MiHUBx: ein digitales Ökosystem für Forschung, Diagnostik und Therapie

Viele verschiedene Akteure und Initiativen der Gesundheitsforschung und -versorgung miteinander zu einem nachhaltigen, wachstumsfähigen System zu vernetzen, ist das Ziel des Digitalen FortschrittsHubs MiHUBx.

Forschende in einem Büro schauen auf Bildschirm eines Laptops

MiHUBx wird ein digitaler Raum sein, der wachstumsfähig ist und es den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen ermöglicht, zielgerichtet miteinander zu kommunizieren.

DLR Projektträger/BMBF

Gute Ideen und engagierte, innovative Projekte zur Gesundheitsversorgung gibt es in Sachsen reichlich: Allein in den vergangenen zehn Jahren wurden über 70 von ihnen von der öffentlichen Hand gefördert. Bisher haben die Projekte jedoch individuell – beispielsweise in Bezug auf eine bestimmte Krankheit oder einen speziellen Bereich – untersucht, wie sich die Patientenversorgung durch sektorübergreifende und telemedizinische Projekte verbessern lässt. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Digitalen Fortschrittshub MiHUBx (Medical Informatics Hub in Saxony) läuft nun der Aufbau einer unterstützenden Infrastruktur, die zukünftig die Akteure des Gesundheitswesens besser vernetzen will.

Kommunikation ist der Schlüssel

Prof. Dr. Martin Sedlmayr

Prof. Dr. Martin Sedlmayr ist Direktor des Zentrums für Medizinische Informatik der Hochschulmedizin Dresden. Er koordiniert den FortschrittsHUB MiHUBx.

TU Dresden

„Möglichkeiten von morgen ergeben sich aus der Diskussion der Erfahrungen von heute. Wir wollen einen digitalen Raum schaffen, der wachstumsfähig ist und es allen Beteiligten ermöglicht, zielgerichtet miteinander zu kommunizieren“, fasst Verbundkoordinator Prof. Dr. Martin Sedlmayr von der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden zusammen. „Leider wird die Kommunikation – der Datenaustausch – häufig durch technische Hürden und Regularien erschwert. Unser Hub erleichtert diese Kommunikation, in dem er Daten strukturierter, kontinuierlicher und umfassender als bisher zur Verfügung stellt.“

Als ein virtuelles „Ökosystem“ bezeichnet Sedlmayr das MiHUBx-Projekt, um den nachhaltigen Ansatz des Projekts zu skizzieren: „Wir müssen das Rad nicht völlig neu erfinden, sondern Erkenntnisse zu einer flexiblen Infrastruktur zusammenführen und für alle Beteiligten datenschutzkonform nutzbar machen“. Die Beteiligten – das sind beispielsweise Patientinnen und Patienten, die von modernen und passgenauen Therapien profitieren können, Forschende, die insbesondere bei komplexen Krankheitsbildern schneller die notwendigen Daten für ihre Studien gewinnen können und Ärztinnen und Ärzte, die mithilfe neuer Erkenntnisse beispielsweise eine fundierte Entscheidungshilfe bei komplexen therapeutischen Fragestellungen angeboten bekommen.

Parallel zu dem bereits in großen Teilen erfolgreichen Aufbau eines Datenintegrationszentrums (DIZ) am Klinikum Chemnitz – dem nunmehr ersten kommunalen Maximalversorger als Mitglied in der Medizininformatik-Initiative (MII) – erarbeitet MiHUBx in weiteren Schritten digitale Werkzeuge und Dienstleistungen zu drei konkreten Anwendungsfällen:

