Verbund

Chromatin-Net - Netzwerk für kognitive Störungen durch veränderte Chromatindynamik

Die menschliche DNA liegt unterschiedlich dicht gepackt im Zellkern vor. Sollen an einer Stelle bestimmte Gene abgelesen werden, muss die DNA dort in einer gut zugänglichen, lockeren Struktur vorliegen. Das Zellkernbestandteil Chromatin bestimmt maßgeblich diese Struktur. Fehler in der Chromatinstruktur können daher zu seltenen Erkrankungen führen. Typisch sind Fehlbildungen und geistige Behinderungen unterschiedlichen Grades. Trotz ihrer ähnlichen Symptome sind die zugrunde liegenden Mechanismen nur wenig bekannt. Ein besseres Verständnis der molekularen Grundlagen ist notwendig, um Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Der Verbund Chromatin-Net erforscht verschiedene seltene Erkrankungen, die alle auf einer veränderten Chromatinstruktur beruhen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kombinieren eine Reihe unterschiedlicher Methoden, um die Krankheiten auf klinischer und molekularer Ebene zu charakterisieren. Die Analyse der klinischen Daten der Patientinnen und Patienten soll mithilfe systematischer Kriterien erfolgen. Computer-basierte Systeme gruppieren hierbei anhand ähnlicher Symptome. Parallel durchgeführte Genomsequenzierungen liefern umfassende genetische Informationen. Zudem dienen isolierte Zellen von Patientinnen und Patienten der genauen Analyse der Krankheitsmechanismen. Damit können Grundlagen für zukünftige therapeutische Ansätze und eine verbesserte Beratung der Betroffenen geschaffen werden.

Koordinator:
Prof. Dr. med. André Reis
Humangenetisches Institut
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Schwabachanlage 10
91054 Erlangen
Tel: 09131-85 22318
Fax: 09131-85 23232
E-Mail: andre.reis@uk-erlangen.de

Teilprojekte

Abgeschlossen

Projektkoordination, Untersuchung der molekularen Mechanismen kognitiver Erkrankungen mit Mutationen im SWI/SNF-Komplex, Etablierung von humanen krankheitsspezifischen kortikalen Neuronen

Förderkennzeichen: 01GM1520A
Gesamte Fördersumme: 689 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Prof. Dr. André Reis
Adresse: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universitätsklinikum, Humangenetisches Institut
Schwabachanlage 10
91054 Erlangen

Projektkoordination, Untersuchung der molekularen Mechanismen kognitiver Erkrankungen mit Mutationen im SWI/SNF-Komplex, Etablierung von humanen krankheitsspezifischen kortikalen Neuronen

Am Standort Erlangen sind drei Teilprojekte (TP1, 2 und 7) des Chromatin-Net-Verbundes angesiedelt. In TP1 werden die komplementären und kooperativen Aspekte der einzelnen Arbeitspakete und die Meilensteine des Gesamtverbunds koordiniert. Weitere Schwerpunkte sind die Öffentlichkeitsarbeit und die Wissensverbreitung für den Gesamtverbund. In TP2 sollen die Phänotypen der seltenen Erkrankungen durch veränderte Chromatindynamik mittels einer zentralen Datenbank harmonisiert und genetisch analysiert werden. Insbesondere soll herausgefunden werden, ob Mutationen im "switch/sucrose nonfermenting" (SWI/SNF)-Komplex mit Veränderungen auf DNA-, Chromatin-, und Transkriptionsebene zusammenhängen. Die gewonnenen Transkriptionsprofile werden mit den Ergebnissen aus den TP4, 6 und 7 verglichen. Schwerpunkt des TP7 ist die Generierung von kortikalen Neuronen aus Patienten mit geistiger Behinderung zur spezifischen Analyse der Signalwege. Zunächst werden dabei Biomaterialien von Patienten und altersentsprechende Kontrollen gewonnen. Anschließend kann entweder eine direkte Transdifferenzierung in Neurone erfolgen oder über einen Zwischenschritt der humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPSC). Die so gewonnenen Proben werden den anderen Teilprojekten des Verbundes für die weitere Untersuchung von Krankheitsmechanismen zur Verfügung gestellt.

