Zur Verbesserung der örtlichen Gesundheitssysteme und im Kampf gegen Krankheiten wie Malaria brauchen die Ärmsten der Welt die Solidarität der Industrienationen. Die Bundesregierung engagiert sich grenzüberschreitend – auf europäischer und globaler Ebene.
Um die Versorgung zu verbessern, werden die Gesundheitssysteme vor Ort gestärkt.
Alexandra Longuet
Nur zum Teil ist die besondere Problemlage der Menschen in Entwicklungsländern auf fehlende oder nur begrenzt wirksame Arzneimittel und Impfstoffe zurückzuführen. Beispielsweise ist Malaria nicht wegen fehlender Arzneimittel eine der weltweit bedrohlichsten Infektionskrankheiten, sondern weil schnelle und sichere Diagnosemöglichkeiten vor Ort fehlen, die Behandlung falsch oder zu spät erfolgt und sich Patientinnen und Patienten die Behandlung oft nicht leisten können. Auch die in Europa bereits erfolgreich bekämpfte Tollwut fordert jährlich noch etwa 60.000 Tote weltweit, insbesondere in unterversorgten Regionen in Afrika und Asien.
Eine gezielte Krankheitsbekämpfung in Entwicklungsländern kann nur durch systematische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Maßnahmen unter realen Bedingungen erfolgreich sein. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten „Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika“ und die europäisch-afrikanische Forschungsförderinitiative „European and Developing Countries Clinical Trials Partnership“ (EDCTP) setzen hier an. Sie stärken nicht nur die Forschungssysteme der afrikanischen Partnerländer, sondern sie haben zusätzlich positive Effekte auf die Gesundheitsversorgung und die Ausbildung von Forscherinnen und Forschern sowie Gesundheitspersonal vor Ort.
Nationale Forschungslandschaft stärken und vernetzen
Das BMBF stärkt die nationale Forschungsszene auf dem Gebiet der vernachlässigten und armutsassoziierten Erkrankungen in Deutschland und vernetzt die Akteure. Dabei setzt es neben der Projektförderung auch auf die Finanzierung von Forschungseinrichtungen. Beispielsweise hat das BMBF 2019 die Förderung der „German Alliance for Global Health Research (GLOHRA)“ initiiert, um die interdisziplinäre Forschung und Entwicklung zur Globalen Gesundheit in Deutschland nachhaltig zu stärken. Zweck der Fördermaßnahme ist der nachhaltige Aufbau eines wissenschaftsgetriebenen Forums für die deutsche Forschungsszene im Bereich der Globalen Gesundheit sowie die verbesserte standort- und disziplinübergreifende Vernetzung und Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Globalen Gesundheit. Letztlich soll die Vernetzungsplattform die deutsche Wissenschaft darin unterstützen, zukünftig noch effizienter und nachhaltiger zur Lösung von Fragen zur Globalen Gesundheit beizutragen.
Mit der Projektförderung initiiert das Bundesforschungsministerium darüber hinaus neue Maßnahmen in Bereichen mit hohem Forschungsbedarf. Sie sollen die nationale Forschungslandschaft zu Infektionskrankheiten und den vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten ausbauen. Dazu zählt die Förderung talentierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Seit 2020 werden „Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung“ gefördert mit dem Ziel, die wissenschaftliche Basis in Deutschland zu stärken.
RHISSA - Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika
Die Gesundheitssituation der Menschen im südlichen Afrika verbessern – zu diesem Ziel trägt der Ausbau von Forschungskapazitäten vor Ort bei, der durch eine enge afrikanisch-deutsche Zusammenarbeit in der Gesundheitsforschung erreicht werden soll. Eine zentrale Maßnahme dieser Kooperation sind die „Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika“, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 100 Millionen Euro fördert.
Im Fokus der afrikanischen Forschenden und ihrer deutschen Partner stehen Krankheiten, die in Subsahara-Afrika eine hohe Krankheitslast verursachen, wie z. B. Tuberkulose, Sepsis und vernachlässigte Tropenkrankheiten, aber auch nichtinfektiöse Krankheiten wie Krebs. Mit ihrer Arbeit tragen sie dazu bei, Erkrankungen besser zu verstehen und ihre Diagnose und Therapie zu optimieren. Darüber hinaus werden Maßnahmen zur Verbesserung der Jugendgesundheit in den Blick genommen. Durch den Ausbau von Labor- und Klinik-Kapazitäten in den Partnerländern eröffnen sich Forschenden sowie Ärztinnen und Ärzten zudem attraktive Karriereoptionen.
