei der Suche nach geeignetem Pflegepersonal. Auch psychosoziale Hilfe wird geboten.