21.03.2022

| Aktuelle Meldung

Long-COVID: Hilfe für Betroffene im Gesundheitswesen

Pflegende und andere Mitarbeitende im Gesundheitswesen tragen ein hohes Risiko, selbst an COVID-19 zu erkranken. Forschende im Verbund LoCoVICF untersuchen, unter welchen Spätfolgen Betroffene leiden und welche Reha-Maßnahmen helfen können.

Medizinischer Fachangestellter mit Mund-Nasen-Schutz desinfiziert sich die Hände

Welche Unterstützung benötigen Menschen, die in Arztpraxen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens arbeiten und an Long-COVID leiden? Ein Betroffenenbeirat unterstützt Forschende im Projekt LoCoVICF bei der Suche nach Antworten.

DLR Projektträger / BMBF

Mitarbeitende in medizinisch-pflegerischen Berufen sind in Zeiten einer Pandemie systemrelevant, aber auch gefährdet, sich ebenfalls anzustecken. So verzeichnete die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) bis zum 31.12.2021 rund 132.000 Verdachtsmeldungen auf eine beruflich bedingte COVID-19-Erkrankung. Zum Vergleich: Vor 2020 erhielt die BGW nur rund 1000 Meldungen zu berufsbedingten Infektionskrankheiten pro Jahr.  Forschende des Universitätsklinika Hamburg-Eppendorf und Greifswald untersuchen nun mit Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), inwiefern die Betroffenen nach überstandener Krankheit in ihrer Lebensqualität durch Long-COVID eingeschränkt sind und welchen Versorgungs-, Nachsorge- und Rehabilitationsbedarf sie konkret haben. Dabei werden im Projekt LoCoVICF einerseits Patientinnen und Patienten mithilfe eines Fragebogens und durch Interviews befragt, andererseits aber auch die Perspektive von Ärztinnen und Ärzten in Hausarztpraxen und Rehabilitationseinrichtungen einbezogen.

„Aufgrund von aktuellen epidemiologischen Schätzungen müssen wir davon ausgehen, dass circa zehn Prozent der an COVID-19 Erkrankten unter Spätsymptomen einer Coronavirus-Infektion leiden werden“, sagt Verbundsprecher Prof. Dr. Dr. Martin Härter, Leiter des Instituts und Poliklinik für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Eppendorf. „Bislang gibt es in Deutschland keine Studie, die gezielt die Bedürfnisse von Menschen aus Gesundheits- und Pflegeberufen mit Long-COVID untersucht. Diese Lücke möchten wir schließen, denn erste Ergebnisse zeigen, dass Rehabilitationsmaßnahmen die Genesung nach einer SARS-CoV-2-Infektion beschleunigen können.“

Behandelnde und Betroffene bringen ihre Perspektive ein

Insgesamt werden drei Projekte mit drei Partnern am Universitätsklinika Hamburg-Eppendorf und Greifswald und mit Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, die Deutsche Rentenversicherung und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin durchgeführt.

Das erste Teilprojekt untersucht die offenen Fragen anhand eines Fragebogens, der an 20.000 von einer Coronavirus-Infektion betroffene Versicherte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege verschickt wird. In den Teilprojekten 2 und 3 werden Interviews mit insgesamt 100 Ärztinnen und Ärzten durchgeführt, die in Hausarztpraxen und Einrichtungen der Rehabilitationsmedizin tätig sind. Ergänzend werden außerdem 20 Patientinnen und Patienten befragt, die selbst Erfahrungen mit Rehabilitationsmaßnahmen zu COVID-Langzeitfolgen gemacht haben. Unterstützt werden die Forschenden dabei von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin und der Deutschen Rentenversicherung.

„Wir sammeln Daten direkt aus der Praxis“, fasst Projektleiter Härter zusammen. „Die so aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Methoden erhobenen Daten ermöglichen es uns, die tatsächlichen Bedürfnisse von Long-COVID-Betroffenen, die im Gesundheitswesen tätig sind, zu erfassen und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten sowie bestehende Ansätze zu verbessern.“ Das Forschungsprojekt setzt dabei von Anfang an auf die Beteiligung von Betroffenen: Ein Beirat aus fünf bis acht Personen wird die Projektleitenden in allen Phasen der Studie beraten. Wesentliches Element des Forschungsprojektes ist ein Umsetzungsworkshop zum Abschluss der Untersuchungen, der alle Beteiligten an einen Tisch bringen wird: Forschende, Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte wollen gemeinsam Empfehlungen formulieren, damit die von Long-COVID-Betroffenen aus dem Gesundheitsweisen die für sie optimale Versorgung, Nachsorge und Rehabilitation erhalten.

Informationen zum Verbundvorhaben LoCoVICF - Einschränkungen der Teilhabe und Lebensqualität sowie Versorgungsbedarfe von Betroffenen im Gesundheitswesen mit Spätsymptomen nach einer SARS-CoV-2-Infektion

Förderschwerpunkt: Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID-19 (Long-COVID)

Fördersumme: 570.000 Euro

Förderzeitraum: 01.03.2022 – 29.02.2024

Verbundleitung:
Prof. Dr. Dr. Martin Härter
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Zentrum für Psychosoziale Medizin
Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie
Martinistr. 52
20251 Hamburg
+49 (0) 40 7410 – 52978
m.haerter@uke.de

Verbundpartner:
Prof. Dr. Martin Scherer, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin

Prof. Dr. Corinna Bergelt, Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Medizinische Psychologie

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Erforschung der Spätsymptome von COVID-19 (Long-COVID) im Rahmen einer im Mai 2021 veröffentlichten Förderbekanntmachung. Der Förderaufruf richtete sich an interdisziplinäre Forschungsverbünde; insgesamt sind hierfür bis zum Jahr 2024 bis zu 6,5 Millionen Euro vorgesehen. Die Maßnahme zielt darauf ab, den verfügbaren wissenschaftlichen Kenntnisstand möglichst zeitnah zu erschließen, weiterzuentwickeln und für die Anwendung in der Praxis zugänglich zu machen. Der Förderschwerpunkt ergänzt die bisherigen Maßnahmen, die sich mit der Erforschung von SARS-CoV-2 / COVID-19 und der Therapie der akuten Erkrankung befassen.

Von besonderem Interesse sind die Auswertung von Patientendaten und Proben bestehender Kohorten, die Charakterisierung der Symptome, die Erforschung der Pathophysiologie sowie die (Weiter-)Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Konzepten sowie von multidisziplinären und multiprofessionellen Versorgungsangeboten.

Mehr Infos: Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID-19 (Long-COVID)