Seit ihrer Initiierung 2016 haben fünf afrikanisch-deutsche Netzwerke unter afrikanischer Koordination und deutscher Co-Koordination bereits bedeutende Ergebnisse erzielt. Deshalb bringt das BMBF eine weitere Förderphase auf den Weg. Ab 2023 startet unter dem Akronym RHISSA („Research Networks for Health Innovations in Sub-Saharan Africa“) eine zweite fünfjährige Förderphase, um die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Ländern Subsahara-Afrikas weiter zu stärken. Neben exzellenter Forschung sind der Auf- und Ausbau von Forschungskapazitäten sowie eine bessere Nord-/Süd- und Süd-/Süd-Vernetzung wesentliche Aufgaben der geförderten Netzwerke. Ein Schlüssel für die Implementierung erzielter Innovationen, den Erfolg und die Nachhaltigkeit der Maßnahme ist die enge Zusammenarbeit der Forschungsnetzwerke mit den Regierungen ihrer Partnerländer sowie mit lokalen Universitäten und Gesundheitseinrichtungen.
In der bis zum Jahr 2028 laufenden Förderphase unterstützt das BMBF sechs Netzwerke, an denen 38 Forschungspartner aus 14 Ländern Subsahara-Afrikas und 12 Forschungspartner aus Deutschland beteiligt sind.
Europa und Subsahara-Afrika: Gemeinsam fördern und forschen
Zusammen mit Ländern aus Subsahara-Afrika hat eine Gruppe europäischer Staaten eine Förderinitiative entwickelt. Im Zentrum dieser gemeinsamen, vom BMBF unterstützten Förderinitiative steht die Finanzierung von klinischen Studien zu Impfstoffen, Medikamenten und Diagnostika für den Kampf gegen Malaria, AIDS, Tuberkulose und weiteren armutsbegünstigten Krankheiten.
Ein zweiter Schwerpunkt der Initiative mit dem Namen „European & Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP)“ ist der Aufbau von Forschungskapazitäten in Afrika. Dies unterstützt die EDCTP beispielsweise durch ein vielfältiges Stipendienprogramm.
Unter dem Dach der ESTHER-Allianz, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert wird, unterstützt das BMBF fünf kleine Forschungsprojekte zu Antibiotikaresistenzen in Subsahara-Afrika. Die Projekte unterstützen vor allem die Sicherheit und die Versorgung der Patienten.
Forschung fördern: ESTHER Klinikpartnerschaften Afrika
ESTHER Alliance – University and Hospital Partnerships in Africa
PDPs: Gemeinsam für neue Medikamente und Therapien
Ein wichtiger Baustein der BMBF-Förderstrategie für die globale Gesundheit ist die Unterstützung von Produktentwicklungspartnerschaften („Product Development Partnerships“, PDPs). Partner aus akademischen Instituten, öffentlichen Forschungseinrichtungen, Nichtregierungsorganisationen und forschenden Pharma-Unternehmen arbeiten dabei zusammen. Kosten und Risiken werden so auf viele Schultern verteilt. Deshalb können Produkte neu entwickelt und zu Preisen angeboten werden, die auch für die Menschen in ärmeren Ländern erschwinglich sind. Im Fokus stehen zwei Krankheitsgruppen:
Drugs for Neglected Disease initiative (DNDi)
Diese Produktentwicklungspartnerschaft hat das Ziel, sichere, wirksame und erschwingliche Therapien für vernachlässigte Krankheiten bereitzustellen. Zudem unterstützt es den Aufbau von Kapazitäten für die klinische Forschung zu endemischen Krankheiten in den betroffenen Ländern.
Foundation for Innovative New Diagnostics (FIND)
FIND bekämpft durch innovative Diagnostiklösungen armutsassoziierte Krankheiten und vernachlässigte Tropenkrankheiten.
International Partnership for Microbicides (IPM)
IPM entwickelt neue HIV-Präventionsmethoden, die insbesondere Frauen in Entwicklungsländern selbstbestimmt anwenden können.
Medicines for Malaria Venture (MMV)
MMV setzt sich für die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung neuer und erschwinglicher Medikamente zur Behandlung von Malaria ein.
Malaria Vaccine Initiative (PATH MVI)
PATH fördert die Entwicklung von Impfstoffen, Medikamenten, Diagnostik und medizinischen Geräten sowie Innovationen zur Verbesserung von Gesundheitssystemen. In der Impfstoffforschung gründete PATH die Malaria Vaccine Initiative (MVI).
Global Alliance for TB Drug Development (TB Alliance)
TB Alliance widmet sich der Erforschung und Entwicklung besserer, schneller wirksamer und erschwinglicher Medikamente gegen Tuberkulose (TB).
Faktenblatt mit weiteren Informationen zu den genannten Produktentwicklungspartnerschaften
Gesundheitsforschung_PDP
Product Development Partnerships (PDPs)