23.12.2021

| Aktuelle Meldung

Neuer Ansatz: Viren über ein gestärktes Immunsystem bekämpfen

Das angeborene Immunsystem schützt uns vor Infektionen. Ein vom BMBF gefördertes Team von Nachwuchsforschenden in Ulm will die zugrunde liegenden Mechanismen genauer erforschen, um sie mit Wirkstoffen anzuregen und so die Abwehrkraft zusätzlich zu stärken.

Mutter putzt Kind am Frühstückstisch die Nase

Manche Krankheitserreger können die vielfältigen Abwehrmechanismen des Immunsystems überwinden. Eine Gruppe von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern will jetzt untersuchen, wie die angeborene Immunabwehr gestärkt werden kann.

DLR Projektträger/BMBF

Das menschliche Immunsystem ist außerordentlich anpassungsfähig und verfügt über vielfältige wirksame Verteidigungsmechanismen, um Infektionserreger wie Viren, Pilze und Bakterien zu bekämpfen. Die meisten von ihnen werden vom Immunsystem entweder kontrolliert oder eliminiert – jeden Tag und unmerklich. Allerdings können manche Krankheitserreger diese Abwehrmechanis­men auch überwinden oder sogar dauerhaft lahmlegen. Zudem entwickeln die Erreger Resistenzen gegen Medikamente, die zu ihrer Bekämpfung eingesetzt werden.

Neue Wirkstoffe zu finden, ist eine mögliche Lösung des Problems. Ein anderer vielversprechender Ansatz liegt darin, das Immunsystem zu stärken und dabei gezielt den sehr effektiv arbeitenden angeborenen Anteil ins Auge zu fassen. Diesen Weg geht die Arbeitsgruppe um den Nachwuchs­wissenschaftler Dr. Konstantin Sparrer vom Universitätsklinikum Ulm. Ihr Forschungsprojekt „IMMUNOMOD“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit fast 1,8 Millionen Euro gefördert.

Das angeborene Immunsystem

Die Immunabwehr verfügt über zwei Systeme – ein erworbenes und ein angeborenes. Das erworbene Abwehrsystem bildet gezielt Antikörper gegen Krankheits­erreger und kann flexibel auf neue oder veränderte Erreger reagieren, braucht dafür allerdings Zeit. Das angeborene Immunsystem dagegen begegnet Eindringlingen aller Art unspezifisch, dafür aber innerhalb weniger Minuten und sehr effektiv. Die unterschiedlichen Fress- und Killerzellen dieses Systems zirkulieren permanent in den Blutgefäßen und können auch in Gewebe einwandern. Sie können Schadstoffe und Krankheitserreger selbst vernichten oder andere Abwehrzellen an den Ort des Geschehens locken. Zudem sind alle Zellen des Körpers mit einem Basissatz an angeborenen Abwehrmechanismen ausgerüstet. Oft reicht daher das angeborene Immunsystem, um Infektionen abzuwehren.

Abwehrmechanismen erkennen und unterstützen

„Wir wollen eine auf einander abgestimmte Aktivierung des angeborenen Immunsystems erreichen. Dafür brauchen wir den Sachverstand aus drei unterschiedlichen Disziplinen: der Biologie, der Chemie und der Informatik“, erklärt Projektleiter Dr. Konstantin Sparrer. Zum einen will sein Team deshalb die Abwehrmechanismen des angeborenen Immunsystems näher erforschen. Dazu schauen sie sich solche Proteine genauer an, die eine möglichst vielfältige Immunantwort auslösen, erforschen ihre Funktionsweisen und entnehmen daraus ihr Potenzial, Viren zu bekämpfen.

Eine zweite Gruppe im Team sucht nach Wirkstoffen, die das Immunsystem stärken. Dazu werden bereits bekannte Pflanzenwirkstoffe und menschliche Eiweißbausteinen näher untersucht, die das Immunsystem positiv beeinflussen. Anschließend kann ihre Struktur optimiert und ihre antivirale Wirkung bestimmt werden. Zudem sollen Methoden etabliert werden, um die Aktivierung der angeborenen Immunabwehr zuverlässig zu messen.

Drittens wollen die Forschenden die Schwachpunkte von Viren gegenüber der körpereigenen Immunabwehr mittels maschinellem Lernen vorhersagen und daraus die jeweils passende Strategie zur Prävention oder Therapie ableiten. Die Vorhersage sowie vorhandene Literatur- und Patientendaten können so als Basis für eine spezifisch auf den Patienten zugeschnittene Therapie dienen.

Das Projektteam „IMMUNOMOD“ erhofft sich nicht nur, neue Präventions- und Behandlungswege gegen medikamentenresistente Viren und Bakterien zu finden. Projektleiter Sparrer ist zudem überzeugt: „Die Erkenntnisse über das angeborene Immunsystem und wie man dieses modulieren kann, werden auch für die Therapie von Krebs- und Autoimmunerkrankungen wichtig sein.“

Über die Richtlinie zur Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das Bundesministerium für Bildung Forschung (BMBF) das Projekt „IMMUNOMOD“ von 2020 - 2025 mit fast 1,8 Millionen Euro. Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, die Karriere qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der klinischen und anwendungsorientierten Infektionsforschung gezielt zu fördern und die wissenschaftliche Basis in der Infektionsforschung in Deutschland zu stärken.