DECIDE: Versorgungsqualität in ländlichen Regionen verbessern

Telemedizin, Künstliche Intelligenz, mobile Sensoren – DECIDE nutzt vielfältige Werkzeuge, um Krebs und psychische Erkrankungen auch auf dem Land auf höchstem Niveau zu versorgen und die gewonnenen Daten für die Forschung zu nutzen.

Patient und Ärztin im Gespräch in einem Laborraum

Innovative IT-Lösungen sollen – in Übereinstimmung mit dem Datenschutz – Patientendaten aus der regionalen Versorgung künftig auch nutzen, um die klinische Forschung zu verbessern.

DLR Projektträger/BMBF

Menschen, die in der Nähe medizinischer Zentren leben, können innovative Angebote der modernen Medizin wohnortnah nutzen. Auf dem Land ist das nicht so einfach. Dieses Gefälle in der Versorgungsqualität mit modernen IT-Lösungen auszugleichen ist das zentrale Ziel des Digitalen Fortschrittshubs DECIDE (Decentralized digital Environment for Consultation, data Integration, Decision making and patient Empowerment). Gemeinsam mit regionalen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Selbsthilfegruppen entwickelt und erprobt die Universitätsmedizin Mainz modellhafte Lösungen, um die Menschen in den ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz unabhängig von ihrem Wohnort bestmöglich zu versorgen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken

Im Fokus von DECIDE stehen komplexe und chronische Erkrankungen, die viele Menschen betreffen: Krebs und Depressionen. Damit die Versorgung der Betroffenen auch auf dem Land leitliniengerecht unterstützt mit spezialisierten diagnostischen und therapeutischen Angeboten der Hochschulmedizin erfolgen kann, will die Universitätsmedizin Mainz mit ihrer Expertise regionale Versorger und deren Patientinnen und Patienten unterstützen.

Dr. Torsten Panholzer

Dr. Torsten Panholzer ist Koordinator von DECIDE und kommissarischer Leiter der Abteilung Medizinische Informatik an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Universitätsmedizin Mainz

„Die Verfügbarkeit von Daten und die Kommunikation zwischen allen Akteuren ist dabei der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Dr. Torsten Panholzer, Koordinator von DECIDE und kommissarischer Leiter der Abteilung Medizinische Informatik an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Dafür werden wir eine Plattform schaffen, die den Datenaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern einerseits und einer Universitätsklinik andererseits ermöglicht“, so Panholzer. Um Patientendaten zu erfassen und zu analysieren, um Behandelnde und Betroffene vor Ort bei Therapieentscheidungen zu unterstützen, setzt DECIDE auf vielfältige IT-Lösungen – von der Telemedizin über Smartphone-Apps bis hin zur Künstlichen Intelligenz.

Medizinischen Fortschritt beschleunigen

Die Analyse von Patientendaten aus der regionalen Versorgung wird auch der Forschung helfen, Volkskrankheiten noch präziser zu verstehen und individuelle Ansatzpunkte für Diagnosen und Therapien aufzuspüren. Doch bevor ein Erkenntnisgewinn – etwa als innovativer Therapieansatz – den Versorgungsalltag verbessert, müssen klinische Studien seine Wirksamkeit und Sicherheit belegen. Da die Studienteilnehmenden bestimmte medizinische Voraussetzungen erfüllen müssen, ist die Suche nach ihnen oft langwierig. Computergestützte Analysen regionaler Patientendaten sollen dies künftig beschleunigen. Forschende Ärztinnen und Ärzte können geeignete Personen dann gezielt ansprechen und ihnen die Möglichkeit anbieten, an aktuellen klinischen Studien teilzunehmen. „Im FortschrittsHub DECIDE arbeiten wir dafür an datenschutzkonformen IT-Lösungen. Sie sollen die klinische Forschung effizienter machen, damit der medizinische Fortschritt sicher und schnell bei den Menschen ankommt“, so Panholzer.

Volkskrankheiten besser erforschen und behandeln

In drei Anwendungsfällen will DECIDE modellhaft zeigen, wie digitale Lösungen die Versorgung in ländlichen Regionen verbessern können:

