15.02.2022

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Hilfe gegen Herpesviren

Herpesviren nutzen das menschliche Protein „DUX4“, um sich zu vermehren. Nachwuchsforschende in Freiburg suchen nach Wegen, dieses Protein auszuschalten und damit die Virusvermehrung zu verhindern.

Junge Frau leidet an Herpes an der Lippe

Der bekannteste Vertreter der Herpesfamilie ist das Herpes-simplex-Virus. Es verursacht die brennenden und juckenden Bläschen, die zumeist auftreten, wenn das Immunsystem geschwächt ist.

Goffkein/Adobe Stock

Wie alle Viren nutzen auch Herpesviren Stoffwechselprozesse ihrer Wirtszellen, um sich zu vermehren. „Der Mensch benötigt das Protein DUX4 nur zu einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Embryonalentwicklung. Danach wird das entsprechende Gen ausgeschaltet und DUX4 nicht mehr gebildet. Herpesviren machen diesen Prozess jedoch rückgängig, da sie dieses Protein für ihre eigene Vermehrung benötigen“, erläutert Dr. Florian Full, Virologe am Universitätsklinikum Freiburg und Leiter des Forschungsprojektes „Duxdrugs“.

DUX4 wird bereits nach dem 8-Zell-Stadium der Embryonalentwicklung für den menschlichen Stoffwechsel nicht mehr benötigt, dass macht es für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders interessant: Könnten sie das Protein stilllegen, bliebe das aller Voraussicht nach ohne Nebenwirkungen für die Behandelten, da es keine weiteren Funktionen mehr ausübt. Ein weiterer Vorteil des gewählten Ansatzes ist es, dass sich ein hierfür entwickelter Wirkstoff nicht gegen das Virus selbst, sondern gegen einen Bestandteil der Wirtszelle richtet. Dadurch kann verhindert werden, dass das Virus Resistenzen gegenüber Medikamenten ausbildet.

Herpesviren

Der bekannteste Vertreter der Herpesviren ist das Herpes-simplex-Virus, der Auslöser der schmerzhaften Lippenbläschen. Zu der Familie der Herpesviren gehören aber auch deutlich gefährlichere Vertreter, wie das Epstein-Barr-Virus, das unter anderem Pfeiffersches Drüsenfieber verursachen kann.

Die meisten Menschen infizieren sich bereits im Kindesalter mit Herpesviren, die dann zeitlebens im Körper verbleiben. Bei gesunden Menschen hält das Immunsystem die Viren in Schach, sodass sie keine oder nur milde Symptome hervorrufen. Ist das Immunsystem jedoch geschwächt, kann es zu einer Reaktivierung der Viren mit zum Teil sehr schweren Krankheitsverläufen kommen.

Es gibt bislang nur wenige Medikamente gegen Herpesviren, die zudem oft nur gegen einzelne Vertreter wirksam sind. Darüber hinaus besteht die große Gefahr, dass sich die Viren verändern und die Medikamente dadurch ihre Wirkung verlieren. Die Entstehung dieser Resistenzen wird dadurch noch begünstigt, dass immungeschwächte Menschen die Medikamente oft über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen.

Auf der Suche nach geeigneten Wirkstoffkandidaten

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei „Duxdrugs“ suchen nach einem kleinen Molekül, das sich an DUX4 bindet und es so funktionsunfähig macht. Da die Kristallstruktur des Proteins bekannt ist, können sie computergestützt zahlreiche Moleküle aus Molekül-Bibliotheken testen. Erfolgversprechende Kandidaten sollen anschließend im Labor synthetisiert und mit der zur Verfügung stehenden Methodik umfangreich analysiert werden, um sie gegebenenfalls auch weiterzuentwickeln.

Finden sich entsprechend geeignete Wirkstoffe, könnten davon zukünftig nicht nur Menschen profitieren, die unter Herpesinfektionen leiden. Bei einigen Menschen führen auch Fehlfunktionen in den Stoffwechselprozessen dazu, dass DUX4 wieder gebildet wird, was bestimmte Krebserkrankungen oder eine besondere Form der Muskeldystrophie zur Folge haben kann. Auch diesen Patientinnen und Patienten könnten solche Wirkstoffe helfen.

„In weiteren Teilprojekten erforschen wir die molekularen Hintergründe rund um die Aktivierung von DUX4. Warum aktivieren Herpesviren genau dieses Protein? Welche Rolle spielt es bei der vom Virus verursachten Tumorentstehung? Und welche weiteren Gene aktiviert DUX4? Die Antworten auf diese Fragen werden es uns hoffentlich zukünftig ermöglichen, weitere Therapien gegen das Virus zu entwickeln,“ ergänzt Full.

Über die Richtlinie zur Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt „Duxdrugs“ mit rund 2,3 Millionen Euro. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, den Karriereweg qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung und ihre Berufung in die Hochschullehre gezielt zu fördern.