  • Diabetische Augenerkrankungen
    Als Folge der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus kann es zu einer zunächst unmerklichen Schädigung der Netzhaut kommen, die im weiteren Verlauf zu einer Erblindung führen kann. Für Betroffene ist es daher entscheidend, dass ihr Blutzucker richtig eingestellt wird und sie in engmaschiger Kontrolle bei spezialisierten Ärztinnen und Ärzten sind. Expertinnen und Experten schätzen, dass die Anzahl der Menschen mit Diabetischer Augenerkrankung (DED) aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung in den kommenden Jahren stark zunehmen wird, während die Zahl der Fachärztinnen und Fachärzte für Augenheilkunde insbesondere im ländlichen Raum rückläufig sein wird. Das Projekt MiHUBx hat es sich zum Ziel gesetzt, wichtige augenheilkundliche und diabetologische Datensätze für eine praktische Nutzung zu kombinieren und außerdem neue Daten für zukünftige Studien zu gewinnen. „Wir arbeiten unter anderem daran, den Augenärzten ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Entscheidungsunterstützungssystem zur Verfügung zu stellen, das unabhängig vom Praxissystem auf einem separaten Rechner zugänglich sein wird“, sagt Sedlmayr.
  • Gesundheitsmonitoring
    Um die gesundheitlichen Auswirkungen von Krisen wie Infektions- oder Hitzewellen bestmöglich in den Griff zu bekommen, müssen die Ressourcen der Gesundheitsversorgung effizient eingesetzt werden. Digital gestützte Vorhersagemodelle können dabei helfen, medizinische Kapazitäten in Notaufnahmen und Kliniken vorausschauend zu planen und an das aktuelle Krankheitsgeschehen anzupassen. Die Akteure des Vorhabens MiHUBx erforschen deshalb die Möglichkeiten, mit denen Versorger bei regionalen und pandemischen Ereignissen schnell und angemessen auf eine hohe Ressourcenauslastung reagieren können. Automatisierte und aktuelle Bewertungen des Erkrankungsgeschehens sollen künftig helfen, unterschiedliche Auslastungen der Versorger auszugleichen und der Überlastung einzelner Institutionen rechtzeitig vorzubeugen. Von besonderer Relevanz ist dabei die Analyse von Daten zur Bettenauslastung und zu Behandlungskapazitäten mit besonderem Augenmerk auf die Intensivmedizin. Die Vernetzung der MiHUBx-Akteure wird für ein solches Gesundheitsmonitoring die erforderliche Datengrundlage deutlich verbessern. Ziel ist es, eine bestmögliche Versorgung sicherzustellen und das medizinische Personal im Arbeitsalltag zu entlasten – auch in Krisenzeiten.
  • Personalisierte Krebsmedizin
    Neue Möglichkeiten der digitalen Vernetzung und des Datenaustauschs sollen künftig in der Personalisierten Krebsmedizin einen verstärkten Austausch zwischen verschiedenen Akteuren ermöglichen: So könnten sich etwa niedergelassene Fachärztinnen und -ärzte direkt in die Molekularen Tumorboards des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) einwählen und mit Spezialisten die aktuellsten Studienergebnisse und mögliche Behandlungsansätze diskutieren. Über eine App oder andere Anwendungen sollen Patientinnen und Patienten stärker in den Behandlungsverlauf eingebunden und durch Informations- und Teilhabeinstrumente darin bestärkt werden, sich als kompetente Partner der behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu verstehen.
    Dies ist eng verzahnt mit einem weiteren wichtigen Schwerpunkt in der personalisierten Krebsmedizin, der in diesem Projekt adressiert wird: der Unterstützung der Durchführung und Bewertung umfassender Biomarkeranalysen. Biomarker sind charakteristische biologische Merkmale, mit deren Hilfe sich Krebserkrankungen genauer klassifizieren und Therapieempfehlungen noch passgenauer auf den einzelnen Patienten zuschneiden lassen.

Partner im Digitalen FortschrittsHub MiHUBx

Koordination

  • Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technischen Universität Dresden


Beteiligtes Konsortium der Medizininformatik-Initiative

  • MIRACUM

Partner

  • Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden:
    Zentrum für Medizinische Informatik (ZMI) / Institut für Medizinische Informatik und Biometrie
    Medizinische Klinik III
    Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
    Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
    Unabhängige Treuhandstelle am Bereich Medizin der TU Dresden

  • Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität Dresden:
    Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Systementwicklung

  • Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

  • Technische Universität Chemnitz:
    Fakultät für Informatik

  • Hochschule Mittweida
    Fakultät Angewandte Computer und Biowissenschaften

  • Klinikum Chemnitz gGmbH - Krankenhaus der Maximalversorgung
    Klinik für Augenheilkunde
    Abteilung Informatik

  • Sächsisches Makulazentrum, ein Verbund sächsischer Augenkliniken

Darüber hinaus wird MiHUBx regionale Kliniken einbinden und mit weiteren hier nicht aufgeführten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zusammenarbeiten.

MiHUBx ist einer der sechs 2021 gestarteten Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit. Für diese Leitinitiative seiner Digitalstrategie stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2025 rund 50 Millionen Euro bereit. Aufgabe der FortschrittsHubs ist es, die Pionierarbeiten der Medizininformatik-Initiative zur Digitalisierung in der Medizin aus den Unikliniken – zunächst in Pilotprojekten – in alle Bereiche des Gesundheitssystems einfließen zu lassen: von der ambulanten Versorgung in der Hausarztpraxis über den stationären Aufenthalt im örtlichen Krankenhaus bis zur Versorgung in Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen.

Medizininformatik-Initiative

Digitale FortschrittsHubs Gesundheit