Abgeschlossen

TP3: Intelligenzminderung und syndromale Krankheitsbilder mit Mutationen im SWI/SNF-Komplex

Förderkennzeichen: 01GM1520E
Gesamte Fördersumme: 247.272 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Prof. Dr. Dagmar Wieczorek
Adresse: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät, Institut für Humangenetik und Anthropologie
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf

TP3: Intelligenzminderung und syndromale Krankheitsbilder mit Mutationen im SWI/SNF-Komplex

Das Coffin-Siris-Syndrom, das Nicolaides-Baraitser-Syndrom und unspezifische geistige Behinderung werden durch Mutationen in Genen verursacht, die für Komponenten des SWI/SNF-Komplexes kodieren. Die Anzahl der beschriebenen Patienten ist begrenzt und die Genotyp-Phänotyp-Korrelation daher vorläufig. Das TP3 wird zusätzliche Patienten rekrutieren, den Phänotyp harmonisieren und ein Punktesystem entwickeln, um die Patienten objektiv in unterschiedliche Schweregrade zu kategorisieren. Dabei werden computerbasierte Analysen von fazialen Merkmalen entwickelt und angewendet. Eine gezielte Sequenzanalyse wird für die Gene durchgeführt, in denen Mutationen zum Coffin-Siris- und Nicolaides-Baraitser-Syndrom führen. Getestet werden soll, ob die extreme phänotypische Variation der Mutationsträger durch Mosaike in verschiedenen Geweben erklärt werden kann. Ganzgenom-Sequenzierungen werden zur Entdeckung neuer Gene für diese Phänotypen durchgeführt. Funktionelle Analysen werden sich anschließend in Abhängigkeit von den neu identifizierten Genen und ihren Produkten ergeben. Weiterhin soll der Zusammenhang zwischen dem elterlichen Ursprung der Mutation und dem Phänotyp untersucht werden.

Abgeschlossen

TP4: Die Nukleosomenlandschaft von Patienten mit Coffin-Siris und Nicolaides-Baraitser Syndrom und Mutationen im SWI/SNF-Komplex

Förderkennzeichen: 01GM1520B
Gesamte Fördersumme: 271.800 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Dr. Nuria Brämswig
Adresse: Universität Duisburg-Essen, Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen

TP4: Die Nukleosomenlandschaft von Patienten mit Coffin-Siris und Nicolaides-Baraitser Syndrom und Mutationen im SWI/SNF-Komplex

Das Teilprojekt 4 dient der Charakterisierung der epigenetischen Landschaft von Patienten mit Coffin-Siris Syndrom und Patienten mit Nicolaides-Baraitser Syndrom. Obwohl bereits gezeigt werden konnte, dass beide Krankheiten von Mutationen im "switch/sucrose nonfermenting" (SWI/SNF)-Komplex verursacht werden, sind die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen noch nicht bekannt. In diesem Teilprojekt werden die epigenetischen Profile von Kontrollpersonen, Patienten mit Coffin-Siris Syndrom und Patienten mit Nicolaides-Baraitser Syndrom analysiert und dann miteinander verglichen, um krankheitsrelevante Veränderungen auf Nukleosomebene zu identifizieren. Die Erhebung der genomweiten Nukleosom- und DNA-Methylierungsprofile erfolgt mittels "Nucleosome Occupancy and Methylation" (NOMe)-Sequenzierung. In einem nächsten Schritt werden ausgewählte Regionen mit Nukleosomveränderungen mittels Amplikon-Analyse validiert. Weiterhin ist eine Korrelation der hier gewonnenen epigenetischen Profile mit den Genexpressionsprofilen und den Genomsequenzierungen aus anderen Teilprojekten im Verbund vorgesehen.

