11.05.2022

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Ursachen des Post-COVID-Syndroms: Wie verändert SARS-CoV-2 die Immunantwort?

Eine Fehlfunktion des Immunsystems könnte die Ursache für ein Post-COVID Syndrom sein. Wie es dem Virus gelingt, die körpereigenen Abwehrmechanismen zu manipulieren, untersuchen die Forschenden im Projekt IDEpiCO.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsprojektes IDEpiCO entschlüsseln die zugrundeliegenden Prozesse über die SARS-CoV-2 das Immunsystem fehlleitet.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsprojektes IDEpiCO entschlüsseln die zugrundeliegenden Prozesse über die SARS-CoV-2 das Immunsystem fehlleitet.

DLR Projektträger / BMBF

Atembeschwerden, Erschöpfung oder ein Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns: Die Spätfolgen einer Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) können sehr unterschiedlicher Natur sein. Immer mehr deutet allerdings daraufhin, dass viele den gleichen Ursprung haben – eine durch das Virus hervorgerufene Fehlfunktion des Immunsystems. Abhängig von ihrem zeitlichen Auftreten werden diese Spätfolgen als Post-COVID-19 beziehungsweise Long-COVID bezeichnet.

Dringen Krankheitserreger in den Körper ein, reagiert zunächst das angeborene Immunsystem. Es wehrt diese über die Haut und Schleimhäute ab und reagiert schnell mit Abwehrzellen sowie speziellen Eiweißen. Reicht das nicht aus, übernimmt die erworbene Immunabwehr. Im Gegensatz zum angeborenen Immunsystem bekämpft diese nicht jeden Erreger gleich, sondern setzt hochspezialisierte Zellen und Antikörper ein, die den Erreger gezielt erkennen und vernichten. „Wissenschaftliche Beobachtungen deuten darauf hin, dass SARS-CoV-2 in die Regulation sowohl des angeborenen als auch des erworbenen Immunsystems eingreift. Als Folge arbeitet dieses fehlerhaft – und es entsteht ein Post-COVID-Syndrom“, führt Professorin Dr. Clara Lehmann aus. Die Wissenschaftlerin aus Köln leitet den Forschungsverbund IDEpiCO, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 500.000 Euro fördert.

Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen will sie die Mechanismen entschlüsseln, über die SARS-Cov-2 das Immunsystem fehlleitet. „Wir vermuten, dass das Virus die Immunabwehr umprogrammiert, sodass über einen längeren Zeitraum ein Ungleichgewicht bei der Regulierung entsteht, das die entsprechenden Symptome verursacht“, so Lehmann. Ihre Ergebnisse – so hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – könnten nicht nur dazu beisteuern, die Entstehung eines Post-COVID-Syndroms besser zu verstehen, sondern auch Angriffspunkte für mögliche Therapien aufzeigen. Zudem könnten sie zu einer früheren und exakteren Diagnose beitragen.

Spurensuche im Blut der Patientinnen und Patienten

Die Arbeiten umfassen drei Teilprojekte: Zunächst werden die Forschenden die zugrundeliegenden immunologischen Prozesse untersuchen, indem sie bestimmte Faktoren im Blut von Post-COVID-Patientinnen und -Patienten mithilfe molekularbiologischer Methoden aufspüren und analysieren. Zudem untersuchen sie, wie SARS-CoV-2 diese Faktoren verändert und ihre Funktion über einen langen Zeitraum hinweg fehlsteuert. Das Darmgewebe steht im Fokus eines weiteren Teilprojektes, da dieses ein potenzielles Reservoir des Virus darstellt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren, inwiefern und mit welchen Folgen sich das anhaltende Vorhandensein des Virus im Darmgewebe auf das Immunsystem auswirkt. „Unsere Erkenntnisse werden wir an die entsprechenden wissenschaftlichen Netzwerke weitergeben, damit auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits früh von ihnen profitieren können“, ergänzt Lehmann.

Informationen zum Verbundvorhaben IDEpiCo –  ImmunDysregulation und Epigenetisches Gedächtnis bei Post-COVID Syndromen

Förderschwerpunkt:
Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID-19 (Long-COVID)

Fördersumme: 500.000 Euro

Förderzeitraum: 2022–2024

Projektkoordination:
Prof. Dr. Clara Lehmann
Universität zu Köln
Medizinische Fakultät
Universitätsklinikum
Klinik I für Innere Medizin
Kerpener Str. 62
50937 Köln
+49 221 478-85523
clara.lehmann@uk-koeln.de

Verbundpartner:
Dr. Peter Tessarz
Max Planck-Institut für die Biologie des Alterns

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Erforschung der Spätsymptome von COVID-19 (Long-COVID) im Rahmen einer im Mai 2021 veröffentlichten Förderbekanntmachung. Der Förderaufruf richtete sich an interdisziplinäre Forschungsverbünde; insgesamt sind hierfür bis zum Jahr 2024 bis zu 6,5 Millionen Euro vorgesehen. Die Maßnahme zielt darauf ab, den verfügbaren wissenschaftlichen Kenntnisstand möglichst zeitnah zu erschließen, weiterzuentwickeln und für die Anwendung in der Praxis zugänglich zu machen. Der Förderschwerpunkt ergänzt die bisherigen Maßnahmen, die sich mit der Erforschung von SARS-CoV-2 / COVID-19 und der Therapie der akuten Erkrankung befassen.

Von besonderem Interesse sind die Auswertung von Patientendaten und Proben bestehender Kohorten, die Charakterisierung der Symptome, die Erforschung der Pathophysiologie sowie die (Weiter-)Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Konzepten sowie von multidisziplinären und multiprofessionellen Versorgungsangeboten.

Mehr Infos: Förderung von Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID-19 (Long-COVID)