Ziel der Fördermaßnahme "Computational Life Sciences" ist es, durch die Entwicklung innovativer Methoden und Softwarewerkzeuge zur bioinformatischen Verarbeitung, Modellierung und Simulation auf aktuelle Bedarfe in den Lebenswissenschaften einzugehen. Dadurch sollen der lebenswissenschaftlichen Forschung in Deutschland effiziente und zuverlässige Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, um die durch neueste experimentelle Methoden oder die Zusammenführung verschiedener Modalitäten gewonnenen Daten geeignet zu modellieren und zu analysieren.
Im thematischen Fokus der vierten Förderrunde stehen KI-Methoden für die Infektionsforschung. Ziel ist es, prädiktive systemmedizinische Modelle der molekularen Interaktionsnetzwerke zwischen Erregern und Wirtskörpern während der Infektion oder der Therapie zu entwickeln. Auf Basis fortschrittlicher Methoden aus dem maschinellen Lernen, der Bioinformatik, der Statistik und der Computational Biology sollen Softwarewerkzeuge und Computermodelle entwickelt bzw. verbessert und validiert werden.
Das vorliegende Verbundprojekt NetfLID beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der Analyse der molekularen Mechanismen von Langzeitfolgen nach einer Virusinfektion, die trotz zunächst erfolgreicher Behandlung fortbestehen können. Am Beispiel von Hepatitis C soll eine Plattform für Datenintegration und -analyse entwickelt werden, mit der sich die Mechanismen von Infektionskrankheiten auf verschiedenen Ebenen entschlüsseln lassen. Dabei sollen sowohl das Epigenom, Transkriptom, Immuno-Proteom und Metabolom als auch verschiedene Krankheitsstadien bis hin zur Nachsorge betrachtet werden. Im Rahmen von NetfLID ist unter anderem geplant, molekulare Signaturen zu extrahieren, welche Unterschiede zwischen verschiedenen Krankheitsstadien im Vergleich zu Kontrollkohorten hervorheben, so dass eine Subtypisierung der Krankheit ermöglicht wird.
Zudem ist vorgesehen, unter Einbeziehung bereits bekannter Datenbankinformationen patientenspezifische Multi-omics-Netzwerke zu identifizieren. Die daraus resultierenden patientenspezifischen Netzwerke bilden dann die Grundlage für die Unterscheidung zwischen verschiedenen Heilungsschicksalen (Langzeitfolgen vs. geheilt), gleichzeitig sollen sich mögliche Krankheitsmechanismen mit ihnen aufzeigen lassen. Die im Rahmen des Projekts gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden im Erfolgsfall eine netzwerkmedizinische Perspektive auf die langfristigen Auswirkungen von Hepatitis-C-Viren bieten. Da sich die methodischen KI-Ansätze auch auf andere Infektionskrankheiten wie COVID übertragen lassen, werden sie zudem wesentlich dazu beitragen, Langzeitfolgen von Infektionen wie etwa Long-COVID besser zu verstehen.