Abgeschlossen

TP5: Funktionelle und phänotypische Interaktionen des Cohesin-Komplexes und SWI/SNF-assoziierter Erkrankungen

Förderkennzeichen: 01GM1520C
Gesamte Fördersumme: 225.640 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Dr. Frank Kaiser
Adresse: Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Institut für Humangenetik
Ratzeburger Allee 160
23562 Lübeck

TP5: Funktionelle und phänotypische Interaktionen des Cohesin-Komplexes und SWI/SNF-assoziierter Erkrankungen

Das Cornelia de Lange-Syndrom (CdLS) ist ein Fehlbildungssyndrom mit verschiedenen Krankheitsbildern. Alle bisher mit dem CdLS assoziierten Gene codieren für strukturelle oder funktionelle Komponenten des Cohesin-Komplexes. Ein Teil der CdLS-Patienten zeigt jedoch überlappende klinische und phänotypische Merkmale mit Patienten, bei denen Mutationen in Komponenten des "switch/sucrose nonfermenting" (SWI/SNF) Komplexes als krankheitsursächlich beschrieben werden. Beide Multi-Protein-Komplexe, Cohesin und der SWI/SNF-Komplex übernehmen wichtige Aufgaben in der Organisation der Chromatinstruktur. Die Wechselwirkungen beider Komplexe werden in diesem Teilprojekt auf molekularer, physiologischer und genetischer Ebene analysiert. Auf molekularer Ebene werden Cohesin-Komplexe inkl. assoziierter Faktoren durch verschiedene Verfahren charakterisiert. Die physiologischen Mechanismen der identifizierten Interaktionen werden in Patientenzellen erforscht. Parallel dazu erfolgen Sequenzierungsanalysen der identifizierten Interaktionspartner in größeren Kohorten von Patienten mit CdLS-überlappenden Phänotypen. Die innerhalb dieses Projektes identifizierten Kandidaten-Gene werden in größeren Kohorten sequenziert. Aufgrund des sehr hohen Anteils sogenannter Mosaikmutationen werden diese Analysen an DNA-Proben aus unterschiedlichen Geweben der Patienten durchgeführt.

Abgeschlossen

TP6: Genomsequenzierung und Sequenzanalyse

Förderkennzeichen: 01GM1520D
Gesamte Fördersumme: 293.284 EUR
Förderzeitraum: 2016 - 2019
Projektleitung: Dr. Tim-Matthias Strom
Adresse: Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Humangenetik (IHG))
Ingolstädter Landstr. 1
85764 Neuherberg

TP6: Genomsequenzierung und Sequenzanalyse

Der Fortschritt von der Exom- zur Genomsequenzierung eröffnet die Möglichkeit eines umfassenderen Verständnisses der genetischen Ursachen von Erkrankungen. Ein breites Spektrum von genetischen Varianten kann einschließlich der nicht kodierenden Bereiche des Genoms sequenziert werden. In diesem Teilprojekt wird eine Plattform für die Genomsequenzierung und Sequenzanalyse zur Verfügung gestellt. Synergieeffekte ergeben sich durch die Integration in eine etablierte Sequenzier-Einrichtung mit allen Voraussetzungen für eine standardisierte Sequenzanalyse. Dadurch stehen für die Arbeiten Kontrolldatensätze und etablierte Methoden zur Datensicherheit zur Verfügung. Zunächst ist die Sequenzierung von 100 Genomen der anderen Teilprojekte geplant. Anschließend wird eine Analyse-Pipeline für Genomsequenz-Daten, Qualitätskontrolle, Analyse von Sequenzvarianten und strukturellen Varianten und die Identifizierung von plausiblen ursächlichen Varianten eingerichtet. Regelmäßige Telefonkonferenzen mit den anderen Teilprojekten des Forschungsverbundes sind zur Interpretation und Integration von phänotypischen und genomischen Daten vorgesehen. Während der Projektlaufzeit wird die Analyse-Pipeline weiterentwickelt und an die wechselnden Erfordernisse und technischen Fortschritte angepasst. Zum Projektende werden die Daten in entsprechende internationale Datenbanken eingereicht.