  • Onkologie: Lungen- und Dickdarmkrebs
    DECIDE wird eine telemedizinische Infrastruktur aufbauen. Die Universitätsmedizin Mainz kann darüber die regionalen Krankenhäuser und Arztpraxen sowie deren Patientinnen und Patienten beraten und eine hohe Qualität der ländlichen Versorgung gewährleisten. Auch die spezialisierte Diagnostik der Universitätsklinik – etwa die Analyse genetischer Tumordaten – soll personalisierte Therapieentscheidungen vor Ort ermöglichen. Dafür arbeitet DECIDE auch an der Weiterentwicklung eines Systems, das ärztliche Entscheidungen mithilfe Künstlicher Intelligenz unterstützen kann. Sofern möglich, wird krebskranken Personen auch die Teilnahme an klinischen Studien der Universitätsklinik und damit der Zugang zu modernsten Therapieoptionen eröffnet.
  • Psychiatrie: Depressionen
    Depressionen sind eine in vielen Fällen wiederkehrend oder chronisch verlaufende Volkskrankheit, die häufig zusammen mit anderen psychischen und somatischen Krankheitsbildern auftritt. Solche Komorbiditäten stellen hohe Ansprüche an die Therapiekonzepte und machen eine enge Abstimmung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung besonders wichtig. Der interdisziplinäre Austausch von Therapiedaten war bisher dadurch erschwert, dass in der Psychiatrie und Psychotherapie handschriftliche und Textaufzeichnungen eine viel größere Rolle spielten als in anderen Bereichen der Medizin. Umso wichtiger ist es, die Digitalisierung klinischer Daten zu etablieren und Kommunikationsstrukturen der beteiligten Akteure zu verbessern. Um dies zu fördern und fachliche Expertisen der Universitätsmedizin in der regionalen Versorgung verfügbar zu machen, wird DECIDE standardisierte klinische Daten digitalisieren und seine telemedizinische Infrastruktur nutzen. Um Therapieverläufe besser verfolgen zu können, soll zudem ein Telemonitoring-System ambulant versorgte Patientinnen und Patienten regelmäßig zu ihrem Gesundheitszustand befragen. Zugleich profitieren erkrankte Personen von „Wearables“ – tragbare Sensoren am Handgelenk, die therapierelevante Gesundheitsdaten aufzeichnen. Die Rückmeldungen und Daten der Patientinnen und Patienten speichert eine elektronische Akte, mit deren Hilfe die Behandelnden ihre Therapiepläne besser auf jede einzelne Person zuschneiden können. Zum anderen werden die Patientendaten an das Datenintegrationszentrum der Universitätsmedizin Mainz übertragen. Dort werden sie anonymisiert und können von der Gesundheitsforschung genutzt werden, um die Therapien gegen Depressionen weiter zu optimieren.
  • Sportmedizin
    Für viele Krebspatientinnen und -patienten ist körperliche Aktivität eine wichtige Begleittherapie, die beispielsweise die Nebenwirkungen von Chemotherapien mildert, etwa Müdigkeit oder Muskelschwäche. Auch depressiven Episoden, die Krebserkrankungen oft auslösen, wirken Bewegungsprogramme entgegen. Da sie im ländlichen Raum oft fehlen, will DECIDE personalisierte Bewegungsangebote entwickeln, die an die Smartphones der Patientinnen und Patienten übermittelt und die in der häuslichen Umgebung durchgeführt werden können. Über Sensoren am Handgelenk oder Rückmeldungen über die mobile App können Therapeutinnen und Therapeuten das Training überwachen.

Partner im Digitalen Fortschrittshub DECIDE

Koordination
  • Universitätsmedizin Mainz, IMBEI – Medizinische Informatik
Beteiligtes Konsortium der Medizininformatik-Initiative
  • MIRACUM
Partner
  • Universitätsmedizin Mainz
  • Universitäres Zentrum für Tumorerkrankungen
  • Universitätsmedizin Mainz
  • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Sportwissenschaft
  • Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM), Kaiserslautern
  • MCS Data Labs GmbH, Berlin
  • Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier
  • Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs
  • Selbsthilfe Stoma Welt e.V.
  • Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz e.V.
  • Krebsregister Rheinland-Pfalz gGmbH
  • Rheinhessen-Fachklinik Alzey
  • Helios HSK Wiesbaden
  • Landesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit Rheinland-Pfalz NetzG-RLP e.V.
  • Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Mainz
  • Praxis für Hämatologie und Onkologie Koblenz

Darüber hinaus arbeitet DECIDE mit weiteren hier nicht aufgeführten Kliniken und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zusammen.

DECIDE ist einer der sechs ab Mitte 2021 startenden Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit. Für diese Leitinitiative seiner Digitalstrategie stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2025 rund 50 Millionen Euro bereit. Aufgabe der FortschrittsHubs ist es, die Pionierarbeiten der Medizininformatik-Initiative zur Digitalisierung in der Medizin aus den Unikliniken – zunächst in Pilotprojekten – in alle Bereiche des Gesundheitssystems einfließen zu lassen: von der ambulanten Versorgung in der Hausarztpraxis über den stationären Aufenthalt im örtlichen Krankenhaus bis zur Versorgung in Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen.

Medizininformatik-Initiative

Digitale FortschrittsHubs Gesundheit